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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, H. 2. Berlin, 1795.

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und dieser ist, als solcher, der erste unter den
geistlichen Senatoren. Seine Vorrechte sind
höchst wichtig. Er ist geborner Legat des
Papstes; er ist Zwischenkönig, von dem Tode
des einen Fürsten bis zur Einführung des an-
dern, und besorgt während dieser Zeit könig-
liche Obliegenheiten; wenn der König nicht
im Lande ist, und er sieht eine Gefahr für
den Staat aufsteigen, so kann er jenen so-
gleich davon benachrichtigen; er kann dem
Könige Vorstellungen thun, wenn er von der
Vorschrift des Gesetzes abweicht, und Dinge
befiehlt, die demselben widersprechen *); er ist

*) Er muß aber bei der Ausübung dieses Rechts sehr
behutsam seyn, und nicht auf bloßen Verdacht,
sondern auf Thatsachen, die vom Könige auch wirk-
lich herrühren, seine Erinnerungen gründen, und
diese vorher, entweder schriftlich oder unter vier
Augen, auch, zu noch größerer Sicherheit, nach
Zuratheziehung der Kanzler, vortragen. Des Kö-
nigs Benehmen öffentlich rügen, ihn ohne Grund
anschuldigen und die Staatsbürger dadurch gegen
ihn aufbringen, wäre Hochverrath.
Zweites Heft. C

und dieſer iſt, als ſolcher, der erſte unter den
geiſtlichen Senatoren. Seine Vorrechte ſind
hoͤchſt wichtig. Er iſt geborner Legat des
Papſtes; er iſt Zwiſchenkoͤnig, von dem Tode
des einen Fuͤrſten bis zur Einfuͤhrung des an-
dern, und beſorgt waͤhrend dieſer Zeit koͤnig-
liche Obliegenheiten; wenn der Koͤnig nicht
im Lande iſt, und er ſieht eine Gefahr fuͤr
den Staat aufſteigen, ſo kann er jenen ſo-
gleich davon benachrichtigen; er kann dem
Koͤnige Vorſtellungen thun, wenn er von der
Vorſchrift des Geſetzes abweicht, und Dinge
befiehlt, die demſelben widerſprechen *); er iſt

*) Er muß aber bei der Ausuͤbung dieſes Rechts ſehr
behutſam ſeyn, und nicht auf bloßen Verdacht,
ſondern auf Thatſachen, die vom Koͤnige auch wirk-
lich herruͤhren, ſeine Erinnerungen gruͤnden, und
dieſe vorher, entweder ſchriftlich oder unter vier
Augen, auch, zu noch groͤßerer Sicherheit, nach
Zuratheziehung der Kanzler, vortragen. Des Koͤ-
nigs Benehmen oͤffentlich ruͤgen, ihn ohne Grund
anſchuldigen und die Staatsbuͤrger dadurch gegen
ihn aufbringen, waͤre Hochverrath.
Zweites Heft. C
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[33/0043] und dieſer iſt, als ſolcher, der erſte unter den geiſtlichen Senatoren. Seine Vorrechte ſind hoͤchſt wichtig. Er iſt geborner Legat des Papſtes; er iſt Zwiſchenkoͤnig, von dem Tode des einen Fuͤrſten bis zur Einfuͤhrung des an- dern, und beſorgt waͤhrend dieſer Zeit koͤnig- liche Obliegenheiten; wenn der Koͤnig nicht im Lande iſt, und er ſieht eine Gefahr fuͤr den Staat aufſteigen, ſo kann er jenen ſo- gleich davon benachrichtigen; er kann dem Koͤnige Vorſtellungen thun, wenn er von der Vorſchrift des Geſetzes abweicht, und Dinge befiehlt, die demſelben widerſprechen *); er iſt *) Er muß aber bei der Ausuͤbung dieſes Rechts ſehr behutſam ſeyn, und nicht auf bloßen Verdacht, ſondern auf Thatſachen, die vom Koͤnige auch wirk- lich herruͤhren, ſeine Erinnerungen gruͤnden, und dieſe vorher, entweder ſchriftlich oder unter vier Augen, auch, zu noch groͤßerer Sicherheit, nach Zuratheziehung der Kanzler, vortragen. Des Koͤ- nigs Benehmen oͤffentlich ruͤgen, ihn ohne Grund anſchuldigen und die Staatsbuͤrger dadurch gegen ihn aufbringen, waͤre Hochverrath. Zweites Heft. C

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, H. 2. Berlin, 1795, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0102_1795/43>, abgerufen am 24.04.2024.