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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, H. 2. Berlin, 1795.

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Zimmer und Säle waren rund herum mit
Tischen besetzt, die unter ihrer Last hätten
brechen mögen. An Eßwaaren aller Art war
der höchste Ueberfluß. Ungarische, französische,
spanische und deutsche Weine, von denen man
anderwärts nur kostet und nippt, wurden hier
in langen Zügen getrunken. Gebrannte
Wasser wurden in ungebührlichen Gläsern ge-
geben. Limonade, Orgeade, Bavaroise stan-
den in Gefäßen da, worin man anderwärts
starken Trinkern Bier hinstellen würde. Kaffee
und Chokolate flossen unaufhörlich aus unge-
geheuren silbernen Kannen. Berge von Kon-
fekt, von Früchten, von geröstetem Brot,
wandelten auf weiten Tellern in den Sälen
unaufhörlich herum. Rotten von Schwelgern
versuchten, wie weit die Amalgamationskraft
ihrer Verdauung ginge, wie lange die Ge-
schmacksnerven ihrer Zunge Empfindung behiel-
ten; und eben so boten unersättliche Genießer
anderer Art, im Koncertsale, im Tanzsale,
unter den Augen, an der Hand, in den Ar-

Zimmer und Saͤle waren rund herum mit
Tiſchen beſetzt, die unter ihrer Laſt haͤtten
brechen moͤgen. An Eßwaaren aller Art war
der hoͤchſte Ueberfluß. Ungariſche, franzoͤſiſche,
ſpaniſche und deutſche Weine, von denen man
anderwaͤrts nur koſtet und nippt, wurden hier
in langen Zuͤgen getrunken. Gebrannte
Waſſer wurden in ungebuͤhrlichen Glaͤſern ge-
geben. Limonade, Orgeade, Bavaroiſe ſtan-
den in Gefaͤßen da, worin man anderwaͤrts
ſtarken Trinkern Bier hinſtellen wuͤrde. Kaffee
und Chokolate floſſen unaufhoͤrlich aus unge-
geheuren ſilbernen Kannen. Berge von Kon-
fekt, von Fruͤchten, von geroͤſtetem Brot,
wandelten auf weiten Tellern in den Saͤlen
unaufhoͤrlich herum. Rotten von Schwelgern
verſuchten, wie weit die Amalgamationskraft
ihrer Verdauung ginge, wie lange die Ge-
ſchmacksnerven ihrer Zunge Empfindung behiel-
ten; und eben ſo boten unerſaͤttliche Genießer
anderer Art, im Koncertſale, im Tanzſale,
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[184/0194] Zimmer und Saͤle waren rund herum mit Tiſchen beſetzt, die unter ihrer Laſt haͤtten brechen moͤgen. An Eßwaaren aller Art war der hoͤchſte Ueberfluß. Ungariſche, franzoͤſiſche, ſpaniſche und deutſche Weine, von denen man anderwaͤrts nur koſtet und nippt, wurden hier in langen Zuͤgen getrunken. Gebrannte Waſſer wurden in ungebuͤhrlichen Glaͤſern ge- geben. Limonade, Orgeade, Bavaroiſe ſtan- den in Gefaͤßen da, worin man anderwaͤrts ſtarken Trinkern Bier hinſtellen wuͤrde. Kaffee und Chokolate floſſen unaufhoͤrlich aus unge- geheuren ſilbernen Kannen. Berge von Kon- fekt, von Fruͤchten, von geroͤſtetem Brot, wandelten auf weiten Tellern in den Saͤlen unaufhoͤrlich herum. Rotten von Schwelgern verſuchten, wie weit die Amalgamationskraft ihrer Verdauung ginge, wie lange die Ge- ſchmacksnerven ihrer Zunge Empfindung behiel- ten; und eben ſo boten unerſaͤttliche Genießer anderer Art, im Koncertſale, im Tanzſale, unter den Augen, an der Hand, in den Ar-

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, H. 2. Berlin, 1795, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0102_1795/194>, abgerufen am 02.05.2024.