ihre Manieren erhalten in einem hohen Grade jene Abgeschliffenheit, die den Mann von Welt und gutem Tone verräth, und die bei ihnen um so angenehmer wirkt, da ihnen die Natur meist mit einem regelmäßigen, geschmei- digen Wuchs und einer feinen, edlen Gesichts- bildung zu Hülfe gekommen ist; sie erwerben sich einen feinen Geschmack in den Künsten und manche angenehme Kenntniß für Unter- haltungen, die zu ihrem Begriffs- und Wir- kungskreise gehören; mit einem Worte: sie sammlen für ihre Existenz; als adeliche, reiche, unbeschäftigte, flatterhafte, geistvolle, egoisti- sche und eitle Lebensgenießer reichlich ein, ver- nachläßigen aber fast ganz, was sie, um eben den Preis, Nützliches für ihr Vaterland und Wohlthätiges für ihre Unterthanen in Absicht des Ackerbaues, der Manufakturen, des Han- dels, der Wissenschaften und der sittlichen Bil- dung einsammlen und durch eigene Ausübung verbreiten könnten, auch des höhern und glück- lichern Platzes wegen, den sie einnehmen, zu
ihre Manieren erhalten in einem hohen Grade jene Abgeſchliffenheit, die den Mann von Welt und gutem Tone verraͤth, und die bei ihnen um ſo angenehmer wirkt, da ihnen die Natur meiſt mit einem regelmaͤßigen, geſchmei- digen Wuchs und einer feinen, edlen Geſichts- bildung zu Huͤlfe gekommen iſt; ſie erwerben ſich einen feinen Geſchmack in den Kuͤnſten und manche angenehme Kenntniß fuͤr Unter- haltungen, die zu ihrem Begriffs- und Wir- kungskreiſe gehoͤren; mit einem Worte: ſie ſammlen fuͤr ihre Exiſtenz; als adeliche, reiche, unbeſchaͤftigte, flatterhafte, geiſtvolle, egoiſti- ſche und eitle Lebensgenießer reichlich ein, ver- nachlaͤßigen aber faſt ganz, was ſie, um eben den Preis, Nuͤtzliches fuͤr ihr Vaterland und Wohlthaͤtiges fuͤr ihre Unterthanen in Abſicht des Ackerbaues, der Manufakturen, des Han- dels, der Wiſſenſchaften und der ſittlichen Bil- dung einſammlen und durch eigene Ausuͤbung verbreiten koͤnnten, auch des hoͤhern und gluͤck- lichern Platzes wegen, den ſie einnehmen, zu
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ihre Manieren erhalten in einem hohen Grade
jene Abgeſchliffenheit, die den Mann von
Welt und gutem Tone verraͤth, und die bei
ihnen um ſo angenehmer wirkt, da ihnen die
Natur meiſt mit einem regelmaͤßigen, geſchmei-
digen Wuchs und einer feinen, edlen Geſichts-
bildung zu Huͤlfe gekommen iſt; ſie erwerben
ſich einen feinen Geſchmack in den Kuͤnſten
und manche angenehme Kenntniß fuͤr Unter-
haltungen, die zu ihrem Begriffs- und Wir-
kungskreiſe gehoͤren; mit einem Worte: ſie
ſammlen fuͤr ihre Exiſtenz; als adeliche, reiche,
unbeſchaͤftigte, flatterhafte, geiſtvolle, egoiſti-
ſche und eitle Lebensgenießer reichlich ein, ver-
nachlaͤßigen aber faſt ganz, was ſie, um eben
den Preis, Nuͤtzliches fuͤr ihr Vaterland und
Wohlthaͤtiges fuͤr ihre Unterthanen in Abſicht
des Ackerbaues, der Manufakturen, des Han-
dels, der Wiſſenſchaften und der ſittlichen Bil-
dung einſammlen und durch eigene Ausuͤbung
verbreiten koͤnnten, auch des hoͤhern und gluͤck-
lichern Platzes wegen, den ſie einnehmen, zu
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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, H. 2. Berlin, 1795, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0102_1795/183>, abgerufen am 16.02.2025.
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