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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, H. 2. Berlin, 1795.

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mit den Franzosen gemein haben, als eine ge-
wisse Lebhaftigkeit und Heiterkeit des Geistes,
viel Sinnlichkeit, viel Leichtsinn, viel feinen,
aber weniger gründlichen, Verstand, Hang
zum Wohlleben und zur Galanterie: so schmieg-
ten sie sich um so leichter ihren Sitten an;
und da sie zugleich mit diesen die Litteratur
jener Nation kennen lernten, besonders den
Theil derselben, der die große Welt nährte,
so nahm auch ihre wissenschaftliche Bildung
einen ähnlichen Gang, und die französische
Art, die Dinge anzusehen und zu behandeln,
ward die ihrige. Die Auswahl der Gegen-
stände aus der Philosophie der Schule und
der Welt, die man für seine geistige und po-
litische Haushaltung braucht, die Einsichten
in der Religionslehre und in der Staatskun-
de, und die Verschlagenheit, das leichte Ge-
wissen, die Vorschnelligkeit und Unachtsamkeit
in Führung der öffentlichen Geschäfte, sind
lauter Dinge, die man in Polen ganz auf
französischem Fuße wieder findet. Die Menge

mit den Franzoſen gemein haben, als eine ge-
wiſſe Lebhaftigkeit und Heiterkeit des Geiſtes,
viel Sinnlichkeit, viel Leichtſinn, viel feinen,
aber weniger gruͤndlichen, Verſtand, Hang
zum Wohlleben und zur Galanterie: ſo ſchmieg-
ten ſie ſich um ſo leichter ihren Sitten an;
und da ſie zugleich mit dieſen die Litteratur
jener Nation kennen lernten, beſonders den
Theil derſelben, der die große Welt naͤhrte,
ſo nahm auch ihre wiſſenſchaftliche Bildung
einen aͤhnlichen Gang, und die franzoͤſiſche
Art, die Dinge anzuſehen und zu behandeln,
ward die ihrige. Die Auswahl der Gegen-
ſtaͤnde aus der Philoſophie der Schule und
der Welt, die man fuͤr ſeine geiſtige und po-
litiſche Haushaltung braucht, die Einſichten
in der Religionslehre und in der Staatskun-
de, und die Verſchlagenheit, das leichte Ge-
wiſſen, die Vorſchnelligkeit und Unachtſamkeit
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lauter Dinge, die man in Polen ganz auf
franzoͤſiſchem Fuße wieder findet. Die Menge

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[167/0177] mit den Franzoſen gemein haben, als eine ge- wiſſe Lebhaftigkeit und Heiterkeit des Geiſtes, viel Sinnlichkeit, viel Leichtſinn, viel feinen, aber weniger gruͤndlichen, Verſtand, Hang zum Wohlleben und zur Galanterie: ſo ſchmieg- ten ſie ſich um ſo leichter ihren Sitten an; und da ſie zugleich mit dieſen die Litteratur jener Nation kennen lernten, beſonders den Theil derſelben, der die große Welt naͤhrte, ſo nahm auch ihre wiſſenſchaftliche Bildung einen aͤhnlichen Gang, und die franzoͤſiſche Art, die Dinge anzuſehen und zu behandeln, ward die ihrige. Die Auswahl der Gegen- ſtaͤnde aus der Philoſophie der Schule und der Welt, die man fuͤr ſeine geiſtige und po- litiſche Haushaltung braucht, die Einſichten in der Religionslehre und in der Staatskun- de, und die Verſchlagenheit, das leichte Ge- wiſſen, die Vorſchnelligkeit und Unachtſamkeit in Fuͤhrung der oͤffentlichen Geſchaͤfte, ſind lauter Dinge, die man in Polen ganz auf franzoͤſiſchem Fuße wieder findet. Die Menge

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, H. 2. Berlin, 1795, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0102_1795/177>, abgerufen am 24.11.2024.