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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, H. 2. Berlin, 1795.

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werden dadurch in kurzer Zeit steif, mager und
unbrauchbar, und dieß um so eher, da sie
gleich darauf, durch das übertriebene Jagen,
welches hier gewöhnlich ist, in den entgegenge-
setzten Zustand von Anstrengung und Erhitzung
überzugehen gezwungen sind. Aber es ist hier
ein Zeichen der Pracht, oft andre Pferde zu
brauchen. Man bedeckt sie zwar, um einen
andern Lurus zu zeigen, mit den schönsten Ue-
berwürfen vom feinsten englischen Wollenzeuge,
oder mit kostbaren Fellen, so wie man die
Kutscher in lange, schleppende Pelzröcke, und
die Bedienten in dicke Wolfshäute kleidet;
aber die äußern Theile Aller leiden darum doch,
und erfrorene Füße, Hände und Nasen sind
bey den Menschen, wie bey den Pferden er-
frorene Rüstern und Ohren, im Winter ganz
gewöhnliche Dinge. Jndessen denkt man nichts
dabey, als daß die Menschen geheilt und die
Pferde ausgemustert werden müssen.

Die Mittagsstunde, welche zerstreuete Fa-
milien anderwärts wieder zusammenführt, und

werden dadurch in kurzer Zeit ſteif, mager und
unbrauchbar, und dieß um ſo eher, da ſie
gleich darauf, durch das uͤbertriebene Jagen,
welches hier gewoͤhnlich iſt, in den entgegenge-
ſetzten Zuſtand von Anſtrengung und Erhitzung
uͤberzugehen gezwungen ſind. Aber es iſt hier
ein Zeichen der Pracht, oft andre Pferde zu
brauchen. Man bedeckt ſie zwar, um einen
andern Lurus zu zeigen, mit den ſchoͤnſten Ue-
berwuͤrfen vom feinſten engliſchen Wollenzeuge,
oder mit koſtbaren Fellen, ſo wie man die
Kutſcher in lange, ſchleppende Pelzroͤcke, und
die Bedienten in dicke Wolfshaͤute kleidet;
aber die aͤußern Theile Aller leiden darum doch,
und erfrorene Fuͤße, Haͤnde und Naſen ſind
bey den Menſchen, wie bey den Pferden er-
frorene Ruͤſtern und Ohren, im Winter ganz
gewoͤhnliche Dinge. Jndeſſen denkt man nichts
dabey, als daß die Menſchen geheilt und die
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[141/0151] werden dadurch in kurzer Zeit ſteif, mager und unbrauchbar, und dieß um ſo eher, da ſie gleich darauf, durch das uͤbertriebene Jagen, welches hier gewoͤhnlich iſt, in den entgegenge- ſetzten Zuſtand von Anſtrengung und Erhitzung uͤberzugehen gezwungen ſind. Aber es iſt hier ein Zeichen der Pracht, oft andre Pferde zu brauchen. Man bedeckt ſie zwar, um einen andern Lurus zu zeigen, mit den ſchoͤnſten Ue- berwuͤrfen vom feinſten engliſchen Wollenzeuge, oder mit koſtbaren Fellen, ſo wie man die Kutſcher in lange, ſchleppende Pelzroͤcke, und die Bedienten in dicke Wolfshaͤute kleidet; aber die aͤußern Theile Aller leiden darum doch, und erfrorene Fuͤße, Haͤnde und Naſen ſind bey den Menſchen, wie bey den Pferden er- frorene Ruͤſtern und Ohren, im Winter ganz gewoͤhnliche Dinge. Jndeſſen denkt man nichts dabey, als daß die Menſchen geheilt und die Pferde ausgemuſtert werden muͤſſen. Die Mittagsſtunde, welche zerſtreuete Fa- milien anderwaͤrts wieder zuſammenfuͤhrt, und

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, H. 2. Berlin, 1795, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0102_1795/151>, abgerufen am 03.05.2024.