Arbeit, und sie lassen ihn ungefärbt, meist braun oder weiß, wie die Wolle ihn giebt. Die Kinder sind Sommer und Winter im bloßen Hemde.
Natürliche Heiterkeit und Lustigkeit findet man bey ihnen selten; aber destomehr die durch Branntwein erkünstelte. Jhre Herren sorgen dafür, daß sie dergleichen in allen Krügen im Ueberflusse finden, und so werden sie doch die Geber ihrer Fröhlichkeit, freylich für ihren letzten Pfennig und ihr letztes Körnchen Ge- treide. Diese Krüge sind an Juden theils ver- pachtet, theils stehen diese mit dem Besitzer derselben auf den zehnten Groschen.
Man lege zu diesem allen noch den dop- pelten Umstand, daß sie ihre kleinen Bedürf- nisse des Luxus von den Juden, und ihre Seligkeit von den Bettelmönchen kaufen müs- sen, so wird man selbst bemerken, was ich sonst über den bürgerlichen, sittlichen, wirth-
Arbeit, und ſie laſſen ihn ungefaͤrbt, meiſt braun oder weiß, wie die Wolle ihn giebt. Die Kinder ſind Sommer und Winter im bloßen Hemde.
Natuͤrliche Heiterkeit und Luſtigkeit findet man bey ihnen ſelten; aber deſtomehr die durch Branntwein erkuͤnſtelte. Jhre Herren ſorgen dafuͤr, daß ſie dergleichen in allen Kruͤgen im Ueberfluſſe finden, und ſo werden ſie doch die Geber ihrer Froͤhlichkeit, freylich fuͤr ihren letzten Pfennig und ihr letztes Koͤrnchen Ge- treide. Dieſe Kruͤge ſind an Juden theils ver- pachtet, theils ſtehen dieſe mit dem Beſitzer derſelben auf den zehnten Groſchen.
Man lege zu dieſem allen noch den dop- pelten Umſtand, daß ſie ihre kleinen Beduͤrf- niſſe des Luxus von den Juden, und ihre Seligkeit von den Bettelmoͤnchen kaufen muͤſ- ſen, ſo wird man ſelbſt bemerken, was ich ſonſt uͤber den buͤrgerlichen, ſittlichen, wirth-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0088"n="70"/>
Arbeit, und ſie laſſen ihn ungefaͤrbt, meiſt<lb/>
braun oder weiß, wie die Wolle ihn giebt.<lb/>
Die Kinder ſind Sommer und Winter im<lb/>
bloßen Hemde.</p><lb/><p>Natuͤrliche Heiterkeit und Luſtigkeit findet<lb/>
man bey ihnen ſelten; aber deſtomehr die durch<lb/>
Branntwein erkuͤnſtelte. Jhre Herren ſorgen<lb/>
dafuͤr, daß ſie dergleichen in allen Kruͤgen im<lb/>
Ueberfluſſe finden, und ſo werden ſie doch die<lb/>
Geber ihrer Froͤhlichkeit, freylich fuͤr ihren<lb/>
letzten Pfennig und ihr letztes Koͤrnchen Ge-<lb/>
treide. Dieſe Kruͤge ſind an Juden theils ver-<lb/>
pachtet, theils ſtehen dieſe mit dem Beſitzer<lb/>
derſelben auf den zehnten Groſchen.</p><lb/><p>Man lege zu dieſem allen noch den dop-<lb/>
pelten Umſtand, daß ſie ihre kleinen Beduͤrf-<lb/>
niſſe des Luxus von den Juden, und ihre<lb/>
Seligkeit von den Bettelmoͤnchen kaufen muͤſ-<lb/>ſen, ſo wird man ſelbſt bemerken, was ich<lb/>ſonſt uͤber den buͤrgerlichen, ſittlichen, wirth-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[70/0088]
Arbeit, und ſie laſſen ihn ungefaͤrbt, meiſt
braun oder weiß, wie die Wolle ihn giebt.
Die Kinder ſind Sommer und Winter im
bloßen Hemde.
Natuͤrliche Heiterkeit und Luſtigkeit findet
man bey ihnen ſelten; aber deſtomehr die durch
Branntwein erkuͤnſtelte. Jhre Herren ſorgen
dafuͤr, daß ſie dergleichen in allen Kruͤgen im
Ueberfluſſe finden, und ſo werden ſie doch die
Geber ihrer Froͤhlichkeit, freylich fuͤr ihren
letzten Pfennig und ihr letztes Koͤrnchen Ge-
treide. Dieſe Kruͤge ſind an Juden theils ver-
pachtet, theils ſtehen dieſe mit dem Beſitzer
derſelben auf den zehnten Groſchen.
Man lege zu dieſem allen noch den dop-
pelten Umſtand, daß ſie ihre kleinen Beduͤrf-
niſſe des Luxus von den Juden, und ihre
Seligkeit von den Bettelmoͤnchen kaufen muͤſ-
ſen, ſo wird man ſelbſt bemerken, was ich
ſonſt uͤber den buͤrgerlichen, ſittlichen, wirth-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, [H. 1]. Berlin, 1795, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0101_1795/88>, abgerufen am 22.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.