Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, [H. 1]. Berlin, 1795.Mit Kalm hob ein schöner schwarzer Ge- Mit Kalm hob ein ſchoͤner ſchwarzer Ge- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0026" n="8"/> <p>Mit <hi rendition="#g">Kalm</hi> hob ein ſchoͤner ſchwarzer Ge-<lb/> treideboden an; der Weg lief uͤber eine voll-<lb/> kommene Flaͤche, die naͤher und entfernter mit<lb/> Waͤldchen und Gebuͤſchen eingefaßt war. Dieſe<lb/> Flaͤche hielt bis <hi rendition="#g">Janiszek</hi>, der naͤchſten Poſt,<lb/> an. Drittehalb Meilen waren in anderthalb<lb/> Stunden zuruͤck gelegt. <hi rendition="#g">Janiszek</hi> iſt ein<lb/> unanſehnlicher Flecken, der eine Stadt genannt<lb/> wird. Die Haͤuſer ſind von Holz und zeigen<lb/> nicht die geringſte Spur von Stein und Kalk.<lb/> Die Giebel ſtehen groͤßtentheils nach der Straße.<lb/> Juden machen den groͤßeren Theil ihrer Ein-<lb/> wohner aus, und ſie ſind hier, was ſie nir-<lb/> gend auf der Welt ſind, die — <hi rendition="#g">Vornehmen</hi>.<lb/> Kein Haus iſt uͤber einen Stock hoch und faſt<lb/> alle haben zerloͤcherte Strohdaͤcher. Auf eini-<lb/> gen Scheuren ſah ich nur noch die Truͤmmer<lb/> eines ehemaligen Daches. Am beruͤhmteſten<lb/> iſt dieſe aͤrmliche Stadt durch einen großen<lb/> Pferdemarkt, der ein paarmal jaͤhrlich hier ge-<lb/> halten wird. Uebrigens wohnt hier Got<supplied>t</supplied> eben<lb/> ſo ſchlecht, als der Menſch. Ein paar Bet-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [8/0026]
Mit Kalm hob ein ſchoͤner ſchwarzer Ge-
treideboden an; der Weg lief uͤber eine voll-
kommene Flaͤche, die naͤher und entfernter mit
Waͤldchen und Gebuͤſchen eingefaßt war. Dieſe
Flaͤche hielt bis Janiszek, der naͤchſten Poſt,
an. Drittehalb Meilen waren in anderthalb
Stunden zuruͤck gelegt. Janiszek iſt ein
unanſehnlicher Flecken, der eine Stadt genannt
wird. Die Haͤuſer ſind von Holz und zeigen
nicht die geringſte Spur von Stein und Kalk.
Die Giebel ſtehen groͤßtentheils nach der Straße.
Juden machen den groͤßeren Theil ihrer Ein-
wohner aus, und ſie ſind hier, was ſie nir-
gend auf der Welt ſind, die — Vornehmen.
Kein Haus iſt uͤber einen Stock hoch und faſt
alle haben zerloͤcherte Strohdaͤcher. Auf eini-
gen Scheuren ſah ich nur noch die Truͤmmer
eines ehemaligen Daches. Am beruͤhmteſten
iſt dieſe aͤrmliche Stadt durch einen großen
Pferdemarkt, der ein paarmal jaͤhrlich hier ge-
halten wird. Uebrigens wohnt hier Gott eben
ſo ſchlecht, als der Menſch. Ein paar Bet-
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Zitationshilfe: | Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, [H. 1]. Berlin, 1795, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0101_1795/26>, abgerufen am 16.02.2025. |