ihrer Würde halten, zu Fuße zu gehen, und sich schon sorgfältiger und besser gekleidet zeigen.
Sodann kömmt das Publikum zu Pferde und zu Wagen; und dieses ist, besonders zur Reichstagszeit, so glänzend, als man es in irgend einer andern großen europäischen Stadt fin- den kann. Vom wohlhabenden Kaufmann an geht schon niemand mehr zu Fuße, am wenig- sten die Frauenzimmer, das Wetter müßte denn sehr schön, der Weg sehr kurz und das Pflaster sehr reinlich seyn. Daher kömmt es, daß man fast in keiner europäischen Stadt so- viel Wagen in Bewegung sieht, als in War- schau, und daß man, ohne Uebertreibung, an- nehmen kann: man sehe an einem einigen Ta- ge, wo eine Reichstagssitzung oder ein großer Ball ist, mehr Wagen in Warschau, als man binnen vier Wochen z. B. in Berlin, zu sehen bekommen kann.
Eben so ist es mit den Reitern. Man kann annehmen, daß jedes Haus oder jeder
ihrer Wuͤrde halten, zu Fuße zu gehen, und ſich ſchon ſorgfaͤltiger und beſſer gekleidet zeigen.
Sodann koͤmmt das Publikum zu Pferde und zu Wagen; und dieſes iſt, beſonders zur Reichstagszeit, ſo glaͤnzend, als man es in irgend einer andern großen europaͤiſchen Stadt fin- den kann. Vom wohlhabenden Kaufmann an geht ſchon niemand mehr zu Fuße, am wenig- ſten die Frauenzimmer, das Wetter muͤßte denn ſehr ſchoͤn, der Weg ſehr kurz und das Pflaſter ſehr reinlich ſeyn. Daher koͤmmt es, daß man faſt in keiner europaͤiſchen Stadt ſo- viel Wagen in Bewegung ſieht, als in War- ſchau, und daß man, ohne Uebertreibung, an- nehmen kann: man ſehe an einem einigen Ta- ge, wo eine Reichstagsſitzung oder ein großer Ball iſt, mehr Wagen in Warſchau, als man binnen vier Wochen z. B. in Berlin, zu ſehen bekommen kann.
Eben ſo iſt es mit den Reitern. Man kann annehmen, daß jedes Haus oder jeder
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ihrer Wuͤrde halten, zu Fuße zu gehen, und
ſich ſchon ſorgfaͤltiger und beſſer gekleidet
zeigen.
Sodann koͤmmt das Publikum zu Pferde
und zu Wagen; und dieſes iſt, beſonders zur
Reichstagszeit, ſo glaͤnzend, als man es in irgend
einer andern großen europaͤiſchen Stadt fin-
den kann. Vom wohlhabenden Kaufmann an
geht ſchon niemand mehr zu Fuße, am wenig-
ſten die Frauenzimmer, das Wetter muͤßte
denn ſehr ſchoͤn, der Weg ſehr kurz und das
Pflaſter ſehr reinlich ſeyn. Daher koͤmmt es,
daß man faſt in keiner europaͤiſchen Stadt ſo-
viel Wagen in Bewegung ſieht, als in War-
ſchau, und daß man, ohne Uebertreibung, an-
nehmen kann: man ſehe an einem einigen Ta-
ge, wo eine Reichstagsſitzung oder ein großer
Ball iſt, mehr Wagen in Warſchau, als man
binnen vier Wochen z. B. in Berlin, zu ſehen
bekommen kann.
Eben ſo iſt es mit den Reitern. Man
kann annehmen, daß jedes Haus oder jeder
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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, [H. 1]. Berlin, 1795, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0101_1795/144>, abgerufen am 22.07.2024.
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