ter tragen sie die bekannten weiten polnischen schwarzen Pelze, mit Fuchs aufgeschlagen. Die Weiber erscheinen mit breiten Tressen auf Miedern und Wämsern und tragen vor der Brust einen breiten, eben so verzierten Latz, der locker auf derselben bauscht und sich unter eine Schürze und einen Rock verliert, die hoch über den Nabel herauftreten und ihnen das Ansehen geben, als ob ihre ganze Figur bloß aus Kopf und dem entgegengesetzten Theile bestände. Doch verbessern sie im Winter die- sen unangenehmen Anblick durch einen langen Leibpelz und im Sommer durch ein Oberkleid von ähnlichem Schnitte.
Die bisher bezeichneten Menschenarten fin- den sich am häufigsten auf den Straßen von Warschau, und unter sie gemischt erscheinen Mönche, Soldaten und Bediente, die theils durch die Abentheuerlichkeit, theils durch das Bunte ihrer Trachten, die Abwechslung ver- mehren. An diese schließen sich schon die wohl- habendern Klassen, die es noch nicht unter
ter tragen ſie die bekannten weiten polniſchen ſchwarzen Pelze, mit Fuchs aufgeſchlagen. Die Weiber erſcheinen mit breiten Treſſen auf Miedern und Waͤmſern und tragen vor der Bruſt einen breiten, eben ſo verzierten Latz, der locker auf derſelben bauſcht und ſich unter eine Schuͤrze und einen Rock verliert, die hoch uͤber den Nabel herauftreten und ihnen das Anſehen geben, als ob ihre ganze Figur bloß aus Kopf und dem entgegengeſetzten Theile beſtaͤnde. Doch verbeſſern ſie im Winter die- ſen unangenehmen Anblick durch einen langen Leibpelz und im Sommer durch ein Oberkleid von aͤhnlichem Schnitte.
Die bisher bezeichneten Menſchenarten fin- den ſich am haͤufigſten auf den Straßen von Warſchau, und unter ſie gemiſcht erſcheinen Moͤnche, Soldaten und Bediente, die theils durch die Abentheuerlichkeit, theils durch das Bunte ihrer Trachten, die Abwechslung ver- mehren. An dieſe ſchließen ſich ſchon die wohl- habendern Klaſſen, die es noch nicht unter
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ter tragen ſie die bekannten weiten polniſchen
ſchwarzen Pelze, mit Fuchs aufgeſchlagen.
Die Weiber erſcheinen mit breiten Treſſen auf
Miedern und Waͤmſern und tragen vor der
Bruſt einen breiten, eben ſo verzierten Latz,
der locker auf derſelben bauſcht und ſich unter
eine Schuͤrze und einen Rock verliert, die hoch
uͤber den Nabel herauftreten und ihnen das
Anſehen geben, als ob ihre ganze Figur bloß
aus Kopf und dem entgegengeſetzten Theile
beſtaͤnde. Doch verbeſſern ſie im Winter die-
ſen unangenehmen Anblick durch einen langen
Leibpelz und im Sommer durch ein Oberkleid
von aͤhnlichem Schnitte.
Die bisher bezeichneten Menſchenarten fin-
den ſich am haͤufigſten auf den Straßen von
Warſchau, und unter ſie gemiſcht erſcheinen
Moͤnche, Soldaten und Bediente, die theils
durch die Abentheuerlichkeit, theils durch das
Bunte ihrer Trachten, die Abwechslung ver-
mehren. An dieſe ſchließen ſich ſchon die wohl-
habendern Klaſſen, die es noch nicht unter
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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, [H. 1]. Berlin, 1795, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0101_1795/143>, abgerufen am 22.07.2024.
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