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Schücking, Levin: Die Schwester. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 15. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 169–291. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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ihn -- ein Billet fiel daraus, das sie hastig aufriß und las. Es lautete:

"Theure Leonore.

Ich bin in Verzweiflung. Von diesem Tage erwarte ich das Glück meines Lebens, und nun erhalte ich vom Grafen von Artois den Befehl, mich sofort nach Coblenz zu begeben, wo ich den ganzen Tag beschäftigt sein werde. Und doch muß ich Sie sprechen. Ich werde Abends zurück und um zehn Uhr an der Statue des Schlummergottes neben dem Weiher im Parke sein. Wollen Sie, daß ich leben soll, o so versagen Sie nicht! Unterdeß -- fürchten Sie Artois. Bis in den Tod Ihr

Louis de Bourbon."

Leonore war heftig erschrocken. Ihr jungfräulicher Stolz empörte sich bei der dreisten Leidenschaftlichkeit des Mannes, der solche Zeilen an sie zu richten wagte. War etwas in ihrem Betragen gewesen, das ihn dazu berechtigt? Und weßhalb sollte sie Artois fürchten? Das beunruhigte sie auch. Sie sollte ja nur noch wenige Augenblicke im Schlosse sein. Dann kam ihr Bruder, um sie abzuholen. Wie konnte sie deßhalb Conde ein Rendezvous geben?

Das Kammermädchen der Frau von Breteuil kam herein, beschwert mit einem Carton, der in der Frühe angekommen; er enthielt Kleider Leonorens, welche Joseph seiner Schwester herübersandte, die nur ihren von der Schwägerin entliehenen Ballstaat bei sich hatte.

ihn — ein Billet fiel daraus, das sie hastig aufriß und las. Es lautete:

„Theure Leonore.

Ich bin in Verzweiflung. Von diesem Tage erwarte ich das Glück meines Lebens, und nun erhalte ich vom Grafen von Artois den Befehl, mich sofort nach Coblenz zu begeben, wo ich den ganzen Tag beschäftigt sein werde. Und doch muß ich Sie sprechen. Ich werde Abends zurück und um zehn Uhr an der Statue des Schlummergottes neben dem Weiher im Parke sein. Wollen Sie, daß ich leben soll, o so versagen Sie nicht! Unterdeß — fürchten Sie Artois. Bis in den Tod Ihr

Louis de Bourbon.“

Leonore war heftig erschrocken. Ihr jungfräulicher Stolz empörte sich bei der dreisten Leidenschaftlichkeit des Mannes, der solche Zeilen an sie zu richten wagte. War etwas in ihrem Betragen gewesen, das ihn dazu berechtigt? Und weßhalb sollte sie Artois fürchten? Das beunruhigte sie auch. Sie sollte ja nur noch wenige Augenblicke im Schlosse sein. Dann kam ihr Bruder, um sie abzuholen. Wie konnte sie deßhalb Condé ein Rendezvous geben?

Das Kammermädchen der Frau von Breteuil kam herein, beschwert mit einem Carton, der in der Frühe angekommen; er enthielt Kleider Leonorens, welche Joseph seiner Schwester herübersandte, die nur ihren von der Schwägerin entliehenen Ballstaat bei sich hatte.

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T11:53:40Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Schücking, Levin: Die Schwester. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 15. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 169–291. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schuecking_schwester_1910/91>, abgerufen am 22.11.2024.