Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schubert, Gotthilf Heinrich von: Die Symbolik des Traumes. Bamberg, 1814.

Bild:
<< vorherige Seite

so entspringt auch im Persischen, wo doch sonst der
Mythus beyde entgegengesetzte Prinzipien scharf von
einander zu halten scheint, der Name des bösen Ah-
riman und des Lichtgottes Orim-Asdes aus Einer
Wurzel, eben so wie eros (Liebe) und eris Zwist,
und in verschiedenen Sprachen die Worte für Einig-
keit und Vereinigen und für Feind und entzweyen, (fast
auf dieselbe Weise, wie nach Schwedenborg aus sinn-
licher Liebe jenseits der grimmigste Haß geboren wird.)
*) Auch Licht (das Symbol der Wahrheit), und Lug
und Lüge entspringen in verschiedenen Sprachen aus
Einer Wurzel, weil das Licht, (der schöne Morgenstern
wie es anderwärts heißt,) indem es sich zur sengenden
Flamme entzündet, der verzehrende Wolf und der bö-
se Loghe geworden, der als Hund und Hündin auch
anderwärts in unreiner Bedeutung erscheinet. Jene
zweyfache (brennende und leuchtende) Natur des Lich-
tes begegnet sich in der Sprache und im Mythus al-
lenthalben. **) Das Blut erscheint ebenfalls in bey-
den unter der Bedeutung des Giftes, des Zornes,
des rasenden Grimmes, und unter jener der Versöh-
nung, Besänftigung, Belebung. ***) Raserey und ru-
hige Besinnung, Finsterniß und Licht, das schwere
Metall und der leichte Vogel, Luft und Eisen, die
Bezeugungen der Freude und der Trauer, niedrig und
hoch, sinnliche Lust und Entmannung, und alle in ihrer
Bedeutung noch so entgegengesetzt scheinenden Worte

gehen
*) System der indischen Myth. P. 276.
**) Urkunde und Pantheon an verschiedenen Orten.
***) Pantheon 283 -- 198 u. a. Ind Myth. 144 -- 296.

ſo entſpringt auch im Perſiſchen, wo doch ſonſt der
Mythus beyde entgegengeſetzte Prinzipien ſcharf von
einander zu halten ſcheint, der Name des boͤſen Ah-
riman und des Lichtgottes Orim-Asdes aus Einer
Wurzel, eben ſo wie ἐρως (Liebe) und ἐρις Zwiſt,
und in verſchiedenen Sprachen die Worte fuͤr Einig-
keit und Vereinigen und fuͤr Feind und entzweyen, (faſt
auf dieſelbe Weiſe, wie nach Schwedenborg aus ſinn-
licher Liebe jenſeits der grimmigſte Haß geboren wird.)
*) Auch Licht (das Symbol der Wahrheit), und Lug
und Luͤge entſpringen in verſchiedenen Sprachen aus
Einer Wurzel, weil das Licht, (der ſchoͤne Morgenſtern
wie es anderwaͤrts heißt,) indem es ſich zur ſengenden
Flamme entzuͤndet, der verzehrende Wolf und der boͤ-
ſe Loghe geworden, der als Hund und Huͤndin auch
anderwaͤrts in unreiner Bedeutung erſcheinet. Jene
zweyfache (brennende und leuchtende) Natur des Lich-
tes begegnet ſich in der Sprache und im Mythus al-
lenthalben. **) Das Blut erſcheint ebenfalls in bey-
den unter der Bedeutung des Giftes, des Zornes,
des raſenden Grimmes, und unter jener der Verſoͤh-
nung, Beſaͤnftigung, Belebung. ***) Raſerey und ru-
hige Beſinnung, Finſterniß und Licht, das ſchwere
Metall und der leichte Vogel, Luft und Eiſen, die
Bezeugungen der Freude und der Trauer, niedrig und
hoch, ſinnliche Luſt und Entmannung, und alle in ihrer
Bedeutung noch ſo entgegengeſetzt ſcheinenden Worte

gehen
*) Syſtem der indiſchen Myth. P. 276.
**) Urkunde und Pantheon an verſchiedenen Orten.
***) Pantheon 283 — 198 u. a. Ind Myth. 144 — 296.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0089" n="79"/>
&#x017F;o ent&#x017F;pringt auch im Per&#x017F;i&#x017F;chen, wo doch &#x017F;on&#x017F;t der<lb/>
Mythus beyde entgegenge&#x017F;etzte Prinzipien &#x017F;charf von<lb/>
einander zu halten &#x017F;cheint, der Name des bo&#x0364;&#x017F;en Ah-<lb/>
riman und des Lichtgottes Orim-Asdes aus Einer<lb/>
Wurzel, eben &#x017F;o wie &#x1F10;&#x03C1;&#x03C9;&#x03C2; (Liebe) und &#x1F10;&#x03C1;&#x03B9;&#x03C2; Zwi&#x017F;t,<lb/>
und in ver&#x017F;chiedenen Sprachen die Worte fu&#x0364;r Einig-<lb/>
keit und Vereinigen und fu&#x0364;r Feind und entzweyen, (fa&#x017F;t<lb/>
auf die&#x017F;elbe Wei&#x017F;e, wie nach Schwedenborg aus &#x017F;inn-<lb/>
licher Liebe jen&#x017F;eits der grimmig&#x017F;te Haß geboren wird.)<lb/><note place="foot" n="*)">Sy&#x017F;tem der indi&#x017F;chen Myth. P. 276.</note> Auch Licht (das Symbol der Wahrheit), und Lug<lb/>
und Lu&#x0364;ge ent&#x017F;pringen in ver&#x017F;chiedenen Sprachen aus<lb/>
Einer Wurzel, weil das Licht, (der &#x017F;cho&#x0364;ne Morgen&#x017F;tern<lb/>
wie es anderwa&#x0364;rts heißt,) indem es &#x017F;ich zur &#x017F;engenden<lb/>
Flamme entzu&#x0364;ndet, der verzehrende Wolf und der bo&#x0364;-<lb/>
&#x017F;e Loghe geworden, der als Hund und Hu&#x0364;ndin auch<lb/>
anderwa&#x0364;rts in unreiner Bedeutung er&#x017F;cheinet. Jene<lb/>
zweyfache (brennende und leuchtende) Natur des Lich-<lb/>
tes begegnet &#x017F;ich in der Sprache und im Mythus al-<lb/>
lenthalben. <note place="foot" n="**)">Urkunde und Pantheon an ver&#x017F;chiedenen Orten.</note> Das Blut er&#x017F;cheint ebenfalls in bey-<lb/>
den unter der Bedeutung des Giftes, des Zornes,<lb/>
des ra&#x017F;enden Grimmes, und unter jener der Ver&#x017F;o&#x0364;h-<lb/>
nung, Be&#x017F;a&#x0364;nftigung, Belebung. <note place="foot" n="***)">Pantheon 283 &#x2014; 198 u. a. Ind Myth. 144 &#x2014; 296.</note> Ra&#x017F;erey und ru-<lb/>
hige Be&#x017F;innung, Fin&#x017F;terniß und Licht, das &#x017F;chwere<lb/>
Metall und der leichte Vogel, Luft und Ei&#x017F;en, die<lb/>
Bezeugungen der Freude und der Trauer, niedrig und<lb/>
hoch, &#x017F;innliche Lu&#x017F;t und Entmannung, und alle in ihrer<lb/>
Bedeutung noch &#x017F;o entgegenge&#x017F;etzt &#x017F;cheinenden Worte<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">gehen</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[79/0089] ſo entſpringt auch im Perſiſchen, wo doch ſonſt der Mythus beyde entgegengeſetzte Prinzipien ſcharf von einander zu halten ſcheint, der Name des boͤſen Ah- riman und des Lichtgottes Orim-Asdes aus Einer Wurzel, eben ſo wie ἐρως (Liebe) und ἐρις Zwiſt, und in verſchiedenen Sprachen die Worte fuͤr Einig- keit und Vereinigen und fuͤr Feind und entzweyen, (faſt auf dieſelbe Weiſe, wie nach Schwedenborg aus ſinn- licher Liebe jenſeits der grimmigſte Haß geboren wird.) *) Auch Licht (das Symbol der Wahrheit), und Lug und Luͤge entſpringen in verſchiedenen Sprachen aus Einer Wurzel, weil das Licht, (der ſchoͤne Morgenſtern wie es anderwaͤrts heißt,) indem es ſich zur ſengenden Flamme entzuͤndet, der verzehrende Wolf und der boͤ- ſe Loghe geworden, der als Hund und Huͤndin auch anderwaͤrts in unreiner Bedeutung erſcheinet. Jene zweyfache (brennende und leuchtende) Natur des Lich- tes begegnet ſich in der Sprache und im Mythus al- lenthalben. **) Das Blut erſcheint ebenfalls in bey- den unter der Bedeutung des Giftes, des Zornes, des raſenden Grimmes, und unter jener der Verſoͤh- nung, Beſaͤnftigung, Belebung. ***) Raſerey und ru- hige Beſinnung, Finſterniß und Licht, das ſchwere Metall und der leichte Vogel, Luft und Eiſen, die Bezeugungen der Freude und der Trauer, niedrig und hoch, ſinnliche Luſt und Entmannung, und alle in ihrer Bedeutung noch ſo entgegengeſetzt ſcheinenden Worte gehen *) Syſtem der indiſchen Myth. P. 276. **) Urkunde und Pantheon an verſchiedenen Orten. ***) Pantheon 283 — 198 u. a. Ind Myth. 144 — 296.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_symbolik_1814
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_symbolik_1814/89
Zitationshilfe: Schubert, Gotthilf Heinrich von: Die Symbolik des Traumes. Bamberg, 1814, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_symbolik_1814/89>, abgerufen am 28.04.2024.