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Schubert, Gotthilf Heinrich von: Die Symbolik des Traumes. Bamberg, 1814.

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ter der uns umgebenden Natur. Derselbe Dionysos
ist nach der Geheimlehre der Egypter, Gott aus Gott
geboren und ihm wird als Zagreus sein Sitz unmit-
telbar neben dem Throne des Gottes der Götter und
die Macht des Vaters eingeräumt, ja in den orphi-
schen Mysterien ist er der Gott der Götter selber. Je-
ner Fleischgewordne Gott, -- der den Indern zweyte
Person der Gottheit ist, den egyptischen Priestern der
ewige Entscheider uud Bestimmer aller Dinge und so-
mit auch Herr der Schicksale und Schicksalsdeuter --
erster Prophet (Sprecher der Schicksalssprache nach dem
Vorhergehenden) wird anderwärts das Wort aus Gott
genannt. Die uns umgebende Natur in allen ihren
mannigfaltigen Elementen und Gestalten, erscheint hier-
nach als ein Wort, eine Offenbarung Gottes an den
Menschen, deren Buchstaben (wie denn in dieser Re-
gion alles Leben und Wirklichkeit hat) lebendige Ge-
stalten und sich bewegende Kräfte sind. Auf diese
Weise wird dann die Natur das Original jener Na-
turbildersprache, worinnen die Gottheit sich ihren Pro-
pheten und anderen Gott-geweihten Seelen von jeher
offenbart hat, jener Sprache, die wir in der ganzen
geschriebenen Offenbarung finden, und welche die Seele
als die ihr ursprüngliche und natürliche, im Traume,
und in den hiermit verwandten Zuständen der poeti-
schen und pythischen Begeisterung redet. Eine solche
Gemeinschaftlichkeit der Sprache unserer Seele und des
höchsten schaffenden Prinzips, lässet auch auf eine an-
dre tiefere Uebereinstimmung beyder schließen. Dassel-
be Prinzip, aus welchem die ganze uns umgebende
Ratur hervorgegangen, zeigt sich unter andern auch in
uns, bey der Hervorbringung jener Traum- und Na-

tur-

ter der uns umgebenden Natur. Derſelbe Dionyſos
iſt nach der Geheimlehre der Egypter, Gott aus Gott
geboren und ihm wird als Zagreus ſein Sitz unmit-
telbar neben dem Throne des Gottes der Goͤtter und
die Macht des Vaters eingeraͤumt, ja in den orphi-
ſchen Myſterien iſt er der Gott der Goͤtter ſelber. Je-
ner Fleiſchgewordne Gott, — der den Indern zweyte
Perſon der Gottheit iſt, den egyptiſchen Prieſtern der
ewige Entſcheider uud Beſtimmer aller Dinge und ſo-
mit auch Herr der Schickſale und Schickſalsdeuter —
erſter Prophet (Sprecher der Schickſalsſprache nach dem
Vorhergehenden) wird anderwaͤrts das Wort aus Gott
genannt. Die uns umgebende Natur in allen ihren
mannigfaltigen Elementen und Geſtalten, erſcheint hier-
nach als ein Wort, eine Offenbarung Gottes an den
Menſchen, deren Buchſtaben (wie denn in dieſer Re-
gion alles Leben und Wirklichkeit hat) lebendige Ge-
ſtalten und ſich bewegende Kraͤfte ſind. Auf dieſe
Weiſe wird dann die Natur das Original jener Na-
turbilderſprache, worinnen die Gottheit ſich ihren Pro-
pheten und anderen Gott-geweihten Seelen von jeher
offenbart hat, jener Sprache, die wir in der ganzen
geſchriebenen Offenbarung finden, und welche die Seele
als die ihr urſpruͤngliche und natuͤrliche, im Traume,
und in den hiermit verwandten Zuſtaͤnden der poeti-
ſchen und pythiſchen Begeiſterung redet. Eine ſolche
Gemeinſchaftlichkeit der Sprache unſerer Seele und des
hoͤchſten ſchaffenden Prinzips, laͤſſet auch auf eine an-
dre tiefere Uebereinſtimmung beyder ſchließen. Daſſel-
be Prinzip, aus welchem die ganze uns umgebende
Ratur hervorgegangen, zeigt ſich unter andern auch in
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[29/0039] ter der uns umgebenden Natur. Derſelbe Dionyſos iſt nach der Geheimlehre der Egypter, Gott aus Gott geboren und ihm wird als Zagreus ſein Sitz unmit- telbar neben dem Throne des Gottes der Goͤtter und die Macht des Vaters eingeraͤumt, ja in den orphi- ſchen Myſterien iſt er der Gott der Goͤtter ſelber. Je- ner Fleiſchgewordne Gott, — der den Indern zweyte Perſon der Gottheit iſt, den egyptiſchen Prieſtern der ewige Entſcheider uud Beſtimmer aller Dinge und ſo- mit auch Herr der Schickſale und Schickſalsdeuter — erſter Prophet (Sprecher der Schickſalsſprache nach dem Vorhergehenden) wird anderwaͤrts das Wort aus Gott genannt. Die uns umgebende Natur in allen ihren mannigfaltigen Elementen und Geſtalten, erſcheint hier- nach als ein Wort, eine Offenbarung Gottes an den Menſchen, deren Buchſtaben (wie denn in dieſer Re- gion alles Leben und Wirklichkeit hat) lebendige Ge- ſtalten und ſich bewegende Kraͤfte ſind. Auf dieſe Weiſe wird dann die Natur das Original jener Na- turbilderſprache, worinnen die Gottheit ſich ihren Pro- pheten und anderen Gott-geweihten Seelen von jeher offenbart hat, jener Sprache, die wir in der ganzen geſchriebenen Offenbarung finden, und welche die Seele als die ihr urſpruͤngliche und natuͤrliche, im Traume, und in den hiermit verwandten Zuſtaͤnden der poeti- ſchen und pythiſchen Begeiſterung redet. Eine ſolche Gemeinſchaftlichkeit der Sprache unſerer Seele und des hoͤchſten ſchaffenden Prinzips, laͤſſet auch auf eine an- dre tiefere Uebereinſtimmung beyder ſchließen. Daſſel- be Prinzip, aus welchem die ganze uns umgebende Ratur hervorgegangen, zeigt ſich unter andern auch in uns, bey der Hervorbringung jener Traum- und Na- tur-

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Zitationshilfe: Schubert, Gotthilf Heinrich von: Die Symbolik des Traumes. Bamberg, 1814, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_symbolik_1814/39>, abgerufen am 28.03.2024.