nicht hie und da öfter solche Abbreviaturen angebracht sind? um so mehr da auch von einer andern Seite, wie schon der seynsollende Gottesläugner Vanini am Scheiterhaufen stehend sagte, die Betrachtung eines bloßen Strohhalmes Beweise genug für das Daseyn eines Gottes geben könnte.
Unserer gemeinen teleologischen Ansicht spottet schon in altes Buch, welches fragt: "meynst du das Ein- ehorn werde dir dienen, und werde bleiben an deiner Krippe?" oder: "kannst du den Leviathan ziehen mit einem Hamen," ... meynest du, die Gesellschaften werden ihn zerschneiden, daß er unter die Kaufleute zertheilet wird? "und es widerspricht ihr die ganze Bildungsgeschichte des Menschen. Diese, weit ent- fernt, der Annahme einer solchen epicurischen Fürsorge, welche die ganze Natur nur zur Belustigung unserer Sinne hervorgerufen, das Wort zu reden, hat viel- mehr von jeher von einer höheren Bestimmung des Menschen als jener des sinnlichen Genusses gesprochen, und der Weg zu der ursprünglichen Region unseres Gemüths, gehet durch Abgeschiedenheit und Ent- blößung von allem Sinnlichen. Ueberhaupt scheinet nach allem nicht der sinnliche Mensch, und die Be- friedigung seines niederen Bedürfnisses, sondern der geistige und seine Ausbildung, Hauptaugenmerk der schaffenden Natur gewesen zu seyn.
Eine höhere, aber auch nicht durchaus genügende teleologische Ansicht, ist die aus der allgemeinen Noth- wendigkeit des Gegensatzes hergeleitete, nach welcher ein Gegensatz nicht da seyn könnte ohne den ihm
gegen-
nicht hie und da oͤfter ſolche Abbreviaturen angebracht ſind? um ſo mehr da auch von einer andern Seite, wie ſchon der ſeynſollende Gotteslaͤugner Vanini am Scheiterhaufen ſtehend ſagte, die Betrachtung eines bloßen Strohhalmes Beweiſe genug fuͤr das Daſeyn eines Gottes geben koͤnnte.
Unſerer gemeinen teleologiſchen Anſicht ſpottet ſchon in altes Buch, welches fragt: „meynſt du das Ein- ehorn werde dir dienen, und werde bleiben an deiner Krippe?‟ oder: „kannſt du den Leviathan ziehen mit einem Hamen,‟ … meyneſt du, die Geſellſchaften werden ihn zerſchneiden, daß er unter die Kaufleute zertheilet wird? „und es widerſpricht ihr die ganze Bildungsgeſchichte des Menſchen. Dieſe, weit ent- fernt, der Annahme einer ſolchen epicuriſchen Fuͤrſorge, welche die ganze Natur nur zur Beluſtigung unſerer Sinne hervorgerufen, das Wort zu reden, hat viel- mehr von jeher von einer hoͤheren Beſtimmung des Menſchen als jener des ſinnlichen Genuſſes geſprochen, und der Weg zu der urſpruͤnglichen Region unſeres Gemuͤths, gehet durch Abgeſchiedenheit und Ent- bloͤßung von allem Sinnlichen. Ueberhaupt ſcheinet nach allem nicht der ſinnliche Menſch, und die Be- friedigung ſeines niederen Beduͤrfniſſes, ſondern der geiſtige und ſeine Ausbildung, Hauptaugenmerk der ſchaffenden Natur geweſen zu ſeyn.
Eine hoͤhere, aber auch nicht durchaus genuͤgende teleologiſche Anſicht, iſt die aus der allgemeinen Noth- wendigkeit des Gegenſatzes hergeleitete, nach welcher ein Gegenſatz nicht da ſeyn koͤnnte ohne den ihm
gegen-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0036"n="26"/>
nicht hie und da oͤfter ſolche Abbreviaturen angebracht<lb/>ſind? um ſo mehr da auch von einer andern Seite,<lb/>
wie ſchon der ſeynſollende Gotteslaͤugner Vanini am<lb/>
Scheiterhaufen ſtehend ſagte, die Betrachtung eines<lb/>
bloßen Strohhalmes Beweiſe genug fuͤr das Daſeyn<lb/>
eines Gottes geben koͤnnte.</p><lb/><p>Unſerer gemeinen teleologiſchen Anſicht ſpottet ſchon<lb/>
in altes Buch, welches fragt: „meynſt du das Ein-<lb/>
ehorn werde dir dienen, und werde bleiben an deiner<lb/>
Krippe?‟ oder: „kannſt du den Leviathan ziehen mit<lb/>
einem Hamen,‟… meyneſt du, die Geſellſchaften<lb/>
werden ihn zerſchneiden, daß er unter die Kaufleute<lb/>
zertheilet wird? „und es widerſpricht ihr die ganze<lb/>
Bildungsgeſchichte des Menſchen. Dieſe, weit ent-<lb/>
fernt, der Annahme einer ſolchen epicuriſchen Fuͤrſorge,<lb/>
welche die ganze Natur nur zur Beluſtigung unſerer<lb/>
Sinne hervorgerufen, das Wort zu reden, hat viel-<lb/>
mehr von jeher von einer hoͤheren Beſtimmung des<lb/>
Menſchen als jener des ſinnlichen Genuſſes geſprochen,<lb/>
und der Weg zu der urſpruͤnglichen Region unſeres<lb/>
Gemuͤths, gehet durch Abgeſchiedenheit und Ent-<lb/>
bloͤßung von allem Sinnlichen. Ueberhaupt ſcheinet<lb/>
nach allem nicht der ſinnliche Menſch, und die Be-<lb/>
friedigung ſeines niederen Beduͤrfniſſes, ſondern der<lb/>
geiſtige und ſeine Ausbildung, Hauptaugenmerk der<lb/>ſchaffenden Natur geweſen zu ſeyn.</p><lb/><p>Eine hoͤhere, aber auch nicht durchaus genuͤgende<lb/>
teleologiſche Anſicht, iſt die aus der allgemeinen Noth-<lb/>
wendigkeit des Gegenſatzes hergeleitete, nach welcher<lb/>
ein Gegenſatz nicht da ſeyn koͤnnte ohne den ihm<lb/><fwplace="bottom"type="catch">gegen-</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[26/0036]
nicht hie und da oͤfter ſolche Abbreviaturen angebracht
ſind? um ſo mehr da auch von einer andern Seite,
wie ſchon der ſeynſollende Gotteslaͤugner Vanini am
Scheiterhaufen ſtehend ſagte, die Betrachtung eines
bloßen Strohhalmes Beweiſe genug fuͤr das Daſeyn
eines Gottes geben koͤnnte.
Unſerer gemeinen teleologiſchen Anſicht ſpottet ſchon
in altes Buch, welches fragt: „meynſt du das Ein-
ehorn werde dir dienen, und werde bleiben an deiner
Krippe?‟ oder: „kannſt du den Leviathan ziehen mit
einem Hamen,‟ … meyneſt du, die Geſellſchaften
werden ihn zerſchneiden, daß er unter die Kaufleute
zertheilet wird? „und es widerſpricht ihr die ganze
Bildungsgeſchichte des Menſchen. Dieſe, weit ent-
fernt, der Annahme einer ſolchen epicuriſchen Fuͤrſorge,
welche die ganze Natur nur zur Beluſtigung unſerer
Sinne hervorgerufen, das Wort zu reden, hat viel-
mehr von jeher von einer hoͤheren Beſtimmung des
Menſchen als jener des ſinnlichen Genuſſes geſprochen,
und der Weg zu der urſpruͤnglichen Region unſeres
Gemuͤths, gehet durch Abgeſchiedenheit und Ent-
bloͤßung von allem Sinnlichen. Ueberhaupt ſcheinet
nach allem nicht der ſinnliche Menſch, und die Be-
friedigung ſeines niederen Beduͤrfniſſes, ſondern der
geiſtige und ſeine Ausbildung, Hauptaugenmerk der
ſchaffenden Natur geweſen zu ſeyn.
Eine hoͤhere, aber auch nicht durchaus genuͤgende
teleologiſche Anſicht, iſt die aus der allgemeinen Noth-
wendigkeit des Gegenſatzes hergeleitete, nach welcher
ein Gegenſatz nicht da ſeyn koͤnnte ohne den ihm
gegen-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schubert, Gotthilf Heinrich von: Die Symbolik des Traumes. Bamberg, 1814, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_symbolik_1814/36>, abgerufen am 05.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.