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Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808.

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Untersuchung über die Bestimmung des Menschen und
über die Bedeutung einiger seiner Anlagen, über seine
Vergangenheit und Zukunft, sich schüchtern, in dem
Bewußtseyn ihrer Mangelhaftigkeit, diesem anschließen.

Wir würden bey der großen Mannigfaltigkeit der
Gegenstände, bey dem ungeheurem Umfange des Ge-
biets der Wissenschaft, nicht im Stande seyn, mit der
gewöhnlichen Weise der Darstellung etwas Ganzes und
lebendig Anschauliches zu geben, wohl aber hoffen wir
von jenem Gesichtspunkt aus, den wir gleich Anfangs
bezeichneten, diesen Bemühungen einigen Zusammenhalt
und festen Mittelpunkt zu geben. Eben jene oft
versäumten Thatsachen des Wunderglaubens, und was
ihnen gleicht, (denn wenn man einmal einige Thatsa-
chen hieher rechnet, möge man auch erlauben daß wir
alle andre ihnen nahe verwandte mit ihnen zusammen-
stellen) werden uns jenen lichten Punkt gewähren.

So, um wieder mit der erhabensten Naturwissen-
schaft zu beginnen, lassen es in der Astronomie das
Gesetz der Schwere, und zum Theil selbst die Keple-
rischen Gesetze, wenn man bey der gewöhnlichen Er-
klärung derselben stehen bleibt, noch unentschieden,
ob das System der Weltkörper ein nach nothwendigen
Gesetz verbundenes Ganze bildet, wo ein Glied das
andre voraussetzt, oder ob blos die Anziehung der Ma-
terie, die durch höheren Zufall einzeln entstandenen
Massen, mechanisch zusammenhält. Unmittelbar aus

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Unterſuchung uͤber die Beſtimmung des Menſchen und
uͤber die Bedeutung einiger ſeiner Anlagen, uͤber ſeine
Vergangenheit und Zukunft, ſich ſchuͤchtern, in dem
Bewußtſeyn ihrer Mangelhaftigkeit, dieſem anſchließen.

Wir wuͤrden bey der großen Mannigfaltigkeit der
Gegenſtaͤnde, bey dem ungeheurem Umfange des Ge-
biets der Wiſſenſchaft, nicht im Stande ſeyn, mit der
gewoͤhnlichen Weiſe der Darſtellung etwas Ganzes und
lebendig Anſchauliches zu geben, wohl aber hoffen wir
von jenem Geſichtspunkt aus, den wir gleich Anfangs
bezeichneten, dieſen Bemuͤhungen einigen Zuſammenhalt
und feſten Mittelpunkt zu geben. Eben jene oft
verſaͤumten Thatſachen des Wunderglaubens, und was
ihnen gleicht, (denn wenn man einmal einige Thatſa-
chen hieher rechnet, moͤge man auch erlauben daß wir
alle andre ihnen nahe verwandte mit ihnen zuſammen-
ſtellen) werden uns jenen lichten Punkt gewaͤhren.

So, um wieder mit der erhabenſten Naturwiſſen-
ſchaft zu beginnen, laſſen es in der Aſtronomie das
Geſetz der Schwere, und zum Theil ſelbſt die Keple-
riſchen Geſetze, wenn man bey der gewoͤhnlichen Er-
klaͤrung derſelben ſtehen bleibt, noch unentſchieden,
ob das Syſtem der Weltkoͤrper ein nach nothwendigen
Geſetz verbundenes Ganze bildet, wo ein Glied das
andre vorausſetzt, oder ob blos die Anziehung der Ma-
terie, die durch hoͤheren Zufall einzeln entſtandenen
Maſſen, mechaniſch zuſammenhaͤlt. Unmittelbar aus

B 2
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[19/0033] Unterſuchung uͤber die Beſtimmung des Menſchen und uͤber die Bedeutung einiger ſeiner Anlagen, uͤber ſeine Vergangenheit und Zukunft, ſich ſchuͤchtern, in dem Bewußtſeyn ihrer Mangelhaftigkeit, dieſem anſchließen. Wir wuͤrden bey der großen Mannigfaltigkeit der Gegenſtaͤnde, bey dem ungeheurem Umfange des Ge- biets der Wiſſenſchaft, nicht im Stande ſeyn, mit der gewoͤhnlichen Weiſe der Darſtellung etwas Ganzes und lebendig Anſchauliches zu geben, wohl aber hoffen wir von jenem Geſichtspunkt aus, den wir gleich Anfangs bezeichneten, dieſen Bemuͤhungen einigen Zuſammenhalt und feſten Mittelpunkt zu geben. Eben jene oft verſaͤumten Thatſachen des Wunderglaubens, und was ihnen gleicht, (denn wenn man einmal einige Thatſa- chen hieher rechnet, moͤge man auch erlauben daß wir alle andre ihnen nahe verwandte mit ihnen zuſammen- ſtellen) werden uns jenen lichten Punkt gewaͤhren. So, um wieder mit der erhabenſten Naturwiſſen- ſchaft zu beginnen, laſſen es in der Aſtronomie das Geſetz der Schwere, und zum Theil ſelbſt die Keple- riſchen Geſetze, wenn man bey der gewoͤhnlichen Er- klaͤrung derſelben ſtehen bleibt, noch unentſchieden, ob das Syſtem der Weltkoͤrper ein nach nothwendigen Geſetz verbundenes Ganze bildet, wo ein Glied das andre vorausſetzt, oder ob blos die Anziehung der Ma- terie, die durch hoͤheren Zufall einzeln entſtandenen Maſſen, mechaniſch zuſammenhaͤlt. Unmittelbar aus B 2

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Zitationshilfe: Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/33>, abgerufen am 28.03.2024.