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Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808.

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Vielartiger und mächtiger, bey einem schon freyer
und größer gewordnen Spielraum, erhebt sich jetzt die
anorgische Welt von neuem. An den Polen wie es
scheint, zuerst, weil auf eine Weise die wir noch jetzt
bey Jupiter und Saturn finden, durch den täglichen
Umschwung die allgemeine Wassermasse nach dem
Aequator hin noch über den höchsten Gebirgen gestan-
den, während das Land der Pole schon frey aus der
Fluth hervortrat. Schon sehen wir den Geist der
Natur, durch zum Theil jetzt untergegangene Formen,
nach dem höchsten Punkt der irdischen Bildung einen
hohen Anlauf nehmen, und wo nicht schon der Mensch
selber, wie aus Verschiedenem nicht unwahrscheinlich
ist, aufgetreten war, so schien doch bis zu seinem
Erscheinen nur noch ein Schritt zu seyn. Da sinkt die
Welt noch einmal, wie von langer Anstrengung er-
müdet, in die Tiefe des mütterlichen Elements, und
die vielstrebenden Kräfte, umfängt noch einmal der
alte chaotische Schlummer. Bis endlich, gestärkt zu
dem letzten höchsten Werk, die wieder erwachende
Natur den Menschen, und das Angesicht der jetzigen
organischen Welt erzeugt. Von dieser, von dem Rei-
che der Pflanzen, seinen mannigfaltigen Gestalten und
Gesetz der Bildungen, hierauf von der Thierwelt und
dem Gesetz ihrer Entwicklung von dem Wurm bis hin-
auf zum Menschen, wird ein großer Theil dieser Vor-
lesungen handeln. Endlich, wenn in einigen Zügen
die allgemeine Geschichte des Lebens, so weit sie uns
klar zu werden vermag, vorübergeführt ist, wird die

Vielartiger und maͤchtiger, bey einem ſchon freyer
und groͤßer gewordnen Spielraum, erhebt ſich jetzt die
anorgiſche Welt von neuem. An den Polen wie es
ſcheint, zuerſt, weil auf eine Weiſe die wir noch jetzt
bey Jupiter und Saturn finden, durch den taͤglichen
Umſchwung die allgemeine Waſſermaſſe nach dem
Aequator hin noch uͤber den hoͤchſten Gebirgen geſtan-
den, waͤhrend das Land der Pole ſchon frey aus der
Fluth hervortrat. Schon ſehen wir den Geiſt der
Natur, durch zum Theil jetzt untergegangene Formen,
nach dem hoͤchſten Punkt der irdiſchen Bildung einen
hohen Anlauf nehmen, und wo nicht ſchon der Menſch
ſelber, wie aus Verſchiedenem nicht unwahrſcheinlich
iſt, aufgetreten war, ſo ſchien doch bis zu ſeinem
Erſcheinen nur noch ein Schritt zu ſeyn. Da ſinkt die
Welt noch einmal, wie von langer Anſtrengung er-
muͤdet, in die Tiefe des muͤtterlichen Elements, und
die vielſtrebenden Kraͤfte, umfaͤngt noch einmal der
alte chaotiſche Schlummer. Bis endlich, geſtaͤrkt zu
dem letzten hoͤchſten Werk, die wieder erwachende
Natur den Menſchen, und das Angeſicht der jetzigen
organiſchen Welt erzeugt. Von dieſer, von dem Rei-
che der Pflanzen, ſeinen mannigfaltigen Geſtalten und
Geſetz der Bildungen, hierauf von der Thierwelt und
dem Geſetz ihrer Entwicklung von dem Wurm bis hin-
auf zum Menſchen, wird ein großer Theil dieſer Vor-
leſungen handeln. Endlich, wenn in einigen Zuͤgen
die allgemeine Geſchichte des Lebens, ſo weit ſie uns
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[18/0032] Vielartiger und maͤchtiger, bey einem ſchon freyer und groͤßer gewordnen Spielraum, erhebt ſich jetzt die anorgiſche Welt von neuem. An den Polen wie es ſcheint, zuerſt, weil auf eine Weiſe die wir noch jetzt bey Jupiter und Saturn finden, durch den taͤglichen Umſchwung die allgemeine Waſſermaſſe nach dem Aequator hin noch uͤber den hoͤchſten Gebirgen geſtan- den, waͤhrend das Land der Pole ſchon frey aus der Fluth hervortrat. Schon ſehen wir den Geiſt der Natur, durch zum Theil jetzt untergegangene Formen, nach dem hoͤchſten Punkt der irdiſchen Bildung einen hohen Anlauf nehmen, und wo nicht ſchon der Menſch ſelber, wie aus Verſchiedenem nicht unwahrſcheinlich iſt, aufgetreten war, ſo ſchien doch bis zu ſeinem Erſcheinen nur noch ein Schritt zu ſeyn. Da ſinkt die Welt noch einmal, wie von langer Anſtrengung er- muͤdet, in die Tiefe des muͤtterlichen Elements, und die vielſtrebenden Kraͤfte, umfaͤngt noch einmal der alte chaotiſche Schlummer. Bis endlich, geſtaͤrkt zu dem letzten hoͤchſten Werk, die wieder erwachende Natur den Menſchen, und das Angeſicht der jetzigen organiſchen Welt erzeugt. Von dieſer, von dem Rei- che der Pflanzen, ſeinen mannigfaltigen Geſtalten und Geſetz der Bildungen, hierauf von der Thierwelt und dem Geſetz ihrer Entwicklung von dem Wurm bis hin- auf zum Menſchen, wird ein großer Theil dieſer Vor- leſungen handeln. Endlich, wenn in einigen Zuͤgen die allgemeine Geſchichte des Lebens, ſo weit ſie uns klar zu werden vermag, voruͤbergefuͤhrt iſt, wird die

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Zitationshilfe: Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/32>, abgerufen am 27.11.2024.