Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

Geschichte jener dunklen Zeit, die Chemie als Lehrerin
und Führerin auf, und wenn wir ihr Gebiet, wie es
seit den letzten Jahren sich ungemein bedeutend erwei-
tert darstellt, überblicken, bringt es der Standpunkt,
welcher hierzu nöthig ist, von selber mit sich, von dem
Gesetz der Bildung und der Gestalten einige Züge zu
entwerfen.

Wir sehen uns von neuem auf dem mütterlichen
Planeten. Die Gewässer haben unter dem Einfluß
der Zeiten sich vermindert, und schon bewegt das erste
Vorbild unsrer jetzigen Atmosphäre seine mütterliche
Schwinge. Siehe da regt sich das Gewässer von tau-
send Lebendigen, deren wunderbare Formen jetzt nicht
mehr auf Erden gesehen werden, und in denen die Na-
tur, an der Gränze zwischen Thier- und Pflanzenwelt,
unentschieden zwischen zweyen Richtungen schwebt.
Jene Gestalten und den Boden welcher sie gezeugt,
begräbt ein neuer Kampf der Elemente, und unver-
ständlich, mit wunderbaren Zügen, spricht der Geist
einer grauen Vergangenheit nur noch aus seinen Fel-
senhöhlen herauf. Das friedliche Leben, das schon
einheimisch auf der Erde gewesen, scheint von neuem
von dem Streben der todten Masse verdrängt. Da
wächst, eben durch die Zunahme der tiefen Empfäng-
lichkeit, die Macht des Lichts, und in einem neuen
Kreißlauf der entgegengesetzten Kräfte, wird das Anor-
gische zum zweytenmal besiegt.


B

Geſchichte jener dunklen Zeit, die Chemie als Lehrerin
und Fuͤhrerin auf, und wenn wir ihr Gebiet, wie es
ſeit den letzten Jahren ſich ungemein bedeutend erwei-
tert darſtellt, uͤberblicken, bringt es der Standpunkt,
welcher hierzu noͤthig iſt, von ſelber mit ſich, von dem
Geſetz der Bildung und der Geſtalten einige Zuͤge zu
entwerfen.

Wir ſehen uns von neuem auf dem muͤtterlichen
Planeten. Die Gewaͤſſer haben unter dem Einfluß
der Zeiten ſich vermindert, und ſchon bewegt das erſte
Vorbild unſrer jetzigen Atmosphaͤre ſeine muͤtterliche
Schwinge. Siehe da regt ſich das Gewaͤſſer von tau-
ſend Lebendigen, deren wunderbare Formen jetzt nicht
mehr auf Erden geſehen werden, und in denen die Na-
tur, an der Graͤnze zwiſchen Thier- und Pflanzenwelt,
unentſchieden zwiſchen zweyen Richtungen ſchwebt.
Jene Geſtalten und den Boden welcher ſie gezeugt,
begraͤbt ein neuer Kampf der Elemente, und unver-
ſtaͤndlich, mit wunderbaren Zuͤgen, ſpricht der Geiſt
einer grauen Vergangenheit nur noch aus ſeinen Fel-
ſenhoͤhlen herauf. Das friedliche Leben, das ſchon
einheimiſch auf der Erde geweſen, ſcheint von neuem
von dem Streben der todten Maſſe verdraͤngt. Da
waͤchſt, eben durch die Zunahme der tiefen Empfaͤng-
lichkeit, die Macht des Lichts, und in einem neuen
Kreißlauf der entgegengeſetzten Kraͤfte, wird das Anor-
giſche zum zweytenmal beſiegt.


B
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0031" n="17"/>
Ge&#x017F;chichte jener dunklen Zeit, die Chemie als Lehrerin<lb/>
und Fu&#x0364;hrerin auf, und wenn wir ihr Gebiet, wie es<lb/>
&#x017F;eit den letzten Jahren &#x017F;ich ungemein bedeutend erwei-<lb/>
tert dar&#x017F;tellt, u&#x0364;berblicken, bringt es der Standpunkt,<lb/>
welcher hierzu no&#x0364;thig i&#x017F;t, von &#x017F;elber mit &#x017F;ich, von dem<lb/>
Ge&#x017F;etz der Bildung und der Ge&#x017F;talten einige Zu&#x0364;ge zu<lb/>
entwerfen.</p><lb/>
        <p>Wir &#x017F;ehen uns von neuem auf dem mu&#x0364;tterlichen<lb/>
Planeten. Die Gewa&#x0364;&#x017F;&#x017F;er haben unter dem Einfluß<lb/>
der Zeiten &#x017F;ich vermindert, und &#x017F;chon bewegt das er&#x017F;te<lb/>
Vorbild un&#x017F;rer jetzigen Atmospha&#x0364;re &#x017F;eine mu&#x0364;tterliche<lb/>
Schwinge. Siehe da regt &#x017F;ich das Gewa&#x0364;&#x017F;&#x017F;er von tau-<lb/>
&#x017F;end Lebendigen, deren wunderbare Formen jetzt nicht<lb/>
mehr auf Erden ge&#x017F;ehen werden, und in denen die Na-<lb/>
tur, an der Gra&#x0364;nze zwi&#x017F;chen Thier- und Pflanzenwelt,<lb/>
unent&#x017F;chieden zwi&#x017F;chen zweyen Richtungen &#x017F;chwebt.<lb/>
Jene Ge&#x017F;talten und den Boden welcher &#x017F;ie gezeugt,<lb/>
begra&#x0364;bt ein neuer Kampf der Elemente, und unver-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;ndlich, mit wunderbaren Zu&#x0364;gen, &#x017F;pricht der Gei&#x017F;t<lb/>
einer grauen Vergangenheit nur noch aus &#x017F;einen Fel-<lb/>
&#x017F;enho&#x0364;hlen herauf. Das friedliche Leben, das &#x017F;chon<lb/>
einheimi&#x017F;ch auf der Erde gewe&#x017F;en, &#x017F;cheint von neuem<lb/>
von dem Streben der todten Ma&#x017F;&#x017F;e verdra&#x0364;ngt. Da<lb/>
wa&#x0364;ch&#x017F;t, eben durch die Zunahme der tiefen Empfa&#x0364;ng-<lb/>
lichkeit, die Macht des Lichts, und in einem neuen<lb/>
Kreißlauf der entgegenge&#x017F;etzten Kra&#x0364;fte, wird das Anor-<lb/>
gi&#x017F;che zum zweytenmal be&#x017F;iegt.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">B</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[17/0031] Geſchichte jener dunklen Zeit, die Chemie als Lehrerin und Fuͤhrerin auf, und wenn wir ihr Gebiet, wie es ſeit den letzten Jahren ſich ungemein bedeutend erwei- tert darſtellt, uͤberblicken, bringt es der Standpunkt, welcher hierzu noͤthig iſt, von ſelber mit ſich, von dem Geſetz der Bildung und der Geſtalten einige Zuͤge zu entwerfen. Wir ſehen uns von neuem auf dem muͤtterlichen Planeten. Die Gewaͤſſer haben unter dem Einfluß der Zeiten ſich vermindert, und ſchon bewegt das erſte Vorbild unſrer jetzigen Atmosphaͤre ſeine muͤtterliche Schwinge. Siehe da regt ſich das Gewaͤſſer von tau- ſend Lebendigen, deren wunderbare Formen jetzt nicht mehr auf Erden geſehen werden, und in denen die Na- tur, an der Graͤnze zwiſchen Thier- und Pflanzenwelt, unentſchieden zwiſchen zweyen Richtungen ſchwebt. Jene Geſtalten und den Boden welcher ſie gezeugt, begraͤbt ein neuer Kampf der Elemente, und unver- ſtaͤndlich, mit wunderbaren Zuͤgen, ſpricht der Geiſt einer grauen Vergangenheit nur noch aus ſeinen Fel- ſenhoͤhlen herauf. Das friedliche Leben, das ſchon einheimiſch auf der Erde geweſen, ſcheint von neuem von dem Streben der todten Maſſe verdraͤngt. Da waͤchſt, eben durch die Zunahme der tiefen Empfaͤng- lichkeit, die Macht des Lichts, und in einem neuen Kreißlauf der entgegengeſetzten Kraͤfte, wird das Anor- giſche zum zweytenmal beſiegt. B

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/31
Zitationshilfe: Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/31>, abgerufen am 24.11.2024.