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Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808.

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Umriß des Porphyrgebirges, tritt nun das Kalkge-
birge auf.

In weißen Felsen, welche, meist an der Seeküste
gelegen, dem Schiffer wie ferne Schneeberge erschei-
nen; über das tiefe Grün der nordischen Eichenwälder
einsam hervorragend, öfters mit schroff abgeschnittnen
aber in längeren Zuge zusammenhängenden Wänden, er-
scheint das noch jüngere Kreidegebirge, wie hohe Gra-
bessteine einer untergegangenen Riesenwelt, und über
ihm die Gräber der Hünen. Ein Naturmahler unsrer
Zeit, dessen Gemüth mit dem innersten Sinn der Na-
tur tief vertraut scheint, hat in einigen seiner Ge-
mählde, welche meinen Zuhörern hinlänglich bekannt
sind, den Charakter der Kreidegebirge so meisterhaft
dargestellt, daß ich mich hierin blos auf ihn berufen
darf.*)

Endlich, nachdem in einigen andern Gebirgen,
unter andern im Gipsgebirge, der eigenthümliche Cha-
rakter schwächer geworden, und diese den kräftigeren
Bildungen der übrigen Gebirge gleichsam nachahmend,
diesen nur untergeordnet erscheinen, zeigt sich wieder
in den Trappgebirgen der Flözzeit, ein so deutlicher
und bestimmter Charakter als nur sonst irgendwo. Wer
kennt nicht die ausgezeichneten Kegelgebirge des Ba-
salts, welche unter andern durch einen Theil von Böh-

*) Der Landschaftsmahler Friedrich zu Dresden.

Umriß des Porphyrgebirges, tritt nun das Kalkge-
birge auf.

In weißen Felſen, welche, meiſt an der Seekuͤſte
gelegen, dem Schiffer wie ferne Schneeberge erſchei-
nen; uͤber das tiefe Gruͤn der nordiſchen Eichenwaͤlder
einſam hervorragend, oͤfters mit ſchroff abgeſchnittnen
aber in laͤngeren Zuge zuſammenhaͤngenden Waͤnden, er-
ſcheint das noch juͤngere Kreidegebirge, wie hohe Gra-
besſteine einer untergegangenen Rieſenwelt, und uͤber
ihm die Graͤber der Huͤnen. Ein Naturmahler unſrer
Zeit, deſſen Gemuͤth mit dem innerſten Sinn der Na-
tur tief vertraut ſcheint, hat in einigen ſeiner Ge-
maͤhlde, welche meinen Zuhoͤrern hinlaͤnglich bekannt
ſind, den Charakter der Kreidegebirge ſo meiſterhaft
dargeſtellt, daß ich mich hierin blos auf ihn berufen
darf.*)

Endlich, nachdem in einigen andern Gebirgen,
unter andern im Gipsgebirge, der eigenthuͤmliche Cha-
rakter ſchwaͤcher geworden, und dieſe den kraͤftigeren
Bildungen der uͤbrigen Gebirge gleichſam nachahmend,
dieſen nur untergeordnet erſcheinen, zeigt ſich wieder
in den Trappgebirgen der Floͤzzeit, ein ſo deutlicher
und beſtimmter Charakter als nur ſonſt irgendwo. Wer
kennt nicht die ausgezeichneten Kegelgebirge des Ba-
ſalts, welche unter andern durch einen Theil von Boͤh-

*) Der Landſchaftsmahler Friedrich zu Dresden.
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[196/0210] Umriß des Porphyrgebirges, tritt nun das Kalkge- birge auf. In weißen Felſen, welche, meiſt an der Seekuͤſte gelegen, dem Schiffer wie ferne Schneeberge erſchei- nen; uͤber das tiefe Gruͤn der nordiſchen Eichenwaͤlder einſam hervorragend, oͤfters mit ſchroff abgeſchnittnen aber in laͤngeren Zuge zuſammenhaͤngenden Waͤnden, er- ſcheint das noch juͤngere Kreidegebirge, wie hohe Gra- besſteine einer untergegangenen Rieſenwelt, und uͤber ihm die Graͤber der Huͤnen. Ein Naturmahler unſrer Zeit, deſſen Gemuͤth mit dem innerſten Sinn der Na- tur tief vertraut ſcheint, hat in einigen ſeiner Ge- maͤhlde, welche meinen Zuhoͤrern hinlaͤnglich bekannt ſind, den Charakter der Kreidegebirge ſo meiſterhaft dargeſtellt, daß ich mich hierin blos auf ihn berufen darf. *) Endlich, nachdem in einigen andern Gebirgen, unter andern im Gipsgebirge, der eigenthuͤmliche Cha- rakter ſchwaͤcher geworden, und dieſe den kraͤftigeren Bildungen der uͤbrigen Gebirge gleichſam nachahmend, dieſen nur untergeordnet erſcheinen, zeigt ſich wieder in den Trappgebirgen der Floͤzzeit, ein ſo deutlicher und beſtimmter Charakter als nur ſonſt irgendwo. Wer kennt nicht die ausgezeichneten Kegelgebirge des Ba- ſalts, welche unter andern durch einen Theil von Boͤh- *) Der Landſchaftsmahler Friedrich zu Dresden.

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Zitationshilfe: Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/210>, abgerufen am 27.04.2024.