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Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808.

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chen und nördlichen Afrikas gefunden. Zuweilen in
ungeheurer Menge, selten oder nie einzeln, wie vom
Zufall dahin geführt, und stets in eine harte Stein-
masse, welche der Schlamm des ehemaligen Gewässers
gewesen, festgekittet. Wie jene Thiere oder Thierpflan-
zen, welche noch zu unsrer Zeit jenen jetzt untergegan-
genen Wesen entsprechen, sich in großer Menge und in
ganzen Kolonien an Einem Ort versammlet finden, so
scheint auch jenes sonderbare Geschlecht der unterge-
gangenen Vorwelt, in ganzen Schaaren den gewe-
senen Meeresgrund bedeckt zu haben. Am ausgezeich-
netsten sieht man dieses in dem bekannten Thale des
Trento, das von mächtigen Kalkgebirgen gebildet wird.
Es liegen daselbst wie von der Hand eines künstlerischen
Riesen geordnet an der Oberfläche des ganzen Grundes,
und an der Seite der kahlen Gebirge hinauf, Tausende
von Ammonsmuscheln, von einer Riesengröße, zum Theil
wie in Reihen oder Strahlenweis, kleinere um die
Großen versammlet. Diese ungeheure Täfeley reicht
bis 500 Fuß hoch an den Abhang der Berge hinan,
wo in einer wilden Unordnung, wie nahe am Stran-
de, wo die Bewegung der an der Küste anbrandenden
Wellen, die ruhige Anhäufung an dem Boden hindert,
eine Menge Muscheln und Pflanzenthiere von jetzt un-
tergegangnen Geschlechtern gefunden werden. Endlich
verräth an dem Gipfel der Gebirge, ein in ruhiger Ord-
nung liegendes Heer von Lenticuliten, daß auch hier
in noch früheren Zeiten ruhiger Meeresgrund ge-
wesen.


chen und noͤrdlichen Afrikas gefunden. Zuweilen in
ungeheurer Menge, ſelten oder nie einzeln, wie vom
Zufall dahin gefuͤhrt, und ſtets in eine harte Stein-
maſſe, welche der Schlamm des ehemaligen Gewaͤſſers
geweſen, feſtgekittet. Wie jene Thiere oder Thierpflan-
zen, welche noch zu unſrer Zeit jenen jetzt untergegan-
genen Weſen entſprechen, ſich in großer Menge und in
ganzen Kolonien an Einem Ort verſammlet finden, ſo
ſcheint auch jenes ſonderbare Geſchlecht der unterge-
gangenen Vorwelt, in ganzen Schaaren den gewe-
ſenen Meeresgrund bedeckt zu haben. Am ausgezeich-
netſten ſieht man dieſes in dem bekannten Thale des
Trento, das von maͤchtigen Kalkgebirgen gebildet wird.
Es liegen daſelbſt wie von der Hand eines kuͤnſtleriſchen
Rieſen geordnet an der Oberflaͤche des ganzen Grundes,
und an der Seite der kahlen Gebirge hinauf, Tauſende
von Ammonsmuſcheln, von einer Rieſengroͤße, zum Theil
wie in Reihen oder Strahlenweis, kleinere um die
Großen verſammlet. Dieſe ungeheure Taͤfeley reicht
bis 500 Fuß hoch an den Abhang der Berge hinan,
wo in einer wilden Unordnung, wie nahe am Stran-
de, wo die Bewegung der an der Kuͤſte anbrandenden
Wellen, die ruhige Anhaͤufung an dem Boden hindert,
eine Menge Muſcheln und Pflanzenthiere von jetzt un-
tergegangnen Geſchlechtern gefunden werden. Endlich
verraͤth an dem Gipfel der Gebirge, ein in ruhiger Ord-
nung liegendes Heer von Lenticuliten, daß auch hier
in noch fruͤheren Zeiten ruhiger Meeresgrund ge-
weſen.


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[181/0195] chen und noͤrdlichen Afrikas gefunden. Zuweilen in ungeheurer Menge, ſelten oder nie einzeln, wie vom Zufall dahin gefuͤhrt, und ſtets in eine harte Stein- maſſe, welche der Schlamm des ehemaligen Gewaͤſſers geweſen, feſtgekittet. Wie jene Thiere oder Thierpflan- zen, welche noch zu unſrer Zeit jenen jetzt untergegan- genen Weſen entſprechen, ſich in großer Menge und in ganzen Kolonien an Einem Ort verſammlet finden, ſo ſcheint auch jenes ſonderbare Geſchlecht der unterge- gangenen Vorwelt, in ganzen Schaaren den gewe- ſenen Meeresgrund bedeckt zu haben. Am ausgezeich- netſten ſieht man dieſes in dem bekannten Thale des Trento, das von maͤchtigen Kalkgebirgen gebildet wird. Es liegen daſelbſt wie von der Hand eines kuͤnſtleriſchen Rieſen geordnet an der Oberflaͤche des ganzen Grundes, und an der Seite der kahlen Gebirge hinauf, Tauſende von Ammonsmuſcheln, von einer Rieſengroͤße, zum Theil wie in Reihen oder Strahlenweis, kleinere um die Großen verſammlet. Dieſe ungeheure Taͤfeley reicht bis 500 Fuß hoch an den Abhang der Berge hinan, wo in einer wilden Unordnung, wie nahe am Stran- de, wo die Bewegung der an der Kuͤſte anbrandenden Wellen, die ruhige Anhaͤufung an dem Boden hindert, eine Menge Muſcheln und Pflanzenthiere von jetzt un- tergegangnen Geſchlechtern gefunden werden. Endlich verraͤth an dem Gipfel der Gebirge, ein in ruhiger Ord- nung liegendes Heer von Lenticuliten, daß auch hier in noch fruͤheren Zeiten ruhiger Meeresgrund ge- weſen.

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Zitationshilfe: Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/195>, abgerufen am 30.04.2024.