Von andern Bergen, welche oft viel niedriger sind als die vorhin erwähnten, hat die Fluth, wel- che nach verschiedenen Richtungen hin einen lebhafte- ren Zug genommen, die ehemaligen Meeresproduckte hinweggerissen, und diese, von den Fluthen selbst der jüngern Gebirgsarten, welche sonst von allgemeiner Verbreitung, auch über ihnen sich absetzen mußten ent- blöst, bieten wie nackte Geschiebe, welche öfters in Flüssen und Bächen unmittelbar neben kleinen Anhäu- fungen und Inseln von Schlamm, und niedriger als diese gefunden werden, dem Auge den unmittelbaren Anblick der Urgebirge dar. Wir haben ein Beyspiel davon ganz in der Nachbarschaft dieser Stadt, wo das älteste Urgebirge, der Granit, in niedrigen Berg- kuppen hervortritt.
Wie aber noch jetzt die Thiere, welche in unsern Meeren jenen erwähnten Ueberresten der ehemaligen Thierwelt entsprechen, gewöhnlich nur an dem tiefsten Grund des Meers gefunden werden, so ist es wahr- scheinlich, daß jene Gebirgsgipfel, die von solchen Meer- thieren bedeckt sind, vorhin an dem tiefsten Grund des ehemaligen ungeheuren Meeres gelegen waren. -- So ist da ehedem tiefes Weltmeer gewesen, wo jetzt in ungeheurer Höhe über dem Meere Wälder stehen, oder die hohen Felsenscheitel ein ewiger Schnee bedeckt.
Wenn jenes ehemalige Meer, wie hernach gezeigt werden wird, von dem jetzigen an Gehalt ungemein
Von andern Bergen, welche oft viel niedriger ſind als die vorhin erwaͤhnten, hat die Fluth, wel- che nach verſchiedenen Richtungen hin einen lebhafte- ren Zug genommen, die ehemaligen Meeresproduckte hinweggeriſſen, und dieſe, von den Fluthen ſelbſt der juͤngern Gebirgsarten, welche ſonſt von allgemeiner Verbreitung, auch uͤber ihnen ſich abſetzen mußten ent- bloͤſt, bieten wie nackte Geſchiebe, welche oͤfters in Fluͤſſen und Baͤchen unmittelbar neben kleinen Anhaͤu- fungen und Inſeln von Schlamm, und niedriger als dieſe gefunden werden, dem Auge den unmittelbaren Anblick der Urgebirge dar. Wir haben ein Beyſpiel davon ganz in der Nachbarſchaft dieſer Stadt, wo das aͤlteſte Urgebirge, der Granit, in niedrigen Berg- kuppen hervortritt.
Wie aber noch jetzt die Thiere, welche in unſern Meeren jenen erwaͤhnten Ueberreſten der ehemaligen Thierwelt entſprechen, gewoͤhnlich nur an dem tiefſten Grund des Meers gefunden werden, ſo iſt es wahr- ſcheinlich, daß jene Gebirgsgipfel, die von ſolchen Meer- thieren bedeckt ſind, vorhin an dem tiefſten Grund des ehemaligen ungeheuren Meeres gelegen waren. — So iſt da ehedem tiefes Weltmeer geweſen, wo jetzt in ungeheurer Hoͤhe uͤber dem Meere Waͤlder ſtehen, oder die hohen Felſenſcheitel ein ewiger Schnee bedeckt.
Wenn jenes ehemalige Meer, wie hernach gezeigt werden wird, von dem jetzigen an Gehalt ungemein
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Von andern Bergen, welche oft viel niedriger
ſind als die vorhin erwaͤhnten, hat die Fluth, wel-
che nach verſchiedenen Richtungen hin einen lebhafte-
ren Zug genommen, die ehemaligen Meeresproduckte
hinweggeriſſen, und dieſe, von den Fluthen ſelbſt der
juͤngern Gebirgsarten, welche ſonſt von allgemeiner
Verbreitung, auch uͤber ihnen ſich abſetzen mußten ent-
bloͤſt, bieten wie nackte Geſchiebe, welche oͤfters in
Fluͤſſen und Baͤchen unmittelbar neben kleinen Anhaͤu-
fungen und Inſeln von Schlamm, und niedriger als
dieſe gefunden werden, dem Auge den unmittelbaren
Anblick der Urgebirge dar. Wir haben ein Beyſpiel
davon ganz in der Nachbarſchaft dieſer Stadt, wo
das aͤlteſte Urgebirge, der Granit, in niedrigen Berg-
kuppen hervortritt.
Wie aber noch jetzt die Thiere, welche in unſern
Meeren jenen erwaͤhnten Ueberreſten der ehemaligen
Thierwelt entſprechen, gewoͤhnlich nur an dem tiefſten
Grund des Meers gefunden werden, ſo iſt es wahr-
ſcheinlich, daß jene Gebirgsgipfel, die von ſolchen Meer-
thieren bedeckt ſind, vorhin an dem tiefſten Grund des
ehemaligen ungeheuren Meeres gelegen waren. — So
iſt da ehedem tiefes Weltmeer geweſen, wo jetzt in
ungeheurer Hoͤhe uͤber dem Meere Waͤlder ſtehen, oder
die hohen Felſenſcheitel ein ewiger Schnee bedeckt.
Wenn jenes ehemalige Meer, wie hernach gezeigt
werden wird, von dem jetzigen an Gehalt ungemein
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Schubert, Gotthilf Heinrich: Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden, 1808, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_naturwissenschaft_1808/196>, abgerufen am 24.11.2024.
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