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Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 3, Abt. 1. Leipzig, 1895.

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Zwölfte Vorlesung.
dürfen für eine so viel allgemeinere Disziplin, wie die unsrige, unbedingt
verbindlich zu bleiben. Eine solche Disziplin, die einer weiter tragenden
Symbolik und ausdrucksvollerer Bezeichnungen bedarf, muss auch ihrerseits
berechtigt bleiben sich diese nach ihren eignen höheren Gesichtspunkten
selbständig zu gestalten.

Als ein höchst bemerkenswerter wird noch in unsrer Disziplin der
Satz zu konstatiren sein: Jede Substitution ist zugleich die identische
Summe der elementefremden Cyklen
, aus denen sie "besteht", und das
relative Produkt der diesen zugehörigen Zirkularsubstitutionen
.

Behufs Erläuterung müssen wir etwas weiter ausholen und zu-
nächst den Begriff des "Cyklus" für unsre Disziplin allgemein festlegen.

Unter einem "Cyklus der ersten Ordnung" verstehen wir ein Relativ
der Form A : A, mithin weiter nichts, als wie: ein individuelles Selbst-
relativ. (Für "Ordnung" darf man hiernächst auch "Grad" sagen.)

Ein "Cyklus der zweiten Ordnung" oder eine "nackte Transposition"
wurde schon S. 137 als ein Relativ der Form A : B + B : A erklärt.

Unter einem "Cyklus der dritten Ordnung" versteht man ein Relativ
der Form A : B + B : C + C : A.

Und so weiter. "Cyklus" überhaupt soll ein Relativ, mithin eine
Summe von Elementepaaren genannt werden, in welche nur je einmal
als Relat und je einmal als Korrelat die Elemente eines ganz bestimmten
Systems
so eingehen, dass das Gleiche (ebendies, was der kursive Druck
hervorhob) nicht schon mit einem echten Teilsystem des genannten der
Fall ist. Dies muss noch näher erläutert werden.

Die Mathematik hat bislang den Cyklusbegriff überhaupt nur erklärt
für ein "endliches" System von Elementen. Derselbe wird hier erstmals so
gefasst, dass er auch auf unbegrenzte Elementereihen, auf unendliche Systeme,
anwendbar wird. Die Definition fiel etwas schwülstig aus. Um das zu
vermeiden, muss man propädeutisch erst einen allgemeinern Begriff definiren,
für den zwar ein vom Cyklusbegriffe unabhängiger Name fehlt, nämlich den
Begriff der "Cyklensumme". (Diese wird ja, als eine eventuell eingliedrige,
auch den Cyklus selbst unter sich begreifen.) Man kann indess von der
Zusammensetzungsweise dieses Namens für den Augenblick absehen und
wolle denselben zunächst lediglich als ein Ganzes, als einen Hülfsnamen
gelten lassen.

"Cyklensumme" (Cyklenaggregat oder -komplex) nennen wir eine Summe
von Elementepaaren in denen jedes
"konstitutive" -- d. i. jedes darin vor-
kommende
-- Element gerade einmal als Relat und einmal als Korrelat
auftritt.

Darnach wird also jede Substitution eine "Cyklensumme" sein, und
zwar eine solche,
welche mit allen Elementen des Denkbereiches gebildet ist.
Aber nur mit letzterm Zusatze gilt auch das Umgekehrte: Eine aus allen
Elementen von 12 gebildete "Cyklensumme" ist eine Substitution. Der Be-

Zwölfte Vorlesung.
dürfen für eine so viel allgemeinere Disziplin, wie die unsrige, unbedingt
verbindlich zu bleiben. Eine solche Disziplin, die einer weiter tragenden
Symbolik und ausdrucksvollerer Bezeichnungen bedarf, muss auch ihrerseits
berechtigt bleiben sich diese nach ihren eignen höheren Gesichtspunkten
selbständig zu gestalten.

Als ein höchst bemerkenswerter wird noch in unsrer Disziplin der
Satz zu konstatiren sein: Jede Substitution ist zugleich die identische
Summe der elementefremden Cyklen
, aus denen siebesteht“, und das
relative Produkt der diesen zugehörigen Zirkularsubstitutionen
.

Behufs Erläuterung müssen wir etwas weiter ausholen und zu-
nächst den Begriff des „Cyklus“ für unsre Disziplin allgemein festlegen.

Unter einem „Cyklus der ersten Ordnung“ verstehen wir ein Relativ
der Form A : A, mithin weiter nichts, als wie: ein individuelles Selbst-
relativ. (Für „Ordnung“ darf man hiernächst auch „Grad“ sagen.)

Ein „Cyklus der zweiten Ordnung“ oder eine „nackte Transposition“
wurde schon S. 137 als ein Relativ der Form A : B + B : A erklärt.

Unter einem „Cyklus der dritten Ordnung“ versteht man ein Relativ
der Form A : B + B : C + C : A.

Und so weiter. „Cyklus“ überhaupt soll ein Relativ, mithin eine
Summe von Elementepaaren genannt werden, in welche nur je einmal
als Relat und je einmal als Korrelat die Elemente eines ganz bestimmten
Systems
so eingehen, dass das Gleiche (ebendies, was der kursive Druck
hervorhob) nicht schon mit einem echten Teilsystem des genannten der
Fall ist. Dies muss noch näher erläutert werden.

Die Mathematik hat bislang den Cyklusbegriff überhaupt nur erklärt
für ein „endliches“ System von Elementen. Derselbe wird hier erstmals so
gefasst, dass er auch auf unbegrenzte Elementereihen, auf unendliche Systeme,
anwendbar wird. Die Definition fiel etwas schwülstig aus. Um das zu
vermeiden, muss man propädeutisch erst einen allgemeinern Begriff definiren,
für den zwar ein vom Cyklusbegriffe unabhängiger Name fehlt, nämlich den
Begriff der „Cyklensumme“. (Diese wird ja, als eine eventuell eingliedrige,
auch den Cyklus selbst unter sich begreifen.) Man kann indess von der
Zusammensetzungsweise dieses Namens für den Augenblick absehen und
wolle denselben zunächst lediglich als ein Ganzes, als einen Hülfsnamen
gelten lassen.

Cyklensumme“ (Cyklenaggregat oder -komplex) nennen wir eine Summe
von Elementepaaren in denen jedes
konstitutive“ — d. i. jedes darin vor-
kommende
Element gerade einmal als Relat und einmal als Korrelat
auftritt.

Darnach wird also jede Substitution eine „Cyklensumme“ sein, und
zwar eine solche,
welche mit allen Elementen des Denkbereiches gebildet ist.
Aber nur mit letzterm Zusatze gilt auch das Umgekehrte: Eine aus allen
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[578/0592] Zwölfte Vorlesung. dürfen für eine so viel allgemeinere Disziplin, wie die unsrige, unbedingt verbindlich zu bleiben. Eine solche Disziplin, die einer weiter tragenden Symbolik und ausdrucksvollerer Bezeichnungen bedarf, muss auch ihrerseits berechtigt bleiben sich diese nach ihren eignen höheren Gesichtspunkten selbständig zu gestalten. Als ein höchst bemerkenswerter wird noch in unsrer Disziplin der Satz zu konstatiren sein: Jede Substitution ist zugleich die identische Summe der elementefremden Cyklen, aus denen sie „besteht“, und das relative Produkt der diesen zugehörigen Zirkularsubstitutionen. Behufs Erläuterung müssen wir etwas weiter ausholen und zu- nächst den Begriff des „Cyklus“ für unsre Disziplin allgemein festlegen. Unter einem „Cyklus der ersten Ordnung“ verstehen wir ein Relativ der Form A : A, mithin weiter nichts, als wie: ein individuelles Selbst- relativ. (Für „Ordnung“ darf man hiernächst auch „Grad“ sagen.) Ein „Cyklus der zweiten Ordnung“ oder eine „nackte Transposition“ wurde schon S. 137 als ein Relativ der Form A : B + B : A erklärt. Unter einem „Cyklus der dritten Ordnung“ versteht man ein Relativ der Form A : B + B : C + C : A. Und so weiter. „Cyklus“ überhaupt soll ein Relativ, mithin eine Summe von Elementepaaren genannt werden, in welche nur je einmal als Relat und je einmal als Korrelat die Elemente eines ganz bestimmten Systems so eingehen, dass das Gleiche (ebendies, was der kursive Druck hervorhob) nicht schon mit einem echten Teilsystem des genannten der Fall ist. Dies muss noch näher erläutert werden. Die Mathematik hat bislang den Cyklusbegriff überhaupt nur erklärt für ein „endliches“ System von Elementen. Derselbe wird hier erstmals so gefasst, dass er auch auf unbegrenzte Elementereihen, auf unendliche Systeme, anwendbar wird. Die Definition fiel etwas schwülstig aus. Um das zu vermeiden, muss man propädeutisch erst einen allgemeinern Begriff definiren, für den zwar ein vom Cyklusbegriffe unabhängiger Name fehlt, nämlich den Begriff der „Cyklensumme“. (Diese wird ja, als eine eventuell eingliedrige, auch den Cyklus selbst unter sich begreifen.) Man kann indess von der Zusammensetzungsweise dieses Namens für den Augenblick absehen und wolle denselben zunächst lediglich als ein Ganzes, als einen Hülfsnamen gelten lassen. „Cyklensumme“ (Cyklenaggregat oder -komplex) nennen wir eine Summe von Elementepaaren in denen jedes „konstitutive“ — d. i. jedes darin vor- kommende — Element gerade einmal als Relat und einmal als Korrelat auftritt. Darnach wird also jede Substitution eine „Cyklensumme“ sein, und zwar eine solche, welche mit allen Elementen des Denkbereiches gebildet ist. Aber nur mit letzterm Zusatze gilt auch das Umgekehrte: Eine aus allen Elementen von 12 gebildete „Cyklensumme“ ist eine Substitution. Der Be-

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Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 3, Abt. 1. Leipzig, 1895, S. 578. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik03_1895/592>, abgerufen am 23.11.2024.