Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 3, Abt. 1. Leipzig, 1895.

Bild:
<< vorherige Seite
§ 11. Gesamtaussage der Data jedweden Problems.

Zur Begründung dieser Schemata ist bei 6) und 7) -- welch letz-
teres durch Kontraposition aus 6) hervorgeht -- keine weitre Bemerkung
vonnöten.

Das Schema 8) wird man am bequemsten durch Kontraposition aus
9) ableiten, und um letzteres zu rechtfertigen, hat man z. B. links vom
Mittelstriche:
L = (0 j an j 0 = 0)(0 j bn j 0 = 0) .. = (0 j an j 0 + 0 j bn j 0 + .. = 0) = R
nach 1), 6) und 3), q. e. d.

Wenn nun also in der Aussagenfunktion, welche die Gesamtaus-
sage der Data eines Problemes vorstellt, gemäss dem Schema 8) alle
Alternativen oder Summen von Gleichungen -- mittelst Zusammen-
ziehung in eine einzige Gleichung -- sich beseitigen liessen, so können
wir schliesslich nur mehr ein Produkt, das ist ein "System" von koexi-
stirenden oder simultanen Gleichungen vor uns haben.

Ein solches aber zieht sich nach längst bekannten Boole'schen
Sätzen -- vgl. 6) -- vollends zusammen in, ist ersetzbar durch eine
einzige Gleichung
, die wir die vereinigte Gleichung des Systems genannt
haben.

Damit ist der wichtige Satz gewonnen: In der Algebra der bi-
nären Relative lässt jeder Komplex von Aussagen
-- so namentlich also
auch die Gesamtheit der Data irgend eines Problems -- sich zusam-
menziehn in eine einzige Gleichung
, in welcher neben oder ausser ihrem
einen Gleichheitszeichen andre Zeichen von "Umfangsbeziehungen"
(wie =, , etc.) nicht mehr vorkommen. Auch die "sekundären"
Aussagen (im Boole'schen Sinne) sind hier reduzirbar auf eine "primäre".

Die Gleichung kann nach Belieben mit der rechten Seite 0 oder 1
angesetzt werden, und wird ihr "Polynom" alsdann sein: eine "Funk-
tion
im Sinne unsrer Algebra der Relative" von all den Relativen, auf
die sich die Teilaussagen bezogen, das heisst: ein Ausdruck, welcher
aus
ebendiesen Relativen und eventuell auch noch den Moduln unsrer
Theorie lediglich vermittelst der sechs Spezies derselben aufgebaut erscheint.

Ist die Gleichung nicht auf 0 oder 1 gebracht, so gilt das nämliche
von ihren beiden Seiten: jede von diesen muss eine "Funktion" sein im
genannten Sinne von den vorkommenden Argumenten.

Gedachte "Funktion" ist selbst ein binäres Relativ und mag für
den Augenblick f genannt werden. Dann stellt sich also eine Glei-
chung von der Form
f = 0
dar als die Einkleidung der Data des allgemeinsten in unsrer Theorie
erdenklichen Problemes.

Ich werde diese als die "vereinigte Gleichung" oder "Gesamtaus-

§ 11. Gesamtaussage der Data jedweden Problems.

Zur Begründung dieser Schemata ist bei 6) und 7) — welch letz-
teres durch Kontraposition aus 6) hervorgeht — keine weitre Bemerkung
vonnöten.

Das Schema 8) wird man am bequemsten durch Kontraposition aus
9) ableiten, und um letzteres zu rechtfertigen, hat man z. B. links vom
Mittelstriche:
L = (0 ɟ ɟ 0 = 0)(0 ɟ ɟ 0 = 0) ‥ = (0 ɟ ɟ 0 + 0 ɟ ɟ 0 + ‥ = 0) = R
nach 1), 6) und 3), q. e. d.

Wenn nun also in der Aussagenfunktion, welche die Gesamtaus-
sage der Data eines Problemes vorstellt, gemäss dem Schema 8) alle
Alternativen oder Summen von Gleichungen — mittelst Zusammen-
ziehung in eine einzige Gleichung — sich beseitigen liessen, so können
wir schliesslich nur mehr ein Produkt, das ist ein „System“ von koexi-
stirenden oder simultanen Gleichungen vor uns haben.

Ein solches aber zieht sich nach längst bekannten Boole’schen
Sätzen — vgl. 6) — vollends zusammen in, ist ersetzbar durch eine
einzige Gleichung
, die wir die vereinigte Gleichung des Systems genannt
haben.

Damit ist der wichtige Satz gewonnen: In der Algebra der bi-
nären Relative lässt jeder Komplex von Aussagen
— so namentlich also
auch die Gesamtheit der Data irgend eines Problems — sich zusam-
menziehn in eine einzige Gleichung
, in welcher neben oder ausser ihrem
einen Gleichheitszeichen andre Zeichen von „Umfangsbeziehungen“
(wie =, ⋹, ≠ etc.) nicht mehr vorkommen. Auch die „sekundären“
Aussagen (im Boole’schen Sinne) sind hier reduzirbar auf eine „primäre“.

Die Gleichung kann nach Belieben mit der rechten Seite 0 oder 1
angesetzt werden, und wird ihr „Polynom“ alsdann sein: eine „Funk-
tion
im Sinne unsrer Algebra der Relative“ von all den Relativen, auf
die sich die Teilaussagen bezogen, das heisst: ein Ausdruck, welcher
aus
ebendiesen Relativen und eventuell auch noch den Moduln unsrer
Theorie lediglich vermittelst der sechs Spezies derselben aufgebaut erscheint.

Ist die Gleichung nicht auf 0 oder 1 gebracht, so gilt das nämliche
von ihren beiden Seiten: jede von diesen muss eine „Funktion“ sein im
genannten Sinne von den vorkommenden Argumenten.

Gedachte „Funktion“ ist selbst ein binäres Relativ und mag für
den Augenblick f genannt werden. Dann stellt sich also eine Glei-
chung von der Form
f = 0
dar als die Einkleidung der Data des allgemeinsten in unsrer Theorie
erdenklichen Problemes.

Ich werde diese als die „vereinigte Gleichung“ oder „Gesamtaus-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0167" n="153"/>
          <fw place="top" type="header">§ 11. Gesamtaussage der Data jedweden Problems.</fw><lb/>
          <p>Zur <hi rendition="#g">Begründung</hi> dieser Schemata ist bei 6) und 7) &#x2014; welch letz-<lb/>
teres durch Kontraposition aus 6) hervorgeht &#x2014; keine weitre Bemerkung<lb/>
vonnöten.</p><lb/>
          <p>Das Schema 8) wird man am bequemsten durch Kontraposition aus<lb/>
9) ableiten, und um letzteres zu rechtfertigen, hat man z. B. links vom<lb/>
Mittelstriche:<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#i">L</hi> = (0 &#x025F; <hi rendition="#i">a&#x0304;</hi> &#x025F; 0 = 0)(0 &#x025F; <hi rendition="#i">b&#x0304;</hi> &#x025F; 0 = 0) &#x2025; = (0 &#x025F; <hi rendition="#i">a&#x0304;</hi> &#x025F; 0 + 0 &#x025F; <hi rendition="#i">b&#x0304;</hi> &#x025F; 0 + &#x2025; = 0) = <hi rendition="#i">R</hi></hi><lb/>
nach 1), 6) und 3), q. e. d.</p><lb/>
          <p>Wenn nun also in der Aussagenfunktion, welche die Gesamtaus-<lb/>
sage der Data eines Problemes vorstellt, gemäss dem Schema 8) alle<lb/>
Alternativen oder <hi rendition="#i">Summen</hi> von Gleichungen &#x2014; mittelst Zusammen-<lb/>
ziehung in eine einzige Gleichung &#x2014; <hi rendition="#i">sich beseitigen</hi> liessen, so können<lb/>
wir schliesslich nur mehr ein <hi rendition="#i">Produkt</hi>, das ist ein &#x201E;<hi rendition="#i">System</hi>&#x201C; von koexi-<lb/>
stirenden oder <hi rendition="#i">simultanen</hi> Gleichungen vor uns haben.</p><lb/>
          <p>Ein solches aber zieht sich nach längst bekannten <hi rendition="#g">Boole&#x2019;</hi>schen<lb/>
Sätzen &#x2014; vgl. 6) &#x2014; vollends zusammen in, ist ersetzbar durch <hi rendition="#i">eine<lb/>
einzige Gleichung</hi>, die wir die <hi rendition="#i">vereinigte Gleichung</hi> des Systems genannt<lb/>
haben.</p><lb/>
          <p>Damit ist der wichtige <hi rendition="#g">Satz</hi> gewonnen: <hi rendition="#i">In der Algebra der bi-<lb/>
nären Relative lässt jeder Komplex von Aussagen</hi> &#x2014; so namentlich also<lb/>
auch die Gesamtheit der Data irgend eines Problems &#x2014; <hi rendition="#i">sich zusam-<lb/>
menziehn in eine einzige Gleichung</hi>, in welcher neben oder ausser ihrem<lb/>
einen Gleichheitszeichen andre Zeichen von &#x201E;Umfangsbeziehungen&#x201C;<lb/>
(wie =, &#x22F9;, &#x2260; etc.) nicht mehr vorkommen. Auch die &#x201E;sekundären&#x201C;<lb/>
Aussagen (im Boole&#x2019;schen Sinne) sind hier reduzirbar auf <hi rendition="#i">eine</hi> &#x201E;primäre&#x201C;.</p><lb/>
          <p>Die Gleichung kann nach Belieben mit der rechten Seite 0 oder 1<lb/>
angesetzt werden, und wird ihr &#x201E;Polynom&#x201C; alsdann sein: eine &#x201E;<hi rendition="#i">Funk-<lb/>
tion</hi> im Sinne unsrer Algebra der Relative&#x201C; von all den Relativen, auf<lb/>
die sich die Teilaussagen bezogen, das heisst: ein <hi rendition="#i">Ausdruck</hi>, <hi rendition="#i">welcher<lb/>
aus</hi> ebendiesen <hi rendition="#i">Relativen</hi> und eventuell auch noch den Moduln unsrer<lb/>
Theorie <hi rendition="#i">lediglich vermittelst der sechs Spezies</hi> derselben <hi rendition="#i">aufgebaut erscheint</hi>.</p><lb/>
          <p>Ist die Gleichung nicht auf 0 oder 1 gebracht, so gilt das nämliche<lb/>
von ihren beiden Seiten: jede von diesen muss eine &#x201E;Funktion&#x201C; sein im<lb/>
genannten Sinne von den vorkommenden Argumenten.</p><lb/>
          <p>Gedachte &#x201E;Funktion&#x201C; ist selbst ein binäres Relativ und mag für<lb/>
den Augenblick <hi rendition="#i">f</hi> genannt werden. Dann stellt sich also eine Glei-<lb/>
chung von der Form<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#i">f</hi> = 0</hi><lb/>
dar als die Einkleidung der Data des allgemeinsten in unsrer Theorie<lb/>
erdenklichen Problemes.</p><lb/>
          <p>Ich werde diese als die &#x201E;vereinigte Gleichung&#x201C; oder &#x201E;<hi rendition="#i">Gesamtaus-</hi><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[153/0167] § 11. Gesamtaussage der Data jedweden Problems. Zur Begründung dieser Schemata ist bei 6) und 7) — welch letz- teres durch Kontraposition aus 6) hervorgeht — keine weitre Bemerkung vonnöten. Das Schema 8) wird man am bequemsten durch Kontraposition aus 9) ableiten, und um letzteres zu rechtfertigen, hat man z. B. links vom Mittelstriche: L = (0 ɟ ā ɟ 0 = 0)(0 ɟ b̄ ɟ 0 = 0) ‥ = (0 ɟ ā ɟ 0 + 0 ɟ b̄ ɟ 0 + ‥ = 0) = R nach 1), 6) und 3), q. e. d. Wenn nun also in der Aussagenfunktion, welche die Gesamtaus- sage der Data eines Problemes vorstellt, gemäss dem Schema 8) alle Alternativen oder Summen von Gleichungen — mittelst Zusammen- ziehung in eine einzige Gleichung — sich beseitigen liessen, so können wir schliesslich nur mehr ein Produkt, das ist ein „System“ von koexi- stirenden oder simultanen Gleichungen vor uns haben. Ein solches aber zieht sich nach längst bekannten Boole’schen Sätzen — vgl. 6) — vollends zusammen in, ist ersetzbar durch eine einzige Gleichung, die wir die vereinigte Gleichung des Systems genannt haben. Damit ist der wichtige Satz gewonnen: In der Algebra der bi- nären Relative lässt jeder Komplex von Aussagen — so namentlich also auch die Gesamtheit der Data irgend eines Problems — sich zusam- menziehn in eine einzige Gleichung, in welcher neben oder ausser ihrem einen Gleichheitszeichen andre Zeichen von „Umfangsbeziehungen“ (wie =, ⋹, ≠ etc.) nicht mehr vorkommen. Auch die „sekundären“ Aussagen (im Boole’schen Sinne) sind hier reduzirbar auf eine „primäre“. Die Gleichung kann nach Belieben mit der rechten Seite 0 oder 1 angesetzt werden, und wird ihr „Polynom“ alsdann sein: eine „Funk- tion im Sinne unsrer Algebra der Relative“ von all den Relativen, auf die sich die Teilaussagen bezogen, das heisst: ein Ausdruck, welcher aus ebendiesen Relativen und eventuell auch noch den Moduln unsrer Theorie lediglich vermittelst der sechs Spezies derselben aufgebaut erscheint. Ist die Gleichung nicht auf 0 oder 1 gebracht, so gilt das nämliche von ihren beiden Seiten: jede von diesen muss eine „Funktion“ sein im genannten Sinne von den vorkommenden Argumenten. Gedachte „Funktion“ ist selbst ein binäres Relativ und mag für den Augenblick f genannt werden. Dann stellt sich also eine Glei- chung von der Form f = 0 dar als die Einkleidung der Data des allgemeinsten in unsrer Theorie erdenklichen Problemes. Ich werde diese als die „vereinigte Gleichung“ oder „Gesamtaus-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik03_1895
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik03_1895/167
Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 3, Abt. 1. Leipzig, 1895, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik03_1895/167>, abgerufen am 27.04.2024.