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Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 2, Abt. 1. Leipzig, 1891.

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§ 33. Fortsetzung. Modifizirte Deutung universaler Urteile.
für nicht-keine oder mindestens eines, wie dies auch das lateinische
non-nulli durch seine Zusammensetzung zu erkennen gibt. Und dies
ist der Sinn, den wir hier unentwegt festhalten werden.

Damit ist gesagt, dass wenn von "einigen" Individuen die Rede
sein wird, diese sich insbesondere auch in der Einzahl befinden können.

Im gewöhnlichen Leben kann auch dieses anstössig erscheinen. Es
könnte Jemand, der vor Gericht eidkräftig erklärt hat, er sei am hellen
Tage von "einigen" Individuen überfallen und durchgeprügelt worden, ris-
kiren, wegen falschen Zeugnisses zur Verantwortung gezogen zu werden,
wenn die Untersuchung schliesslich herausstellt, dass der Überfall nur von
einem Individuum verübt worden. Dies rührt daher,
dass "einige" manchmal auch synonym gebraucht
wird mit "mehrere", welches den Gegensatz ausdrückt
zu "einem oder keinem". Genau genommen müsste
man aber, sollte ein Fall der geschilderten Art wirklich
vorkommen, gegen den Leiter der gerichtlichen Ver-
handlungen alsdann den Vorwurf erheben, die präzise
Fragestellung an den Zeugen versäumt zu haben.

In ingeniöser Weise veranschaulicht Mr. Peirce
die Tragweite, den genauen Sinn der (hier) mit

[Abbildung]
[Abbildung] Fig. 11.
den vier Urteilsformen a, e, i, o zu verknüpfen ist, durch eine der oben-
stehenden ähnliche Figur.

Ich will die vier Quadrate in welche das ganze Quadrat vor-
stehend zerlegt erscheint, kurz als "Quadranten" bezeichnen. Dann
wird der Satz:

a) Alle Striche (im Innern des Quadranten) sind vertikal

gelten für die beiden oberen Quadranten, und zwar ausdrücklich auch
für den ganz leeren rechts oben, in welchem sich gar keine Striche
befinden. Der Satz:

e) Alle Striche sind nicht-vertikal (hier sogar schief, in Anbetracht,
dass wagrechte fehlen), oder: Kein Strich ist vertikal

gilt für die beiden Quadranten rechterhand, und insbesondere auch
wieder für den leeren. Der Satz:

i) Einige Striche sind vertikal (stehen aufrecht)

gilt für die beiden Quadranten linkerhand und namentlich auch für
den links oben, in welchem nicht "nur einige", sondern sogar "alle"
Striche scheitelrecht stehen. Endlich der Satz:

o) Einige Striche sind nicht-vertikal

gilt für die beiden untersten Quadranten und zwar ausdrücklich auch
für den rechts unten, in welchem nicht blos einige sondern sogar alle
vorhandenen Striche schief stehen.

§ 33. Fortsetzung. Modifizirte Deutung universaler Urteile.
für nicht-keine oder mindestens eines, wie dies auch das lateinische
non-nulli durch seine Zusammensetzung zu erkennen gibt. Und dies
ist der Sinn, den wir hier unentwegt festhalten werden.

Damit ist gesagt, dass wenn von „einigen“ Individuen die Rede
sein wird, diese sich insbesondere auch in der Einzahl befinden können.

Im gewöhnlichen Leben kann auch dieses anstössig erscheinen. Es
könnte Jemand, der vor Gericht eidkräftig erklärt hat, er sei am hellen
Tage von „einigen“ Individuen überfallen und durchgeprügelt worden, ris-
kiren, wegen falschen Zeugnisses zur Verantwortung gezogen zu werden,
wenn die Untersuchung schliesslich herausstellt, dass der Überfall nur von
einem Individuum verübt worden. Dies rührt daher,
dass „einige“ manchmal auch synonym gebraucht
wird mit „mehrere“, welches den Gegensatz ausdrückt
zu »einem oder keinem«. Genau genommen müsste
man aber, sollte ein Fall der geschilderten Art wirklich
vorkommen, gegen den Leiter der gerichtlichen Ver-
handlungen alsdann den Vorwurf erheben, die präzise
Fragestellung an den Zeugen versäumt zu haben.

In ingeniöser Weise veranschaulicht Mr. Peirce
die Tragweite, den genauen Sinn der (hier) mit

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[Abbildung] Fig. 11.
den vier Urteilsformen a, e, i, o zu verknüpfen ist, durch eine der oben-
stehenden ähnliche Figur.

Ich will die vier Quadrate in welche das ganze Quadrat vor-
stehend zerlegt erscheint, kurz als „Quadranten“ bezeichnen. Dann
wird der Satz:

a) Alle Striche (im Innern des Quadranten) sind vertikal

gelten für die beiden oberen Quadranten, und zwar ausdrücklich auch
für den ganz leeren rechts oben, in welchem sich gar keine Striche
befinden. Der Satz:

e) Alle Striche sind nicht-vertikal (hier sogar schief, in Anbetracht,
dass wagrechte fehlen), oder: Kein Strich ist vertikal

gilt für die beiden Quadranten rechterhand, und insbesondere auch
wieder für den leeren. Der Satz:

i) Einige Striche sind vertikal (stehen aufrecht)

gilt für die beiden Quadranten linkerhand und namentlich auch für
den links oben, in welchem nicht „nur einige“, sondern sogar „alle“
Striche scheitelrecht stehen. Endlich der Satz:

o) Einige Striche sind nicht-vertikal

gilt für die beiden untersten Quadranten und zwar ausdrücklich auch
für den rechts unten, in welchem nicht blos einige sondern sogar alle
vorhandenen Striche schief stehen.

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[89/0113] § 33. Fortsetzung. Modifizirte Deutung universaler Urteile. für nicht-keine oder mindestens eines, wie dies auch das lateinische non-nulli durch seine Zusammensetzung zu erkennen gibt. Und dies ist der Sinn, den wir hier unentwegt festhalten werden. Damit ist gesagt, dass wenn von „einigen“ Individuen die Rede sein wird, diese sich insbesondere auch in der Einzahl befinden können. Im gewöhnlichen Leben kann auch dieses anstössig erscheinen. Es könnte Jemand, der vor Gericht eidkräftig erklärt hat, er sei am hellen Tage von „einigen“ Individuen überfallen und durchgeprügelt worden, ris- kiren, wegen falschen Zeugnisses zur Verantwortung gezogen zu werden, wenn die Untersuchung schliesslich herausstellt, dass der Überfall nur von einem Individuum verübt worden. Dies rührt daher, dass „einige“ manchmal auch synonym gebraucht wird mit „mehrere“, welches den Gegensatz ausdrückt zu »einem oder keinem«. Genau genommen müsste man aber, sollte ein Fall der geschilderten Art wirklich vorkommen, gegen den Leiter der gerichtlichen Ver- handlungen alsdann den Vorwurf erheben, die präzise Fragestellung an den Zeugen versäumt zu haben. In ingeniöser Weise veranschaulicht Mr. Peirce die Tragweite, den genauen Sinn der (hier) mit [Abbildung] [Abbildung Fig. 11.] den vier Urteilsformen a, e, i, o zu verknüpfen ist, durch eine der oben- stehenden ähnliche Figur. Ich will die vier Quadrate in welche das ganze Quadrat vor- stehend zerlegt erscheint, kurz als „Quadranten“ bezeichnen. Dann wird der Satz: a) Alle Striche (im Innern des Quadranten) sind vertikal gelten für die beiden oberen Quadranten, und zwar ausdrücklich auch für den ganz leeren rechts oben, in welchem sich gar keine Striche befinden. Der Satz: e) Alle Striche sind nicht-vertikal (hier sogar schief, in Anbetracht, dass wagrechte fehlen), oder: Kein Strich ist vertikal gilt für die beiden Quadranten rechterhand, und insbesondere auch wieder für den leeren. Der Satz: i) Einige Striche sind vertikal (stehen aufrecht) gilt für die beiden Quadranten linkerhand und namentlich auch für den links oben, in welchem nicht „nur einige“, sondern sogar „alle“ Striche scheitelrecht stehen. Endlich der Satz: o) Einige Striche sind nicht-vertikal gilt für die beiden untersten Quadranten und zwar ausdrücklich auch für den rechts unten, in welchem nicht blos einige sondern sogar alle vorhandenen Striche schief stehen.

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Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 2, Abt. 1. Leipzig, 1891, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik0201_1891/113>, abgerufen am 28.04.2024.