Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890.

Bild:
<< vorherige Seite

Zehnte Vorlesung.
der Entwickelung nicht übersehen, da deren Nullkoeffizienten beim Ne-
giren sich in 1 zu verwandeln haben; m. a. W. man muss die Ent-
wickelung jeweils als eine vollständige dargestellt der Anwendung des
Satzes zugrunde legen, jeden einzelnen Konstituenten berücksichtigen,
wenn er auch, weil in 0 multiplizirt, in dem Ausdruck nicht zu er-
blicken war.

Thäten wir dies nicht, so erhielten wir ja aus a b1 + a1 b = 1 · a b1 + 1 · a1 b
durch Negiren der Koeffizienten fälschlich 0 · a b1 + 0 · a1 b = 0 als die ge-
suchte Negation.

Ebenso ist die Klippe zu vermeiden, dass man das Th. 46x) nicht
etwa anwende bevor die (nach den Konstituenten) gleichnamigen Glieder
vereinigt sind.

So ist z. B. (a1 x + a x1 + b1 x1)1 nicht =
= a x + a1 x1 + b x1 = a x + (a1 + b) x1, sondern = a x + (a + b1)1 x1 = a x + a1 b x1.

Im Hinblick auf die letzten Sätze: Th. 45) nebst Vorbemerkung
und Th. 46), kann man zusammenfassend sagen, dass jede an oder
mit Funktionen auszuführen vorgeschriebene Operation des identischen
Kalkuls sich als die gleiche Vorschrift überträgt auf die Koeffizienten
von deren Entwickelung. --

Noch sei bemerkt, dass die Negation einer Funktion f (x) in Ge-
stalt von {f (x)}, unbequem zu schreiben ist. Um ein handlicheres
Zeichen dafür zu erhalten, mag man definiren:
f1 (x) = {f (x)}1, und ähnlich f1 (x, y) = {f (x, y)}1
etc. Darnach wird uns auch bedeuten:
f1 (0) = {f (0)}1 und f1 (1) = {f (1)}1. --

Es ist zu wünschen, dass man im stande sei jeweils rasch die ver-
schiedenen Werte zu übersehen, deren eine gegebene Funktion des
identischen Kalkuls "fähig" ist, welche sie nämlich dadurch zugeteilt
erhalten kann, dass man den Argumenten irgendwelche Wertsysteme
beilegt.

Um die angeregte Frage über die "Variabilität" irgend einer
Funktion zu beantworten, schicken wir eine kurze Betrachtung voraus
über "Mittel" oder "Zwischenwerte".

Definition. Ein Gebiet x ist ein "mittlerer" Wert oder "Zwischen-
wert
" ("Mittel") von a und b zu nennen, es ist zu sagen: "x liege
zwischen a und b
", wenn
a x und zugleich x b
ist. Da hieraus: a b nach Prinzip II folgt, so ist ersichtlich, dass

Zehnte Vorlesung.
der Entwickelung nicht übersehen, da deren Nullkoeffizienten beim Ne-
giren sich in 1 zu verwandeln haben; m. a. W. man muss die Ent-
wickelung jeweils als eine vollständige dargestellt der Anwendung des
Satzes zugrunde legen, jeden einzelnen Konstituenten berücksichtigen,
wenn er auch, weil in 0 multiplizirt, in dem Ausdruck nicht zu er-
blicken war.

Thäten wir dies nicht, so erhielten wir ja aus a b1 + a1 b = 1 · a b1 + 1 · a1 b
durch Negiren der Koeffizienten fälschlich 0 · a b1 + 0 · a1 b = 0 als die ge-
suchte Negation.

Ebenso ist die Klippe zu vermeiden, dass man das Th. 46×) nicht
etwa anwende bevor die (nach den Konstituenten) gleichnamigen Glieder
vereinigt sind.

So ist z. B. (a1 x + a x1 + b1 x1)1 nicht =
= a x + a1 x1 + b x1 = a x + (a1 + b) x1, sondern = a x + (a + b1)1 x1 = a x + a1 b x1.

Im Hinblick auf die letzten Sätze: Th. 45) nebst Vorbemerkung
und Th. 46), kann man zusammenfassend sagen, dass jede an oder
mit Funktionen auszuführen vorgeschriebene Operation des identischen
Kalkuls sich als die gleiche Vorschrift überträgt auf die Koeffizienten
von deren Entwickelung. —

Noch sei bemerkt, dass die Negation einer Funktion f (x) in Ge-
stalt von {f (x)}, unbequem zu schreiben ist. Um ein handlicheres
Zeichen dafür zu erhalten, mag man definiren:
f1 (x) = {f (x)}1, und ähnlich f1 (x, y) = {f (x, y)}1
etc. Darnach wird uns auch bedeuten:
f1 (0) = {f (0)}1 und f1 (1) = {f (1)}1. —

Es ist zu wünschen, dass man im stande sei jeweils rasch die ver-
schiedenen Werte zu übersehen, deren eine gegebene Funktion des
identischen Kalkuls „fähig“ ist, welche sie nämlich dadurch zugeteilt
erhalten kann, dass man den Argumenten irgendwelche Wertsysteme
beilegt.

Um die angeregte Frage über die „Variabilität“ irgend einer
Funktion zu beantworten, schicken wir eine kurze Betrachtung voraus
über „Mittel“ oder „Zwischenwerte“.

Definition. Ein Gebiet x ist ein „mittlerer“ Wert oder „Zwischen-
wert
“ („Mittel“) von a und b zu nennen, es ist zu sagen: „x liege
zwischen a und b
“, wenn
ax und zugleich xb
ist. Da hieraus: ab nach Prinzip II folgt, so ist ersichtlich, dass

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0444" n="424"/><fw place="top" type="header">Zehnte Vorlesung.</fw><lb/><hi rendition="#i">der Entwickelung nicht übersehen</hi>, da deren Nullkoeffizienten beim Ne-<lb/>
giren sich in 1 zu verwandeln haben; m. a. W. man muss die Ent-<lb/>
wickelung jeweils als eine <hi rendition="#i">vollständige</hi> dargestellt der Anwendung des<lb/>
Satzes zugrunde legen, jeden einzelnen Konstituenten berücksichtigen,<lb/>
wenn er auch, weil in 0 multiplizirt, in dem Ausdruck nicht zu er-<lb/>
blicken war.</p><lb/>
          <p>Thäten wir dies nicht, so erhielten wir ja aus <hi rendition="#i">a b</hi><hi rendition="#sub">1</hi> + <hi rendition="#i">a</hi><hi rendition="#sub">1</hi> <hi rendition="#i">b</hi> = 1 · <hi rendition="#i">a b</hi><hi rendition="#sub">1</hi> + 1 · <hi rendition="#i">a</hi><hi rendition="#sub">1</hi> <hi rendition="#i">b</hi><lb/>
durch Negiren der Koeffizienten fälschlich 0 · <hi rendition="#i">a b</hi><hi rendition="#sub">1</hi> + 0 · <hi rendition="#i">a</hi><hi rendition="#sub">1</hi> <hi rendition="#i">b</hi> = 0 als die ge-<lb/>
suchte Negation.</p><lb/>
          <p>Ebenso ist die Klippe zu vermeiden, dass man das Th. 46<hi rendition="#sub">×</hi>) <hi rendition="#i">nicht</hi><lb/>
etwa <hi rendition="#i">anwende bevor</hi> die (nach den Konstituenten) gleichnamigen Glieder<lb/><hi rendition="#i">vereinigt</hi> sind.</p><lb/>
          <p>So ist z. B. (<hi rendition="#i">a</hi><hi rendition="#sub">1</hi> <hi rendition="#i">x</hi> + <hi rendition="#i">a x</hi><hi rendition="#sub">1</hi> + <hi rendition="#i">b</hi><hi rendition="#sub">1</hi> <hi rendition="#i">x</hi><hi rendition="#sub">1</hi>)<hi rendition="#sub">1</hi> nicht =<lb/>
= <hi rendition="#i">a x</hi> + <hi rendition="#i">a</hi><hi rendition="#sub">1</hi> <hi rendition="#i">x</hi><hi rendition="#sub">1</hi> + <hi rendition="#i">b x</hi><hi rendition="#sub">1</hi> = <hi rendition="#i">a x</hi> + (<hi rendition="#i">a</hi><hi rendition="#sub">1</hi> + <hi rendition="#i">b</hi>) <hi rendition="#i">x</hi><hi rendition="#sub">1</hi>, sondern = <hi rendition="#i">a x</hi> + (<hi rendition="#i">a</hi> + <hi rendition="#i">b</hi><hi rendition="#sub">1</hi>)<hi rendition="#sub">1</hi> <hi rendition="#i">x</hi><hi rendition="#sub">1</hi> = <hi rendition="#i">a x</hi> + <hi rendition="#i">a</hi><hi rendition="#sub">1</hi> <hi rendition="#i">b x</hi><hi rendition="#sub">1</hi>.</p><lb/>
          <p>Im Hinblick auf die letzten Sätze: Th. 45) nebst Vorbemerkung<lb/>
und Th. 46), kann man zusammenfassend sagen, dass jede an oder<lb/>
mit Funktionen auszuführen vorgeschriebene Operation des identischen<lb/>
Kalkuls sich als die gleiche Vorschrift <hi rendition="#i">überträgt auf die Koeffizienten</hi><lb/>
von deren Entwickelung. &#x2014;</p><lb/>
          <p>Noch sei bemerkt, dass die Negation einer Funktion <hi rendition="#i">f</hi> (<hi rendition="#i">x</hi>) in Ge-<lb/>
stalt von {<hi rendition="#i">f</hi> (<hi rendition="#i">x</hi>)}, unbequem zu schreiben ist. Um ein handlicheres<lb/>
Zeichen dafür zu erhalten, mag man definiren:<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#i">f</hi><hi rendition="#sub">1</hi> (<hi rendition="#i">x</hi>) = {<hi rendition="#i">f</hi> (<hi rendition="#i">x</hi>)}<hi rendition="#sub">1</hi>, und ähnlich <hi rendition="#i">f</hi><hi rendition="#sub">1</hi> (<hi rendition="#i">x</hi>, <hi rendition="#i">y</hi>) = {<hi rendition="#i">f</hi> (<hi rendition="#i">x</hi>, <hi rendition="#i">y</hi>)}<hi rendition="#sub">1</hi></hi><lb/>
etc. Darnach wird uns auch bedeuten:<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#i">f</hi><hi rendition="#sub">1</hi> (0) = {<hi rendition="#i">f</hi> (0)}<hi rendition="#sub">1</hi> und <hi rendition="#i">f</hi><hi rendition="#sub">1</hi> (1) = {<hi rendition="#i">f</hi> (1)}<hi rendition="#sub">1</hi>. &#x2014;</hi></p><lb/>
          <p>Es ist zu wünschen, dass man im stande sei jeweils rasch die ver-<lb/>
schiedenen Werte zu übersehen, deren eine gegebene Funktion des<lb/>
identischen Kalkuls &#x201E;fähig&#x201C; ist, welche sie nämlich dadurch zugeteilt<lb/>
erhalten kann, dass man den Argumenten irgendwelche Wertsysteme<lb/>
beilegt.</p><lb/>
          <p>Um die angeregte Frage über die &#x201E;Variabilität&#x201C; irgend einer<lb/>
Funktion zu beantworten, schicken wir eine kurze Betrachtung voraus<lb/>
über &#x201E;<hi rendition="#i">Mittel</hi>&#x201C; oder &#x201E;<hi rendition="#i">Zwischenwerte</hi>&#x201C;.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#g">Definition</hi>. Ein Gebiet <hi rendition="#i">x</hi> ist ein &#x201E;mittlerer&#x201C; Wert oder &#x201E;<hi rendition="#i">Zwischen-<lb/>
wert</hi>&#x201C; (&#x201E;Mittel&#x201C;) <hi rendition="#i">von a und b</hi> zu nennen, es ist zu sagen: &#x201E;<hi rendition="#i">x liege<lb/>
zwischen a und b</hi>&#x201C;, wenn<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#i">a</hi> &#x22F9; <hi rendition="#i">x</hi> und zugleich <hi rendition="#i">x</hi> &#x22F9; <hi rendition="#i">b</hi></hi><lb/>
ist. Da hieraus: <hi rendition="#i">a</hi> &#x22F9; <hi rendition="#i">b</hi> nach Prinzip II folgt, so ist ersichtlich, dass<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[424/0444] Zehnte Vorlesung. der Entwickelung nicht übersehen, da deren Nullkoeffizienten beim Ne- giren sich in 1 zu verwandeln haben; m. a. W. man muss die Ent- wickelung jeweils als eine vollständige dargestellt der Anwendung des Satzes zugrunde legen, jeden einzelnen Konstituenten berücksichtigen, wenn er auch, weil in 0 multiplizirt, in dem Ausdruck nicht zu er- blicken war. Thäten wir dies nicht, so erhielten wir ja aus a b1 + a1 b = 1 · a b1 + 1 · a1 b durch Negiren der Koeffizienten fälschlich 0 · a b1 + 0 · a1 b = 0 als die ge- suchte Negation. Ebenso ist die Klippe zu vermeiden, dass man das Th. 46×) nicht etwa anwende bevor die (nach den Konstituenten) gleichnamigen Glieder vereinigt sind. So ist z. B. (a1 x + a x1 + b1 x1)1 nicht = = a x + a1 x1 + b x1 = a x + (a1 + b) x1, sondern = a x + (a + b1)1 x1 = a x + a1 b x1. Im Hinblick auf die letzten Sätze: Th. 45) nebst Vorbemerkung und Th. 46), kann man zusammenfassend sagen, dass jede an oder mit Funktionen auszuführen vorgeschriebene Operation des identischen Kalkuls sich als die gleiche Vorschrift überträgt auf die Koeffizienten von deren Entwickelung. — Noch sei bemerkt, dass die Negation einer Funktion f (x) in Ge- stalt von {f (x)}, unbequem zu schreiben ist. Um ein handlicheres Zeichen dafür zu erhalten, mag man definiren: f1 (x) = {f (x)}1, und ähnlich f1 (x, y) = {f (x, y)}1 etc. Darnach wird uns auch bedeuten: f1 (0) = {f (0)}1 und f1 (1) = {f (1)}1. — Es ist zu wünschen, dass man im stande sei jeweils rasch die ver- schiedenen Werte zu übersehen, deren eine gegebene Funktion des identischen Kalkuls „fähig“ ist, welche sie nämlich dadurch zugeteilt erhalten kann, dass man den Argumenten irgendwelche Wertsysteme beilegt. Um die angeregte Frage über die „Variabilität“ irgend einer Funktion zu beantworten, schicken wir eine kurze Betrachtung voraus über „Mittel“ oder „Zwischenwerte“. Definition. Ein Gebiet x ist ein „mittlerer“ Wert oder „Zwischen- wert“ („Mittel“) von a und b zu nennen, es ist zu sagen: „x liege zwischen a und b“, wenn a ⋹ x und zugleich x ⋹ b ist. Da hieraus: a ⋹ b nach Prinzip II folgt, so ist ersichtlich, dass

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik01_1890
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik01_1890/444
Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890, S. 424. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik01_1890/444>, abgerufen am 22.11.2024.