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Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890.

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§ 19. Funktionen und deren Entwickelung.

Auch jede solche Funktion kann nach (allen) ihren Argumenten
(zugleich) "entwickelt" werden nach den Schemata:
f (x, y) = f (1, 1) x y + f (1, 0) x y1 + f (0, 1) x1 y + f (0, 0) x1 y1,
f (x, y, z) =
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und so weiter, und kann man für das Bildungsgesetz der Entwicke-
lung mit Boole folgende Regel aufstellen.

Um die Entwickelung einer Funktion f (x, y, ...) von beliebig vielen
Argumenten nach ebendiesen zu erhalten, ersetze man in dem Ausdruck
der Funktion sämtliche Argumente durch
1 und multiplizire das Ergeb-
niss mit dem (geordneten) Produkt dieser Argumente. Dadurch bekommt
man das Anfangsglied der gesuchten Entwickelung. In diesem ersetze
man den letzten Faktor (des "Konstituenten" oder Produkts der Argu-
mente) durch seine Negation und zugleich das letzte Argument
1 (im
"Koeffizienten") durch
0, wodurch sich ein zweites Glied der Entwickelung
ergibt. In diesen beiden-Gliedern ersetze man hierauf den vorletzten Faktor
ihres Konstituenten durch seine Negation, zugleich das vorletzte Argument
ihres Koeffizienten
(welches noch immer 1 geblieben sein wird) durch
0, und erhält zwei weitere Glieder. In allen vier bisherigen Gliedern er-
setze man den drittletzten Faktor durch seine Negation, zugleich das dritt-
letzte Argument im Koeffizienten durch
0, wodurch sich vier weitere Glie-
der ergeben, und so weiter fort
, bis man jeden, auch den ersten, Kon-
stituentenfaktor durch seine Negation, zugleich auch das erste Argument
1 jedes Koeffizienten durch 0 ersetzt hat.

Wenn im Funktionsausdruck, vielleicht neben einem Argumente, auch
dessen Negation vorkommt, so muss diese selbstverständlich in 0 verwan-
delt werden, wenn man das Argument durch 1 ersetzt, und umgekehrt in
1, wenn man das Argument durch 0 ersetzt im Einklang mit einer schon
früher statuirten Bemerkung.

Es wurde beim Formuliren der vorstehenden Regel bereits unter-
weges angedeutet, dass man den hier als ersten erhaltenen Faktor
jedes Gliedes wieder als dessen "Koeffizienten", das Produkt der nach-
folgenden (Buchstaben-) Faktoren aber, welche Argumente oder Nega-
tionen von solchen sind, als seinen "Konstituenten" zu bezeichnen habe.

Behufs Beweises von diesem Zusatze betrachte man den Funktions-
ausdruck f (x, y, z, ...) zuerst lediglich in seiner Abhängigkeit von x.
Man entwickele ihn nach diesem einen Argument x gemäss dem
Schema 44+). Die Koeffizienten dieser Entwickelung werden dann
nur noch als Funktionen von y, z, ..., hingegen konstant in Hinsicht

§ 19. Funktionen und deren Entwickelung.

Auch jede solche Funktion kann nach (allen) ihren Argumenten
(zugleich) „entwickelt“ werden nach den Schemata:
f (x, y) = f (1, 1) x y + f (1, 0) x y1 + f (0, 1) x1 y + f (0, 0) x1 y1,
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und so weiter, und kann man für das Bildungsgesetz der Entwicke-
lung mit Boole folgende Regel aufstellen.

Um die Entwickelung einer Funktion f (x, y, …) von beliebig vielen
Argumenten nach ebendiesen zu erhalten, ersetze man in dem Ausdruck
der Funktion sämtliche Argumente durch
1 und multiplizire das Ergeb-
niss mit dem (geordneten) Produkt dieser Argumente. Dadurch bekommt
man das Anfangsglied der gesuchten Entwickelung. In diesem ersetze
man den letzten Faktor (des „Konstituenten“ oder Produkts der Argu-
mente) durch seine Negation und zugleich das letzte Argument
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„Koeffizienten“) durch
0, wodurch sich ein zweites Glied der Entwickelung
ergibt. In diesen beiden-Gliedern ersetze man hierauf den vorletzten Faktor
ihres Konstituenten durch seine Negation, zugleich das vorletzte Argument
ihres Koeffizienten
(welches noch immer 1 geblieben sein wird) durch
0, und erhält zwei weitere Glieder. In allen vier bisherigen Gliedern er-
setze man den drittletzten Faktor durch seine Negation, zugleich das dritt-
letzte Argument im Koeffizienten durch
0, wodurch sich vier weitere Glie-
der ergeben, und so weiter fort
, bis man jeden, auch den ersten, Kon-
stituentenfaktor durch seine Negation, zugleich auch das erste Argument
1 jedes Koeffizienten durch 0 ersetzt hat.

Wenn im Funktionsausdruck, vielleicht neben einem Argumente, auch
dessen Negation vorkommt, so muss diese selbstverständlich in 0 verwan-
delt werden, wenn man das Argument durch 1 ersetzt, und umgekehrt in
1, wenn man das Argument durch 0 ersetzt im Einklang mit einer schon
früher statuirten Bemerkung.

Es wurde beim Formuliren der vorstehenden Regel bereits unter-
weges angedeutet, dass man den hier als ersten erhaltenen Faktor
jedes Gliedes wieder als dessen „Koeffizienten“, das Produkt der nach-
folgenden (Buchstaben-) Faktoren aber, welche Argumente oder Nega-
tionen von solchen sind, als seinen „Konstituenten“ zu bezeichnen habe.

Behufs Beweises von diesem Zusatze betrachte man den Funktions-
ausdruck f (x, y, z, …) zuerst lediglich in seiner Abhängigkeit von x.
Man entwickele ihn nach diesem einen Argument x gemäss dem
Schema 44+). Die Koeffizienten dieser Entwickelung werden dann
nur noch als Funktionen von y, z, …, hingegen konstant in Hinsicht

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[415/0435] § 19. Funktionen und deren Entwickelung. Auch jede solche Funktion kann nach (allen) ihren Argumenten (zugleich) „entwickelt“ werden nach den Schemata: f (x, y) = f (1, 1) x y + f (1, 0) x y1 + f (0, 1) x1 y + f (0, 0) x1 y1, f (x, y, z) = = f (1, 1, 1) x y z + f (1, 1, 0) x y z1 + f (1, 0, 1) x y1 z + f (1, 0, 0) x y1 z1 + + f (0, 1, 1) x1 y z + f (0, 1, 0) x1 y z1 + f (0, 0, 1) x1 y1 z + f (0, 0, 0) x1 y1 z1, und so weiter, und kann man für das Bildungsgesetz der Entwicke- lung mit Boole folgende Regel aufstellen. Um die Entwickelung einer Funktion f (x, y, …) von beliebig vielen Argumenten nach ebendiesen zu erhalten, ersetze man in dem Ausdruck der Funktion sämtliche Argumente durch 1 und multiplizire das Ergeb- niss mit dem (geordneten) Produkt dieser Argumente. Dadurch bekommt man das Anfangsglied der gesuchten Entwickelung. In diesem ersetze man den letzten Faktor (des „Konstituenten“ oder Produkts der Argu- mente) durch seine Negation und zugleich das letzte Argument 1 (im „Koeffizienten“) durch 0, wodurch sich ein zweites Glied der Entwickelung ergibt. In diesen beiden-Gliedern ersetze man hierauf den vorletzten Faktor ihres Konstituenten durch seine Negation, zugleich das vorletzte Argument ihres Koeffizienten (welches noch immer 1 geblieben sein wird) durch 0, und erhält zwei weitere Glieder. In allen vier bisherigen Gliedern er- setze man den drittletzten Faktor durch seine Negation, zugleich das dritt- letzte Argument im Koeffizienten durch 0, wodurch sich vier weitere Glie- der ergeben, und so weiter fort, bis man jeden, auch den ersten, Kon- stituentenfaktor durch seine Negation, zugleich auch das erste Argument 1 jedes Koeffizienten durch 0 ersetzt hat. Wenn im Funktionsausdruck, vielleicht neben einem Argumente, auch dessen Negation vorkommt, so muss diese selbstverständlich in 0 verwan- delt werden, wenn man das Argument durch 1 ersetzt, und umgekehrt in 1, wenn man das Argument durch 0 ersetzt im Einklang mit einer schon früher statuirten Bemerkung. Es wurde beim Formuliren der vorstehenden Regel bereits unter- weges angedeutet, dass man den hier als ersten erhaltenen Faktor jedes Gliedes wieder als dessen „Koeffizienten“, das Produkt der nach- folgenden (Buchstaben-) Faktoren aber, welche Argumente oder Nega- tionen von solchen sind, als seinen „Konstituenten“ zu bezeichnen habe. Behufs Beweises von diesem Zusatze betrachte man den Funktions- ausdruck f (x, y, z, …) zuerst lediglich in seiner Abhängigkeit von x. Man entwickele ihn nach diesem einen Argument x gemäss dem Schema 44+). Die Koeffizienten dieser Entwickelung werden dann nur noch als Funktionen von y, z, …, hingegen konstant in Hinsicht

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Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890, S. 415. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik01_1890/435>, abgerufen am 22.11.2024.