Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890.

Bild:
<< vorherige Seite

Siebente Vorlesung.
sind Nichtkombattanten", so wird es für die logische Tragweite des
Satzes gleichgültig, ob wir das Wort in jener engeren oder in irgend
einer weiteren Bedeutung fassen. Da schon die engere Bedeutung des
Wortes "Nichtkombattant" die Ärzte umschliesst, so wird die weitere
es ebenfalls thun.

Strenge genommen sagt freilich im letzteren Falle das Urteil weniger
aus, als im erstern; es lässt nämlich unausgedrückt, dass die (gedachten)
Ärzte zu den (am Feldzug teilnehmenden) Personen gehören. Allein dieser
Umstand bildete einen auch im erstern Falle nur enthymematischen Bestand-
teil des Urteils, indem letzteres ja des genus proximum nicht ausdrücklich
Erwähnung that. Sofern man -- worauf es hier allein ankommen wird --
nur eben die Thatsache, dass kein Arzt ein Kombattant ist, als den vollen
Sinn und Gehalt des Urteils gelten lässt, sagt bei der zweiten Auffassung
das Urteil auch ebensoviel als bei der ersten.

Wir mögen hienach die Frage, ob bei dem prädikativen Gebrauche
des (dem Umfange nach jedenfalls existirenden) Begriffes Nicht-B
dieser letztere mehr oder weniger enge gefasst werden soll, die Frage,
ob bei der Begrenzung dieser durch Negation aus einer gegebenen B
abzuleitenden Klasse Nicht-B Bezug zu nehmen sei auf eine bestimmte,
mental zu supplirende, der B nächst übergeordnete Gattung (in wel-
chem Falle auch non-B als eine wohldefinirte Klasse erscheinen wird,
deren Aufstellung und Verwendung unmöglich beanstandet werden
kann), oder ob dabei vielmehr Bezug genommen werde auf die "ab-
solute" Mannigfaltigkeit (ein Verfahren, gegen welches von gewissen
Seiten Protest erhoben worden ist) -- diese Frage können wir zu-
nächst ganz offen lassen, sie in das subjektive Belieben stellen. Wir
mögen z. B. die in Betracht kommenden verneinenden Ausdrücke wie
"nicht-schädlich", "nicht vollkommen" oder "unvollkommen", "nicht in
eine bestimmte Beziehung eingehend, etwas bestimmtes thuend oder
leidend, etc." ganz in dem allergeläufigsten Sinne verstehen, und sind
darnach auf dem Punkte angelangt, sagen zu dürfen, dass mit einer
Aussage der Form

g'') Die Klasse A ist enthalten in der Klasse Nicht-B
oder
g''') Alle A sind "nicht B"
ein bestimmter und bekannter Sinn verbunden wird.

Das uns die Klammer vertretende Anführungszeichen " " konnte
hier auch entbehrlich gemacht werden durch die Schreibung:

A ist (resp. alle A sind) nicht-B, non-B oder Nicht-B,
wodurch sich schon die Auffassung g) des Urteils a) hinlänglich
charakterisirt und von der Deutung b) unterscheidet. Beliebt ist für
g) auch die Ausdrucksweise: "A ist ein Nicht-B".

Siebente Vorlesung.
sind Nichtkombattanten“, so wird es für die logische Tragweite des
Satzes gleichgültig, ob wir das Wort in jener engeren oder in irgend
einer weiteren Bedeutung fassen. Da schon die engere Bedeutung des
Wortes „Nichtkombattant“ die Ärzte umschliesst, so wird die weitere
es ebenfalls thun.

Strenge genommen sagt freilich im letzteren Falle das Urteil weniger
aus, als im erstern; es lässt nämlich unausgedrückt, dass die (gedachten)
Ärzte zu den (am Feldzug teilnehmenden) Personen gehören. Allein dieser
Umstand bildete einen auch im erstern Falle nur enthymematischen Bestand-
teil des Urteils, indem letzteres ja des genus proximum nicht ausdrücklich
Erwähnung that. Sofern man — worauf es hier allein ankommen wird —
nur eben die Thatsache, dass kein Arzt ein Kombattant ist, als den vollen
Sinn und Gehalt des Urteils gelten lässt, sagt bei der zweiten Auffassung
das Urteil auch ebensoviel als bei der ersten.

Wir mögen hienach die Frage, ob bei dem prädikativen Gebrauche
des (dem Umfange nach jedenfalls existirenden) Begriffes Nicht-B
dieser letztere mehr oder weniger enge gefasst werden soll, die Frage,
ob bei der Begrenzung dieser durch Negation aus einer gegebenen B
abzuleitenden Klasse Nicht-B Bezug zu nehmen sei auf eine bestimmte,
mental zu supplirende, der B nächst übergeordnete Gattung (in wel-
chem Falle auch non-B als eine wohldefinirte Klasse erscheinen wird,
deren Aufstellung und Verwendung unmöglich beanstandet werden
kann), oder ob dabei vielmehr Bezug genommen werde auf die „ab-
solute“ Mannigfaltigkeit (ein Verfahren, gegen welches von gewissen
Seiten Protest erhoben worden ist) — diese Frage können wir zu-
nächst ganz offen lassen, sie in das subjektive Belieben stellen. Wir
mögen z. B. die in Betracht kommenden verneinenden Ausdrücke wie
„nicht-schädlich“, „nicht vollkommen“ oder „unvollkommen“, „nicht in
eine bestimmte Beziehung eingehend, etwas bestimmtes thuend oder
leidend, etc.“ ganz in dem allergeläufigsten Sinne verstehen, und sind
darnach auf dem Punkte angelangt, sagen zu dürfen, dass mit einer
Aussage der Form

γ'') Die Klasse A ist enthalten in der Klasse Nicht-B
oder
γ''') Alle A sind »nicht B«
ein bestimmter und bekannter Sinn verbunden wird.

Das uns die Klammer vertretende Anführungszeichen » « konnte
hier auch entbehrlich gemacht werden durch die Schreibung:

A ist (resp. alle A sind) nicht-B, non-B oder Nicht-B,
wodurch sich schon die Auffassung γ) des Urteils α) hinlänglich
charakterisirt und von der Deutung β) unterscheidet. Beliebt ist für
γ) auch die Ausdrucksweise: „A ist ein Nicht-B“.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0344" n="324"/><fw place="top" type="header">Siebente Vorlesung.</fw><lb/>
sind Nichtkombattanten&#x201C;, so wird es für die logische Tragweite des<lb/>
Satzes gleichgültig, ob wir das Wort in jener engeren oder in irgend<lb/>
einer weiteren Bedeutung fassen. Da schon die engere Bedeutung des<lb/>
Wortes &#x201E;Nichtkombattant&#x201C; die Ärzte umschliesst, so wird die weitere<lb/>
es ebenfalls thun.</p><lb/>
          <p>Strenge genommen sagt freilich im letzteren Falle das Urteil weniger<lb/>
aus, als im erstern; es lässt nämlich unausgedrückt, dass die (gedachten)<lb/>
Ärzte zu den (am Feldzug teilnehmenden) <hi rendition="#i">Personen</hi> gehören. Allein dieser<lb/>
Umstand bildete einen auch im erstern Falle nur <hi rendition="#i">enthymematischen</hi> Bestand-<lb/>
teil des Urteils, indem letzteres ja des genus proximum nicht ausdrücklich<lb/>
Erwähnung that. Sofern man &#x2014; worauf es hier allein ankommen wird &#x2014;<lb/>
nur eben die Thatsache, dass kein Arzt ein Kombattant ist, als den vollen<lb/>
Sinn und Gehalt des Urteils gelten lässt, sagt bei der zweiten Auffassung<lb/>
das Urteil auch ebensoviel als bei der ersten.</p><lb/>
          <p>Wir mögen hienach die Frage, ob bei dem prädikativen Gebrauche<lb/>
des (dem Umfange nach jedenfalls existirenden) Begriffes Nicht-<hi rendition="#i">B</hi><lb/>
dieser letztere mehr oder weniger enge gefasst werden soll, die Frage,<lb/>
ob bei der Begrenzung dieser durch Negation aus einer gegebenen <hi rendition="#i">B</hi><lb/>
abzuleitenden Klasse Nicht-<hi rendition="#i">B</hi> Bezug zu nehmen sei auf eine bestimmte,<lb/>
mental zu supplirende, der <hi rendition="#i">B</hi> nächst übergeordnete Gattung (in wel-<lb/>
chem Falle auch non-<hi rendition="#i">B</hi> als eine wohldefinirte Klasse erscheinen wird,<lb/>
deren Aufstellung und Verwendung unmöglich beanstandet werden<lb/>
kann), oder ob dabei vielmehr Bezug genommen werde auf die &#x201E;ab-<lb/>
solute&#x201C; Mannigfaltigkeit (ein Verfahren, gegen welches von gewissen<lb/>
Seiten Protest erhoben worden ist) &#x2014; diese Frage können wir zu-<lb/>
nächst ganz offen lassen, sie in das subjektive Belieben stellen. Wir<lb/>
mögen z. B. die in Betracht kommenden verneinenden Ausdrücke wie<lb/>
&#x201E;nicht-schädlich&#x201C;, &#x201E;nicht vollkommen&#x201C; oder &#x201E;unvollkommen&#x201C;, &#x201E;<hi rendition="#i">nicht</hi> in<lb/>
eine bestimmte Beziehung eingehend, etwas bestimmtes thuend oder<lb/>
leidend, etc.&#x201C; ganz in dem allergeläufigsten Sinne verstehen, und sind<lb/>
darnach auf dem Punkte angelangt, sagen zu dürfen, dass mit einer<lb/>
Aussage der Form</p><lb/>
          <p><hi rendition="#i">&#x03B3;</hi>'') Die Klasse <hi rendition="#i">A</hi> ist enthalten in der Klasse Nicht-<hi rendition="#i">B</hi><lb/>
oder<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#i">&#x03B3;</hi>''') Alle <hi rendition="#i">A</hi> sind »nicht <hi rendition="#i">B</hi>«</hi><lb/>
ein bestimmter und bekannter Sinn verbunden wird.</p><lb/>
          <p>Das uns die Klammer vertretende Anführungszeichen » « konnte<lb/>
hier auch entbehrlich gemacht werden durch die Schreibung:</p><lb/>
          <p><hi rendition="#i">A</hi> ist (resp. alle <hi rendition="#i">A</hi> sind) nicht-<hi rendition="#i">B</hi>, non-<hi rendition="#i">B</hi> oder Nicht-<hi rendition="#i">B</hi>,<lb/>
wodurch sich schon die Auffassung <hi rendition="#i">&#x03B3;</hi>) des Urteils <hi rendition="#i">&#x03B1;</hi>) hinlänglich<lb/>
charakterisirt und von der Deutung <hi rendition="#i">&#x03B2;</hi>) unterscheidet. Beliebt ist für<lb/><hi rendition="#i">&#x03B3;</hi>) auch die Ausdrucksweise: &#x201E;<hi rendition="#i">A ist ein Nicht-B</hi>&#x201C;.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[324/0344] Siebente Vorlesung. sind Nichtkombattanten“, so wird es für die logische Tragweite des Satzes gleichgültig, ob wir das Wort in jener engeren oder in irgend einer weiteren Bedeutung fassen. Da schon die engere Bedeutung des Wortes „Nichtkombattant“ die Ärzte umschliesst, so wird die weitere es ebenfalls thun. Strenge genommen sagt freilich im letzteren Falle das Urteil weniger aus, als im erstern; es lässt nämlich unausgedrückt, dass die (gedachten) Ärzte zu den (am Feldzug teilnehmenden) Personen gehören. Allein dieser Umstand bildete einen auch im erstern Falle nur enthymematischen Bestand- teil des Urteils, indem letzteres ja des genus proximum nicht ausdrücklich Erwähnung that. Sofern man — worauf es hier allein ankommen wird — nur eben die Thatsache, dass kein Arzt ein Kombattant ist, als den vollen Sinn und Gehalt des Urteils gelten lässt, sagt bei der zweiten Auffassung das Urteil auch ebensoviel als bei der ersten. Wir mögen hienach die Frage, ob bei dem prädikativen Gebrauche des (dem Umfange nach jedenfalls existirenden) Begriffes Nicht-B dieser letztere mehr oder weniger enge gefasst werden soll, die Frage, ob bei der Begrenzung dieser durch Negation aus einer gegebenen B abzuleitenden Klasse Nicht-B Bezug zu nehmen sei auf eine bestimmte, mental zu supplirende, der B nächst übergeordnete Gattung (in wel- chem Falle auch non-B als eine wohldefinirte Klasse erscheinen wird, deren Aufstellung und Verwendung unmöglich beanstandet werden kann), oder ob dabei vielmehr Bezug genommen werde auf die „ab- solute“ Mannigfaltigkeit (ein Verfahren, gegen welches von gewissen Seiten Protest erhoben worden ist) — diese Frage können wir zu- nächst ganz offen lassen, sie in das subjektive Belieben stellen. Wir mögen z. B. die in Betracht kommenden verneinenden Ausdrücke wie „nicht-schädlich“, „nicht vollkommen“ oder „unvollkommen“, „nicht in eine bestimmte Beziehung eingehend, etwas bestimmtes thuend oder leidend, etc.“ ganz in dem allergeläufigsten Sinne verstehen, und sind darnach auf dem Punkte angelangt, sagen zu dürfen, dass mit einer Aussage der Form γ'') Die Klasse A ist enthalten in der Klasse Nicht-B oder γ''') Alle A sind »nicht B« ein bestimmter und bekannter Sinn verbunden wird. Das uns die Klammer vertretende Anführungszeichen » « konnte hier auch entbehrlich gemacht werden durch die Schreibung: A ist (resp. alle A sind) nicht-B, non-B oder Nicht-B, wodurch sich schon die Auffassung γ) des Urteils α) hinlänglich charakterisirt und von der Deutung β) unterscheidet. Beliebt ist für γ) auch die Ausdrucksweise: „A ist ein Nicht-B“.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik01_1890
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik01_1890/344
Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik01_1890/344>, abgerufen am 09.05.2024.