§ 13. Negation (mit Postulat) und darauf zu gründende Sätze.
"Erlaubt" nennt man diejenigen Umformungen eines Ausdrucks, welche ohne Einfluss auf den Wert (die Bedeutung) desselben sind, in der That also nur die Form des Ausdrucks (nur den Namen dessen, was er bedeutet) berühren. Diese erlaubten Umformungen nennt man vorzugsweise "Transformationen". Es sind das diejenigen Veränderungen an dem Ausdrucke, oder freien Reproduktionen desselben, durch welche der Ausdruck in einen neuen verwandelt wird, übergeht, welcher dem gegebenen identisch gleich sein muss.
Von Verschiedenem eines für's andere zu setzen ist in dem an- gegebenen Sinne bei Ausdrücken im Allgemeinen nicht erlaubt, wie man leicht an den nächsten besten Beispielen (und schon bei den ein- fachsten Ausdrücken, wie a · b, a + b, a1) sich überzeugen kann.
Für einen Term auch einen von ihm verschiedenen zu substituiren ist natürlich aber angängig bei allgemeinen Sätzen oder Formeln. Kommt a als allgemeines Symbol in solchen vor, und ist unter a bereits ein be- stimmtes Gebiet verstanden, so darf man doch b für a schreiben, auch wenn b ungleich a ist; man darf auch die vorkommenden Buchstabensymbole allgemeiner Art beliebig unter sich vertauschen, unbeschadet dessen, dass sie verschiedene Bedeutungen haben mögen (vergl. Anm. 2 zu Prinzip II). "Erlaubt" sind hier diejenigen Veränderungen zu nennen, die unbeschadet der Richtigkeit der Formel vollzogen werden können.
Anmerkung zu Theorem 32).
Der ungemein häufig auszuführende Schluss von einer Gleichung a = b auf die Gleichheit zwischen den Negationen ihrer beiden Seiten: a1 = b1, dieser Schluss -- mithin die Anwendung des Th. 32) -- darf nicht etwa als das "Negiren jener Gleichung" bezeichnet werden; viel- mehr ist zu sagen: aus a = b folge durch "beiderseitiges Negiren" die Gleichung a1 = b1.
Es würde nämlich die Negation oder Verneinung der Gleichung a = b selbst (schlechtweg) die Behauptung liefern, dass a nicht gleich b sei, in Zeichensprache, dass ab (vergleiche den Aussagenkalkul) -- eine Behauptung welche die Gleichung a = b aufhebt, umstösst, also mit ihr nicht nur nicht äquivalent, sondern sogar unverträglich ist -- desgleichen also auch keineswegs sich deckt mit der Behauptung, dass Nicht-a gleich sei Nicht-b.
Ich glaubte darum2 für diese Anwendung des Th. 32) einen eigenen Namen in Gestalt von ("Entgegensetzung" oder) "Opposition" seiner Zeit vorschlagen zu sollen. Doch erscheint das vorstehende als das näher liegende Auskunftsmittel, die Verwechslung zu vermeiden, und dürfte dasselbe wol den Vorzug verdienen. Zudem liesse auch der bei einer Subsumtion -- vergl. unten Th. 37) -- schon sanktionirte Name des "Schlusses durch Kontraposition" sich hier auf die Gleichung mit übertragen.
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§ 13. Negation (mit Postulat) und darauf zu gründende Sätze.
„Erlaubt“ nennt man diejenigen Umformungen eines Ausdrucks, welche ohne Einfluss auf den Wert (die Bedeutung) desselben sind, in der That also nur die Form des Ausdrucks (nur den Namen dessen, was er bedeutet) berühren. Diese erlaubten Umformungen nennt man vorzugsweise „Transformationen“. Es sind das diejenigen Veränderungen an dem Ausdrucke, oder freien Reproduktionen desselben, durch welche der Ausdruck in einen neuen verwandelt wird, übergeht, welcher dem gegebenen identisch gleich sein muss.
Von Verschiedenem eines für's andere zu setzen ist in dem an- gegebenen Sinne bei Ausdrücken im Allgemeinen nicht erlaubt, wie man leicht an den nächsten besten Beispielen (und schon bei den ein- fachsten Ausdrücken, wie a · b, a + b, a1) sich überzeugen kann.
Für einen Term auch einen von ihm verschiedenen zu substituiren ist natürlich aber angängig bei allgemeinen Sätzen oder Formeln. Kommt a als allgemeines Symbol in solchen vor, und ist unter a bereits ein be- stimmtes Gebiet verstanden, so darf man doch b für a schreiben, auch wenn b ungleich a ist; man darf auch die vorkommenden Buchstabensymbole allgemeiner Art beliebig unter sich vertauschen, unbeschadet dessen, dass sie verschiedene Bedeutungen haben mögen (vergl. Anm. 2 zu Prinzip II). „Erlaubt“ sind hier diejenigen Veränderungen zu nennen, die unbeschadet der Richtigkeit der Formel vollzogen werden können.
Anmerkung zu Theorem 32).
Der ungemein häufig auszuführende Schluss von einer Gleichung a = b auf die Gleichheit zwischen den Negationen ihrer beiden Seiten: a1 = b1, dieser Schluss — mithin die Anwendung des Th. 32) — darf nicht etwa als das „Negiren jener Gleichung“ bezeichnet werden; viel- mehr ist zu sagen: aus a = b folge durch „beiderseitiges Negiren“ die Gleichung a1 = b1.
Es würde nämlich die Negation oder Verneinung der Gleichung a = b selbst (schlechtweg) die Behauptung liefern, dass a nicht gleich b sei, in Zeichensprache, dass a ≠ b (vergleiche den Aussagenkalkul) — eine Behauptung welche die Gleichung a = b aufhebt, umstösst, also mit ihr nicht nur nicht äquivalent, sondern sogar unverträglich ist — desgleichen also auch keineswegs sich deckt mit der Behauptung, dass Nicht-a gleich sei Nicht-b.
Ich glaubte darum2 für diese Anwendung des Th. 32) einen eigenen Namen in Gestalt von („Entgegensetzung“ oder) „Opposition“ seiner Zeit vorschlagen zu sollen. Doch erscheint das vorstehende als das näher liegende Auskunftsmittel, die Verwechslung zu vermeiden, und dürfte dasselbe wol den Vorzug verdienen. Zudem liesse auch der bei einer Subsumtion — vergl. unten Th. 37) — schon sanktionirte Name des „Schlusses durch Kontraposition“ sich hier auf die Gleichung mit übertragen.
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§ 13. Negation (mit Postulat) und darauf zu gründende Sätze.
„Erlaubt“ nennt man diejenigen Umformungen eines Ausdrucks,
welche ohne Einfluss auf den Wert (die Bedeutung) desselben sind, in
der That also nur die Form des Ausdrucks (nur den Namen dessen,
was er bedeutet) berühren. Diese erlaubten Umformungen nennt man
vorzugsweise „Transformationen“. Es sind das diejenigen Veränderungen
an dem Ausdrucke, oder freien Reproduktionen desselben, durch welche
der Ausdruck in einen neuen verwandelt wird, übergeht, welcher dem
gegebenen identisch gleich sein muss.
Von Verschiedenem eines für's andere zu setzen ist in dem an-
gegebenen Sinne bei Ausdrücken im Allgemeinen nicht erlaubt, wie
man leicht an den nächsten besten Beispielen (und schon bei den ein-
fachsten Ausdrücken, wie a · b, a + b, a1) sich überzeugen kann.
Für einen Term auch einen von ihm verschiedenen zu substituiren ist
natürlich aber angängig bei allgemeinen Sätzen oder Formeln. Kommt a
als allgemeines Symbol in solchen vor, und ist unter a bereits ein be-
stimmtes Gebiet verstanden, so darf man doch b für a schreiben, auch
wenn b ungleich a ist; man darf auch die vorkommenden Buchstabensymbole
allgemeiner Art beliebig unter sich vertauschen, unbeschadet dessen, dass
sie verschiedene Bedeutungen haben mögen (vergl. Anm. 2 zu Prinzip II).
„Erlaubt“ sind hier diejenigen Veränderungen zu nennen, die unbeschadet
der Richtigkeit der Formel vollzogen werden können.
Anmerkung zu Theorem 32).
Der ungemein häufig auszuführende Schluss von einer Gleichung
a = b auf die Gleichheit zwischen den Negationen ihrer beiden Seiten:
a1 = b1, dieser Schluss — mithin die Anwendung des Th. 32) — darf
nicht etwa als das „Negiren jener Gleichung“ bezeichnet werden; viel-
mehr ist zu sagen: aus a = b folge durch „beiderseitiges Negiren“ die
Gleichung a1 = b1.
Es würde nämlich die Negation oder Verneinung der Gleichung
a = b selbst (schlechtweg) die Behauptung liefern, dass a nicht gleich b
sei, in Zeichensprache, dass a ≠ b (vergleiche den Aussagenkalkul) —
eine Behauptung welche die Gleichung a = b aufhebt, umstösst, also
mit ihr nicht nur nicht äquivalent, sondern sogar unverträglich ist —
desgleichen also auch keineswegs sich deckt mit der Behauptung, dass
Nicht-a gleich sei Nicht-b.
Ich glaubte darum2 für diese Anwendung des Th. 32) einen eigenen
Namen in Gestalt von („Entgegensetzung“ oder) „Opposition“ seiner Zeit
vorschlagen zu sollen. Doch erscheint das vorstehende als das näher liegende
Auskunftsmittel, die Verwechslung zu vermeiden, und dürfte dasselbe wol
den Vorzug verdienen. Zudem liesse auch der bei einer Subsumtion —
vergl. unten Th. 37) — schon sanktionirte Name des „Schlusses durch
Kontraposition“ sich hier auf die Gleichung mit übertragen.
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Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik01_1890/327>, abgerufen am 23.11.2024.
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