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Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890.

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Sechste Vorlesung.
weise) -- wie dies schon bei den Raisonnements des gewöhnlichen
Lebens eine geringe Aufmerksamkeit lehrt.

Anstatt der beiden Subsumtionen 25+) und 26+) wollen wir
schliesslich nur die Gleichung 27+), die sie in sich zusammenfasst,
noch für Klassen formuliren: "Was a oder b und zugleich a oder c ist,
das sind die a, nebst den b welche c sind."

Exempel: Die Gebildeten und die wohlhabenden Adeligen sind
gerade diejenigen Personen, welche gebildet oder wohlhabend und (zu-
gleich) gebildet oder adelig sind.

Ich muss an dieser Stelle das Verhältniss des hier Vorgetragenen zu
Herrn Ch. S. Peirce's Vorarbeiten kennzeichnen.

So weit der identische Kalkul als Buchstabenrechnung bis hier über-
haupt zur Darstellung gekommen ist, erscheint sein Aufbau der Haupt-
sache nach ganz in den §§ 4, 5, 10 und 11 enthalten. In formeller Hin-
sicht ist für diese Entwickelung Herrn Peirce's grundlegende Arbeit5 im
dritten Bande des American Journal of Mathematics maassgebend gewesen,
und zwar nicht nur in Bezug auf den Plan im grossen und ganzen, son-
dern auch bezüglich fast aller einzelnen Sätze und der Mehrzahl ihrer Be-
weise. Die Sätze allerdings waren zum Teil schon von Boole, Jevons
und Anderen gegeben.

Ein beträchtlicher Unterschied findet jedoch statt hinsichtlich der Inter-
pretation der vorkommenden Symbole. Herr Peirce nämlich fasst die
Buchstaben durchweg als Urteile auf, begründet also die Theoreme als
solche des "Aussagenkalkuls" -- wogegen hier sie als solche des "Gebiete-
kalkuls" entwickelt wurden. Durch das letztere Verfahren erhalten sie,
wie in § 32 gezeigt werden wird, eine erheblich grössere Tragweite; sie
werden ganz wesentlich verallgemeinert. In formeller Hinsicht indess ist
die Verschiedenheit der Interpretation bei dem von Peirce eingehaltenen
Gange zufällig fast ohne jeglichen Einfluss gewesen, und lag uns oft ein-
fach ob, die Peirce'schen Betrachtungsweisen auf die Gebiete zu übertragen.

Fussend auf die allbekannten Prinzipien I und II und die Definitionen
(1), (2) und (3), von welchen die letzteren namentlich ihm eigentümlich
sind, gibt Herr Peirce eine streng analytische Herleitung der verschie-
denen Theoreme des Kalkuls und zwar zunächst derjenigen -- sagen wir
"bejahenden Charakters", in welchen nämlich von Negationen nicht die Rede
ist -- bis exclusive des Theorems 25).

Hier angelangt hält er indess bei den Distributionsgesetzen inne und
werden diese [von uns mit 27) numerirten Formeln] von ihm (5 pag. 33)
mit der Bemerkung abgefertigt, dass sie nach l. c. von ihm citirten For-
meln leicht zu beweisen, der Beweis aber für die Mitteilung zu langwierig
sei [They are easily proved by*) ..., but the proof is too tedious to give].

Dies war nun ein zu berichtigender Punkt.

Von den beiden Subsumtionen 25) und 26) aus denen als einfacheren
Sätzen das "volle" Distributionsgesetz 27) sich zusammengesetzt erweist,

*) Hier Def. (3) und Th. 6).

Sechste Vorlesung.
weise) — wie dies schon bei den Raisonnements des gewöhnlichen
Lebens eine geringe Aufmerksamkeit lehrt.

Anstatt der beiden Subsumtionen 25+) und 26+) wollen wir
schliesslich nur die Gleichung 27+), die sie in sich zusammenfasst,
noch für Klassen formuliren: „Was a oder b und zugleich a oder c ist,
das sind die a, nebst den b welche c sind.“

Exempel: Die Gebildeten und die wohlhabenden Adeligen sind
gerade diejenigen Personen, welche gebildet oder wohlhabend und (zu-
gleich) gebildet oder adelig sind.

Ich muss an dieser Stelle das Verhältniss des hier Vorgetragenen zu
Herrn Ch. S. Peirce's Vorarbeiten kennzeichnen.

So weit der identische Kalkul als Buchstabenrechnung bis hier über-
haupt zur Darstellung gekommen ist, erscheint sein Aufbau der Haupt-
sache nach ganz in den §§ 4, 5, 10 und 11 enthalten. In formeller Hin-
sicht ist für diese Entwickelung Herrn Peirce's grundlegende Arbeit5 im
dritten Bande des American Journal of Mathematics maassgebend gewesen,
und zwar nicht nur in Bezug auf den Plan im grossen und ganzen, son-
dern auch bezüglich fast aller einzelnen Sätze und der Mehrzahl ihrer Be-
weise. Die Sätze allerdings waren zum Teil schon von Boole, Jevons
und Anderen gegeben.

Ein beträchtlicher Unterschied findet jedoch statt hinsichtlich der Inter-
pretation der vorkommenden Symbole. Herr Peirce nämlich fasst die
Buchstaben durchweg als Urteile auf, begründet also die Theoreme als
solche des „Aussagenkalkuls“ — wogegen hier sie als solche des „Gebiete-
kalkuls“ entwickelt wurden. Durch das letztere Verfahren erhalten sie,
wie in § 32 gezeigt werden wird, eine erheblich grössere Tragweite; sie
werden ganz wesentlich verallgemeinert. In formeller Hinsicht indess ist
die Verschiedenheit der Interpretation bei dem von Peirce eingehaltenen
Gange zufällig fast ohne jeglichen Einfluss gewesen, und lag uns oft ein-
fach ob, die Peirce'schen Betrachtungsweisen auf die Gebiete zu übertragen.

Fussend auf die allbekannten Prinzipien I und II und die Definitionen
(1), (2) und (3), von welchen die letzteren namentlich ihm eigentümlich
sind, gibt Herr Peirce eine streng analytische Herleitung der verschie-
denen Theoreme des Kalkuls und zwar zunächst derjenigen — sagen wir
bejahenden Charakters“, in welchen nämlich von Negationen nicht die Rede
ist — bis exclusive des Theorems 25).

Hier angelangt hält er indess bei den Distributionsgesetzen inne und
werden diese [von uns mit 27) numerirten Formeln] von ihm (5 pag. 33)
mit der Bemerkung abgefertigt, dass sie nach l. c. von ihm citirten For-
meln leicht zu beweisen, der Beweis aber für die Mitteilung zu langwierig
sei [They are easily proved by*) …, but the proof is too tedious to give].

Dies war nun ein zu berichtigender Punkt.

Von den beiden Subsumtionen 25) und 26) aus denen als einfacheren
Sätzen das „volle“ Distributionsgesetz 27) sich zusammengesetzt erweist,

*) Hier Def. (3) und Th. 6).
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[290/0310] Sechste Vorlesung. weise) — wie dies schon bei den Raisonnements des gewöhnlichen Lebens eine geringe Aufmerksamkeit lehrt. Anstatt der beiden Subsumtionen 25+) und 26+) wollen wir schliesslich nur die Gleichung 27+), die sie in sich zusammenfasst, noch für Klassen formuliren: „Was a oder b und zugleich a oder c ist, das sind die a, nebst den b welche c sind.“ Exempel: Die Gebildeten und die wohlhabenden Adeligen sind gerade diejenigen Personen, welche gebildet oder wohlhabend und (zu- gleich) gebildet oder adelig sind. Ich muss an dieser Stelle das Verhältniss des hier Vorgetragenen zu Herrn Ch. S. Peirce's Vorarbeiten kennzeichnen. So weit der identische Kalkul als Buchstabenrechnung bis hier über- haupt zur Darstellung gekommen ist, erscheint sein Aufbau der Haupt- sache nach ganz in den §§ 4, 5, 10 und 11 enthalten. In formeller Hin- sicht ist für diese Entwickelung Herrn Peirce's grundlegende Arbeit5 im dritten Bande des American Journal of Mathematics maassgebend gewesen, und zwar nicht nur in Bezug auf den Plan im grossen und ganzen, son- dern auch bezüglich fast aller einzelnen Sätze und der Mehrzahl ihrer Be- weise. Die Sätze allerdings waren zum Teil schon von Boole, Jevons und Anderen gegeben. Ein beträchtlicher Unterschied findet jedoch statt hinsichtlich der Inter- pretation der vorkommenden Symbole. Herr Peirce nämlich fasst die Buchstaben durchweg als Urteile auf, begründet also die Theoreme als solche des „Aussagenkalkuls“ — wogegen hier sie als solche des „Gebiete- kalkuls“ entwickelt wurden. Durch das letztere Verfahren erhalten sie, wie in § 32 gezeigt werden wird, eine erheblich grössere Tragweite; sie werden ganz wesentlich verallgemeinert. In formeller Hinsicht indess ist die Verschiedenheit der Interpretation bei dem von Peirce eingehaltenen Gange zufällig fast ohne jeglichen Einfluss gewesen, und lag uns oft ein- fach ob, die Peirce'schen Betrachtungsweisen auf die Gebiete zu übertragen. Fussend auf die allbekannten Prinzipien I und II und die Definitionen (1), (2) und (3), von welchen die letzteren namentlich ihm eigentümlich sind, gibt Herr Peirce eine streng analytische Herleitung der verschie- denen Theoreme des Kalkuls und zwar zunächst derjenigen — sagen wir „bejahenden Charakters“, in welchen nämlich von Negationen nicht die Rede ist — bis exclusive des Theorems 25). Hier angelangt hält er indess bei den Distributionsgesetzen inne und werden diese [von uns mit 27) numerirten Formeln] von ihm (5 pag. 33) mit der Bemerkung abgefertigt, dass sie nach l. c. von ihm citirten For- meln leicht zu beweisen, der Beweis aber für die Mitteilung zu langwierig sei [They are easily proved by *) …, but the proof is too tedious to give]. Dies war nun ein zu berichtigender Punkt. Von den beiden Subsumtionen 25) und 26) aus denen als einfacheren Sätzen das „volle“ Distributionsgesetz 27) sich zusammengesetzt erweist, *) Hier Def. (3) und Th. 6).

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Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik01_1890/310>, abgerufen am 23.11.2024.