Andrerseits treffen die Voraussetzungen der Def. (3) nach I zu, wenn unter c und b dort ebenfalls a verstanden wird, und ist dar- nach auch:
aa a,
a + aa,
sodass nach Def. (1) nun unser Lehrsatz bewiesen erscheint.
Während die vorhergehenden Theoreme Eigenschaften ausdrückten, welche den arithmetischen Operationen ganz ebenso wie den identischen zukommen, ist dies mit den Theoremen 14) nicht der Fall. Wir mögen letztere deshalb als die spezifischen Gesetze des identischen (sowie auch des logischen) Kalkuls hinstellen.
In der Arithmetik würde Gleichung 14+) nur für den Wert 0, Gleichung 14x) nur für die Werte 0 und 1 von a erfüllt sein; ausserdem könnte man beide Gleichungen noch für a = infinity in Anspruch nehmen, welch' letzteres Symbol aber nicht zu den Zahlen gehört.
In Worten lassen sich die beiden Sätze wie folgt fassen: Identische
Multiplikation
Addition
eines Gebietes
mit sich selbst
zu sich selbst
lässt dasselbe unverändert -- doch ist der Formelausdruck als der über- sichtlichere dem verbalen vorzuziehen.
Die Anschauung lässt beide Sätze als ganz selbstverständlich er- scheinen. Das Gebiet
welches a mit sich selbst gemein hat
zu welchem a sich selbst ergänzt
ist eben a selber. Entsprechend für Klassen:
Ein Mensch, welcher ein Mensch ist, ist ein Mensch, und umgekehrt darf man auch sagen: ein Mensch ist ein Mensch und ein Mensch, ist ein Mensch, welcher ein Mensch ist. Was Gold oder auch Gold ist, ist eben Gold -- sowie umgekehrt.
Freilich ist die Bemerkung am Platze, dass man durch solche Urteile sich einer unnötigen Wiederholung, einer "Tautologie", eines "Pleonasmus" schuldig mache. Es wird auch in der That kaum jemals einem Vernünf- tigen einfallen solchergestalt in unverhüllter Form, sozusagen nackt zu sagen: "die Pferde, welche Pferde sind", "die Neger-Mohren-Neger" und ebensowenig "die Menschen und die Menschen und die Menschen" oder der- gleichen.
In verhüllter Form dagegen -- implicite -- wird solches, wie sich zeigen lässt, in den Wissenschaften sowol wie im gemeinen Leben, ungemein häufig gethan. Ein paar Beispiele werden genügen, dies zum Bewusstsein zu bringen.
Zum Zwecke einer zahlentheoretischen Untersuchung mögen wir etwa aus der Mannigfaltigkeit der positiven ganzen Zahlen diejenigen hervor-
Fünfte Vorlesung.
Andrerseits treffen die Voraussetzungen der Def. (3) nach I zu, wenn unter c und b dort ebenfalls a verstanden wird, und ist dar- nach auch:
a ⋹ a a,
a + a ⋹ a,
sodass nach Def. (1) nun unser Lehrsatz bewiesen erscheint.
Während die vorhergehenden Theoreme Eigenschaften ausdrückten, welche den arithmetischen Operationen ganz ebenso wie den identischen zukommen, ist dies mit den Theoremen 14) nicht der Fall. Wir mögen letztere deshalb als die spezifischen Gesetze des identischen (sowie auch des logischen) Kalkuls hinstellen.
In der Arithmetik würde Gleichung 14+) nur für den Wert 0, Gleichung 14×) nur für die Werte 0 und 1 von a erfüllt sein; ausserdem könnte man beide Gleichungen noch für a = ∞ in Anspruch nehmen, welch' letzteres Symbol aber nicht zu den Zahlen gehört.
In Worten lassen sich die beiden Sätze wie folgt fassen: Identische
Multiplikation
Addition
eines Gebietes
mit sich selbst
zu sich selbst
lässt dasselbe unverändert — doch ist der Formelausdruck als der über- sichtlichere dem verbalen vorzuziehen.
Die Anschauung lässt beide Sätze als ganz selbstverständlich er- scheinen. Das Gebiet
welches a mit sich selbst gemein hat
zu welchem a sich selbst ergänzt
ist eben a selber. Entsprechend für Klassen:
Ein Mensch, welcher ein Mensch ist, ist ein Mensch, und umgekehrt darf man auch sagen: ein Mensch ist ein Mensch und ein Mensch, ist ein Mensch, welcher ein Mensch ist. Was Gold oder auch Gold ist, ist eben Gold — sowie umgekehrt.
Freilich ist die Bemerkung am Platze, dass man durch solche Urteile sich einer unnötigen Wiederholung, einer „Tautologie“, eines „Pleonasmus“ schuldig mache. Es wird auch in der That kaum jemals einem Vernünf- tigen einfallen solchergestalt in unverhüllter Form, sozusagen nackt zu sagen: „die Pferde, welche Pferde sind“, „die Neger-Mohren-Neger“ und ebensowenig „die Menschen und die Menschen und die Menschen“ oder der- gleichen.
In verhüllter Form dagegen — implicite — wird solches, wie sich zeigen lässt, in den Wissenschaften sowol wie im gemeinen Leben, ungemein häufig gethan. Ein paar Beispiele werden genügen, dies zum Bewusstsein zu bringen.
Zum Zwecke einer zahlentheoretischen Untersuchung mögen wir etwa aus der Mannigfaltigkeit der positiven ganzen Zahlen diejenigen hervor-
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Fünfte Vorlesung.
Andrerseits treffen die Voraussetzungen der Def. (3) nach I zu,
wenn unter c und b dort ebenfalls a verstanden wird, und ist dar-
nach auch:
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sodass nach Def. (1) nun unser Lehrsatz bewiesen erscheint.
Während die vorhergehenden Theoreme Eigenschaften ausdrückten,
welche den arithmetischen Operationen ganz ebenso wie den identischen
zukommen, ist dies mit den Theoremen 14) nicht der Fall. Wir mögen
letztere deshalb als die spezifischen Gesetze des identischen (sowie auch
des logischen) Kalkuls hinstellen.
In der Arithmetik würde Gleichung 14+) nur für den Wert 0,
Gleichung 14×) nur für die Werte 0 und 1 von a erfüllt sein; ausserdem
könnte man beide Gleichungen noch für a = ∞ in Anspruch nehmen,
welch' letzteres Symbol aber nicht zu den Zahlen gehört.
In Worten lassen sich die beiden Sätze wie folgt fassen:
Identische
Multiplikation Addition
eines Gebietes
mit sich selbst zu sich selbst
lässt dasselbe unverändert — doch ist der Formelausdruck als der über-
sichtlichere dem verbalen vorzuziehen.
Die Anschauung lässt beide Sätze als ganz selbstverständlich er-
scheinen. Das Gebiet
welches a mit sich selbst gemein hat zu welchem a sich selbst ergänzt
ist eben a selber. Entsprechend für Klassen:
Ein Mensch, welcher ein Mensch ist, ist ein Mensch, und umgekehrt
darf man auch sagen: ein Mensch ist ein Mensch und ein Mensch, ist
ein Mensch, welcher ein Mensch ist. Was Gold oder auch Gold ist, ist
eben Gold — sowie umgekehrt.
Freilich ist die Bemerkung am Platze, dass man durch solche Urteile
sich einer unnötigen Wiederholung, einer „Tautologie“, eines „Pleonasmus“
schuldig mache. Es wird auch in der That kaum jemals einem Vernünf-
tigen einfallen solchergestalt in unverhüllter Form, sozusagen nackt zu
sagen: „die Pferde, welche Pferde sind“, „die Neger-Mohren-Neger“ und
ebensowenig „die Menschen und die Menschen und die Menschen“ oder der-
gleichen.
In verhüllter Form dagegen — implicite — wird solches, wie sich
zeigen lässt, in den Wissenschaften sowol wie im gemeinen Leben, ungemein
häufig gethan. Ein paar Beispiele werden genügen, dies zum Bewusstsein
zu bringen.
Zum Zwecke einer zahlentheoretischen Untersuchung mögen wir etwa
aus der Mannigfaltigkeit der positiven ganzen Zahlen diejenigen hervor-
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Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik01_1890/280>, abgerufen am 22.11.2024.
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