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Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890.

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Einleitung.
C. Über Begriffe. Einteilung, Definition und Kategorieen, Pasigraphie.
Logik des Inhaltes oder des Umfangs? Über Urteile, Schlüsse und
deren Folgerichtigkeit. Warum Algebra der Logik.

p2) Nachdem wir die Notwendigkeit erkannt, dass der sprachen-
bildende Geist neben Eigennamen auch Gemeinnamen schaffe, drängt
sich uns als nächste die Frage auf: welche Dinge wir denn je mit dem-
selben Gemeinnamen belehnen sollen?

Behufs ihrer Beantwortung müssen wir uns berufen auf das mensch-
liche Unterscheidungsvermögen, ein Vermögen, ohne welches ja kein
Studium, keine Wissenschaft, kein Erkennen denkbar erschiene:

Wir sind im stande, Verschiedenes zu unterscheiden und an ähnlichen
Dingen Gleichheiten wahrzunehmen.

Die Gleichheit, Übereinstimmung (agreement) findet immer nur in einer
gewissen Hinsicht statt und ist mit Verschiedenheiten (differences), -- in
anderer Hinsicht -- verknüpft, ohne welche uns die miteinander verglichenen
Dinge gar nicht als mehrere Dinge erscheinen könnten, sondern identisch,
einerlei
, einunddasselbe (oder das nämliche), nur ein Ding zu nennen sein
würden.

Teile oder Elemente der Vorstellung eines -- nötigenfalls vollständig,
auch mit allen seinen Beziehungen zu noch andern Dingen -- gedachten
Dinges, in welchen es mit andern Dingen übereinstimmen oder auch von sol-
chen differiren kann, nannten wir Merkmale desselben (genauer gesagt: jeweils
das solchen Vorstellungselementen zugrunde liegend gedachte Wirkliche).

Insofern wir häufig ein Ding nicht vollständig auszudenken fähig,
müssen wir natürlich neben "bekannten" auch "unbekannte" Merkmale in
der Regel zugeben.

Es sei hier nochmals in Erinnerung gebracht, dass (hienach) dem
Namen "Merkmal" eine möglichst allgemeine Bedeutung unterzulegen ist;
es handelt sich dabei durchaus nicht blos um "Eigenschaften" (oder aber
"Thätigkeiten"), die dem Dinge selber, auch wenn es isolirt betrachtet wird,
notwendig oder zufällig zukommen (innewohnen), vielmehr kann das Merk-
mal auch begründet sein in einer "Beziehung", einem Verhältnisse, einer
Stellungnahme, welche andere Dinge zu dem gedachten einnehmen. Nicht
nur gilt uns der Wellenschlag als ein Merkmal des Meeres, sondern es
gilt uns auch der Preis, die Käuflichkeit als Merkmal einer Waare. Schon
dass er mir, oder einem Andern, mir nicht, (als Eigentum) gehört, dass er
mir gefällt, und dergl. ist als Merkmal eines Gegenstandes hinzustellen,
und auch die Abwesenheit bestimmter Merkmalgruppen kann selbst wieder
als Merkmal gelten, z. B. als Merkmal einer gewissen Bergspitze, dass noch
kein menschlicher Fuss sie je betreten -- einerlei auch, ob etwa ein ein-
wörteriger Name dafür vorhanden ist, oder nicht (Merkmal der Jungfräu-
lichkeit oder Unberührtheit des Gipfels, der "Unerstiegenheit"?). Vergl.
hiezu besonders § 15. Dass aber z. B. eine Person A um den Tod einer
andern B trauert, lässt sich begreiflicherweise -- ohne weiteres -- nicht

Einleitung.
C. Über Begriffe. Einteilung, Definition und Kategorieen, Pasigraphie.
Logik des Inhaltes oder des Umfangs? Über Urteile, Schlüsse und
deren Folgerichtigkeit. Warum Algebra der Logik.

π2) Nachdem wir die Notwendigkeit erkannt, dass der sprachen-
bildende Geist neben Eigennamen auch Gemeinnamen schaffe, drängt
sich uns als nächste die Frage auf: welche Dinge wir denn je mit dem-
selben Gemeinnamen belehnen sollen?

Behufs ihrer Beantwortung müssen wir uns berufen auf das mensch-
liche Unterscheidungsvermögen, ein Vermögen, ohne welches ja kein
Studium, keine Wissenschaft, kein Erkennen denkbar erschiene:

Wir sind im stande, Verschiedenes zu unterscheiden und an ähnlichen
Dingen Gleichheiten wahrzunehmen.

Die Gleichheit, Übereinstimmung (agreement) findet immer nur in einer
gewissen Hinsicht statt und ist mit Verschiedenheiten (differences), — in
anderer Hinsicht — verknüpft, ohne welche uns die miteinander verglichenen
Dinge gar nicht als mehrere Dinge erscheinen könnten, sondern identisch,
einerlei
, einunddasselbe (oder das nämliche), nur ein Ding zu nennen sein
würden.

Teile oder Elemente der Vorstellung eines — nötigenfalls vollständig,
auch mit allen seinen Beziehungen zu noch andern Dingen — gedachten
Dinges, in welchen es mit andern Dingen übereinstimmen oder auch von sol-
chen differiren kann, nannten wir Merkmale desselben (genauer gesagt: jeweils
das solchen Vorstellungselementen zugrunde liegend gedachte Wirkliche).

Insofern wir häufig ein Ding nicht vollständig auszudenken fähig,
müssen wir natürlich neben „bekannten“ auch „unbekannte“ Merkmale in
der Regel zugeben.

Es sei hier nochmals in Erinnerung gebracht, dass (hienach) dem
Namen „Merkmal“ eine möglichst allgemeine Bedeutung unterzulegen ist;
es handelt sich dabei durchaus nicht blos um „Eigenschaften“ (oder aber
„Thätigkeiten“), die dem Dinge selber, auch wenn es isolirt betrachtet wird,
notwendig oder zufällig zukommen (innewohnen), vielmehr kann das Merk-
mal auch begründet sein in einer „Beziehung“, einem Verhältnisse, einer
Stellungnahme, welche andere Dinge zu dem gedachten einnehmen. Nicht
nur gilt uns der Wellenschlag als ein Merkmal des Meeres, sondern es
gilt uns auch der Preis, die Käuflichkeit als Merkmal einer Waare. Schon
dass er mir, oder einem Andern, mir nicht, (als Eigentum) gehört, dass er
mir gefällt, und dergl. ist als Merkmal eines Gegenstandes hinzustellen,
und auch die Abwesenheit bestimmter Merkmalgruppen kann selbst wieder
als Merkmal gelten, z. B. als Merkmal einer gewissen Bergspitze, dass noch
kein menschlicher Fuss sie je betreten — einerlei auch, ob etwa ein ein-
wörteriger Name dafür vorhanden ist, oder nicht (Merkmal der Jungfräu-
lichkeit oder Unberührtheit des Gipfels, der „Unerstiegenheit“?). Vergl.
hiezu besonders § 15. Dass aber z. B. eine Person A um den Tod einer
andern B trauert, lässt sich begreiflicherweise — ohne weiteres — nicht

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[80/0100] Einleitung. C. Über Begriffe. Einteilung, Definition und Kategorieen, Pasigraphie. Logik des Inhaltes oder des Umfangs? Über Urteile, Schlüsse und deren Folgerichtigkeit. Warum Algebra der Logik. π2) Nachdem wir die Notwendigkeit erkannt, dass der sprachen- bildende Geist neben Eigennamen auch Gemeinnamen schaffe, drängt sich uns als nächste die Frage auf: welche Dinge wir denn je mit dem- selben Gemeinnamen belehnen sollen? Behufs ihrer Beantwortung müssen wir uns berufen auf das mensch- liche Unterscheidungsvermögen, ein Vermögen, ohne welches ja kein Studium, keine Wissenschaft, kein Erkennen denkbar erschiene: Wir sind im stande, Verschiedenes zu unterscheiden und an ähnlichen Dingen Gleichheiten wahrzunehmen. Die Gleichheit, Übereinstimmung (agreement) findet immer nur in einer gewissen Hinsicht statt und ist mit Verschiedenheiten (differences), — in anderer Hinsicht — verknüpft, ohne welche uns die miteinander verglichenen Dinge gar nicht als mehrere Dinge erscheinen könnten, sondern identisch, einerlei, einunddasselbe (oder das nämliche), nur ein Ding zu nennen sein würden. Teile oder Elemente der Vorstellung eines — nötigenfalls vollständig, auch mit allen seinen Beziehungen zu noch andern Dingen — gedachten Dinges, in welchen es mit andern Dingen übereinstimmen oder auch von sol- chen differiren kann, nannten wir Merkmale desselben (genauer gesagt: jeweils das solchen Vorstellungselementen zugrunde liegend gedachte Wirkliche). Insofern wir häufig ein Ding nicht vollständig auszudenken fähig, müssen wir natürlich neben „bekannten“ auch „unbekannte“ Merkmale in der Regel zugeben. Es sei hier nochmals in Erinnerung gebracht, dass (hienach) dem Namen „Merkmal“ eine möglichst allgemeine Bedeutung unterzulegen ist; es handelt sich dabei durchaus nicht blos um „Eigenschaften“ (oder aber „Thätigkeiten“), die dem Dinge selber, auch wenn es isolirt betrachtet wird, notwendig oder zufällig zukommen (innewohnen), vielmehr kann das Merk- mal auch begründet sein in einer „Beziehung“, einem Verhältnisse, einer Stellungnahme, welche andere Dinge zu dem gedachten einnehmen. Nicht nur gilt uns der Wellenschlag als ein Merkmal des Meeres, sondern es gilt uns auch der Preis, die Käuflichkeit als Merkmal einer Waare. Schon dass er mir, oder einem Andern, mir nicht, (als Eigentum) gehört, dass er mir gefällt, und dergl. ist als Merkmal eines Gegenstandes hinzustellen, und auch die Abwesenheit bestimmter Merkmalgruppen kann selbst wieder als Merkmal gelten, z. B. als Merkmal einer gewissen Bergspitze, dass noch kein menschlicher Fuss sie je betreten — einerlei auch, ob etwa ein ein- wörteriger Name dafür vorhanden ist, oder nicht (Merkmal der Jungfräu- lichkeit oder Unberührtheit des Gipfels, der „Unerstiegenheit“?). Vergl. hiezu besonders § 15. Dass aber z. B. eine Person A um den Tod einer andern B trauert, lässt sich begreiflicherweise — ohne weiteres — nicht

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Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik01_1890/100>, abgerufen am 29.11.2024.