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Schreber, Daniel Gottlob Moritz: Kallipädie oder Erziehung zur Schönheit. Leipzig, 1858.

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2.--7. JAHR. KÖRPERL. SEITE. KÖRPER-FORM, HALTUNGEN U. GEWOHNHEITEN.
es gewährt, wenn der Mensch durch Gewöhnung und Uebung
beider Arme für die meisten Beschäftigungen eine gleiche Kraft
und Gewandtheit sich verschafft hat.

Die Rücksicht auf die Gleichseitigkeit der Haltungen und
Bewegungen muss sich also ganz besonders in dieser Periode
des kindlichen Alters auf alle nur einigermaassen wesentlichen
Einzelnheiten erstrecken. Näheren Verständnisses halber mö-
gen nur einige hierher gehörige Punkte beispielsweise Erwäh-
nung finden:

Unter den gewöhnlichen Beschäftigungen und Handierun-
gen ist überhaupt das Erfassen und Tragen von Gegenstän-
den, die einigermaassen ins Gewicht fallen, zu beachten und
darauf zu sehen, dass das Kind dabei abwechselnd beide
Hände
zu brauchen sich gewöhne. Ebenso und ganz beson-
ders beim Hochgreifen, z. B. beim Erfassen der Thürschlösser,
die, für das Grössenverhältniss Erwachsener berechnet, von
Kindern dieses Alters nicht ohne äusserste Erhebung des Armes
und der Schulter und nicht ohne starke Ausdehnung dieser
ganzen Körperseite zu erreichen sind. Ferner beim Führen
der Kinder an einer Hand während des Spazierengehens, in-
dem die Kinder die Seite, an welcher sie geführt werden, als
Halt- und Stützpunkt bei ihrem hüpfenden Gange zu benutzen
pflegen, womit eine durch die Dauer und häufige Wiederho-
lung nicht einflusslose einseitige Muskelthätigkeit verbunden ist.

Unter den Spielen dieses Alters sind es besonders die
Ball-, Kreisel- und Wurfspiele, welche, wenn die Kinder dabei
sich allein überlassen bleiben, stets einen einseitigen Muskel-
gebrauch mit sich führen. Um daher diesen Spielen, welche
an sich der ganzen kindlichen Natur und Entwickelung voll-
kommen entsprechend und förderlich sind, den ganz ungetrüb-
ten wohlthätigen Einfluss zu verschaffen, bedarf es auch hier
der Einführung einer gleichmässigen Abwechselung des rech-
ten und linken Armes. Hält man darauf gleich anfangs, so-
bald das Kind fähig ist, zu diesen Spielen überzugehen, so
wird die Bildung dieser Gewohnheit ohne grosse Mühe erlangt
werden. Ebenso lasse man die Mädchen ihre Puppen bald
auf dem rechten, bald auf dem linken Arme tragen, ihre Pup-

2.—7. JAHR. KÖRPERL. SEITE. KÖRPER-FORM, HALTUNGEN U. GEWOHNHEITEN.
es gewährt, wenn der Mensch durch Gewöhnung und Uebung
beider Arme für die meisten Beschäftigungen eine gleiche Kraft
und Gewandtheit sich verschafft hat.

Die Rücksicht auf die Gleichseitigkeit der Haltungen und
Bewegungen muss sich also ganz besonders in dieser Periode
des kindlichen Alters auf alle nur einigermaassen wesentlichen
Einzelnheiten erstrecken. Näheren Verständnisses halber mö-
gen nur einige hierher gehörige Punkte beispielsweise Erwäh-
nung finden:

Unter den gewöhnlichen Beschäftigungen und Handierun-
gen ist überhaupt das Erfassen und Tragen von Gegenstän-
den, die einigermaassen ins Gewicht fallen, zu beachten und
darauf zu sehen, dass das Kind dabei abwechselnd beide
Hände
zu brauchen sich gewöhne. Ebenso und ganz beson-
ders beim Hochgreifen, z. B. beim Erfassen der Thürschlösser,
die, für das Grössenverhältniss Erwachsener berechnet, von
Kindern dieses Alters nicht ohne äusserste Erhebung des Armes
und der Schulter und nicht ohne starke Ausdehnung dieser
ganzen Körperseite zu erreichen sind. Ferner beim Führen
der Kinder an einer Hand während des Spazierengehens, in-
dem die Kinder die Seite, an welcher sie geführt werden, als
Halt- und Stützpunkt bei ihrem hüpfenden Gange zu benutzen
pflegen, womit eine durch die Dauer und häufige Wiederho-
lung nicht einflusslose einseitige Muskelthätigkeit verbunden ist.

Unter den Spielen dieses Alters sind es besonders die
Ball-, Kreisel- und Wurfspiele, welche, wenn die Kinder dabei
sich allein überlassen bleiben, stets einen einseitigen Muskel-
gebrauch mit sich führen. Um daher diesen Spielen, welche
an sich der ganzen kindlichen Natur und Entwickelung voll-
kommen entsprechend und förderlich sind, den ganz ungetrüb-
ten wohlthätigen Einfluss zu verschaffen, bedarf es auch hier
der Einführung einer gleichmässigen Abwechselung des rech-
ten und linken Armes. Hält man darauf gleich anfangs, so-
bald das Kind fähig ist, zu diesen Spielen überzugehen, so
wird die Bildung dieser Gewohnheit ohne grosse Mühe erlangt
werden. Ebenso lasse man die Mädchen ihre Puppen bald
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[105/0109] 2.—7. JAHR. KÖRPERL. SEITE. KÖRPER-FORM, HALTUNGEN U. GEWOHNHEITEN. es gewährt, wenn der Mensch durch Gewöhnung und Uebung beider Arme für die meisten Beschäftigungen eine gleiche Kraft und Gewandtheit sich verschafft hat. Die Rücksicht auf die Gleichseitigkeit der Haltungen und Bewegungen muss sich also ganz besonders in dieser Periode des kindlichen Alters auf alle nur einigermaassen wesentlichen Einzelnheiten erstrecken. Näheren Verständnisses halber mö- gen nur einige hierher gehörige Punkte beispielsweise Erwäh- nung finden: Unter den gewöhnlichen Beschäftigungen und Handierun- gen ist überhaupt das Erfassen und Tragen von Gegenstän- den, die einigermaassen ins Gewicht fallen, zu beachten und darauf zu sehen, dass das Kind dabei abwechselnd beide Hände zu brauchen sich gewöhne. Ebenso und ganz beson- ders beim Hochgreifen, z. B. beim Erfassen der Thürschlösser, die, für das Grössenverhältniss Erwachsener berechnet, von Kindern dieses Alters nicht ohne äusserste Erhebung des Armes und der Schulter und nicht ohne starke Ausdehnung dieser ganzen Körperseite zu erreichen sind. Ferner beim Führen der Kinder an einer Hand während des Spazierengehens, in- dem die Kinder die Seite, an welcher sie geführt werden, als Halt- und Stützpunkt bei ihrem hüpfenden Gange zu benutzen pflegen, womit eine durch die Dauer und häufige Wiederho- lung nicht einflusslose einseitige Muskelthätigkeit verbunden ist. Unter den Spielen dieses Alters sind es besonders die Ball-, Kreisel- und Wurfspiele, welche, wenn die Kinder dabei sich allein überlassen bleiben, stets einen einseitigen Muskel- gebrauch mit sich führen. Um daher diesen Spielen, welche an sich der ganzen kindlichen Natur und Entwickelung voll- kommen entsprechend und förderlich sind, den ganz ungetrüb- ten wohlthätigen Einfluss zu verschaffen, bedarf es auch hier der Einführung einer gleichmässigen Abwechselung des rech- ten und linken Armes. Hält man darauf gleich anfangs, so- bald das Kind fähig ist, zu diesen Spielen überzugehen, so wird die Bildung dieser Gewohnheit ohne grosse Mühe erlangt werden. Ebenso lasse man die Mädchen ihre Puppen bald auf dem rechten, bald auf dem linken Arme tragen, ihre Pup-

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Zitationshilfe: Schreber, Daniel Gottlob Moritz: Kallipädie oder Erziehung zur Schönheit. Leipzig, 1858, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schreber_kallipaedie_1858/109>, abgerufen am 23.11.2024.