Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schottel, Justus Georg: Grausame Beschreibung und Vorstellung Der Hölle Und der Höllischen Qwal . Wolfenbüttel, 1676.

Bild:
<< vorherige Seite
Nachdenkliche Beschreibung
Quid est Atheista?
Einen Atheum recht kennen/
Jhn mit wahren Nahmen nennen:
Dessen stets witzdoller Sinn/
GOtt und GOttes Wort zwar hin/
Und zum Schein mit nennet her:
Aber ihm ist GOtt und Lehr
Das/ was die Staatsgründe sagen/
Der Regierkunst wol behagen.

Was man rationes status nennet/ solches hat zwar
im Teutschen mancherlei Benennung und Beschrei-
bung/ eigentlich aber wird es genant mit einem Wor-
te/ Staatsgründe/ wohin nemlich alles/ was zum vor-
genommenen/ oder hergebrachten Staatswesen sich
anschikken/ und mit bequemlich sein muß/ sich anzielet
und mithin gründet. Das Wolbehagen auch/ und
der Schluß nach der Regierkunst/ oder der gedreheten
Politicae, machet und veruhrsachet auch wol einen gu-
ten rühmlichen Nahmen eines weltklugen Mannnes o-
der Politici, der weitschweiffende Mißbrauch aber/ und
die unbeschrenkte Freiheit des weltklugseins verstaltet
gar zu oft das durchgreiffen/ und das durchdringen der
Gottlosigkeit/ in den Schein der Gottseeligkeit.

Als einmahl ein solcher vornehmer Staats Mann/
und im hohen Ansehen und Bedienung sich befindender
Politicus, dem es an Geschiklichkeit/ auch Gut und Gel-
de nicht mangelte/ der auch den Nahmen mit haben wol-
te/ daß er die Schulen und studia sonderlich beforderte/
auch fleissig zur Kirchen kam/ dessen Teutsche Bibel
auch/ die er immer zur Hand hatte/ mit rohter und grü-
ner Tinte durch und durch unterstrichen war/ bei einer
Gesellschaft in Anwesenheit geistlicher und weltlicher

Leu-
Nachdenkliche Beſchreibung
Quid eſt Atheiſta?
Einen Atheum recht kennen/
Jhn mit wahren Nahmen nennen:
Deſſen ſtets witzdoller Sinn/
GOtt und GOttes Wort zwar hin/
Und zum Schein mit nennet her:
Aber ihm iſt GOtt und Lehr
Das/ was die Staatsgruͤnde ſagen/
Der Regierkunſt wol behagen.

Was man rationes ſtatus nennet/ ſolches hat zwar
im Teutſchen mancherlei Benennung und Beſchrei-
bung/ eigentlich aber wird es genant mit einem Wor-
te/ Staatsgruͤnde/ wohin nemlich alles/ was zum vor-
genommenen/ oder hergebrachten Staatsweſen ſich
anſchikken/ und mit bequemlich ſein muß/ ſich anzielet
und mithin gruͤndet. Das Wolbehagen auch/ und
der Schluß nach der Regierkunſt/ oder der gedreheten
Politicæ, machet und veruhrſachet auch wol einen gu-
ten ruͤhmlichen Nahmen eines weltklugen Mannnes o-
der Politici, der weitſchweiffende Mißbrauch aber/ und
die unbeſchrenkte Freiheit des weltklugſeins verſtaltet
gar zu oft das durchgreiffen/ und das durchdringen der
Gottloſigkeit/ in den Schein der Gottſeeligkeit.

Als einmahl ein ſolcher vornehmer Staats Mann/
und im hohen Anſehen und Bedienung ſich befindender
Politicus, dem es an Geſchiklichkeit/ auch Gut und Gel-
de nicht mangelte/ der auch den Nahmen mit haben wol-
te/ daß er die Schulen und ſtudia ſonderlich beforderte/
auch fleiſſig zur Kirchen kam/ deſſen Teutſche Bibel
auch/ die er immer zur Hand hatte/ mit rohter und gruͤ-
ner Tinte durch und durch unterſtrichen war/ bei einer
Geſellſchaft in Anweſenheit geiſtlicher und weltlicher

Leu-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0280" n="212"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Nachdenkliche Be&#x017F;chreibung</hi> </fw><lb/>
          <l> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Quid e&#x017F;t Athei&#x017F;ta?</hi> </hi> </l><lb/>
          <l>Einen <hi rendition="#aq">Atheum</hi> recht kennen/</l><lb/>
          <l>Jhn mit wahren Nahmen nennen:</l><lb/>
          <l>De&#x017F;&#x017F;en &#x017F;tets witzdoller Sinn/</l><lb/>
          <l>GOtt und GOttes Wort zwar hin/</l><lb/>
          <l>Und zum Schein mit nennet her:</l><lb/>
          <l>Aber ihm i&#x017F;t GOtt und Lehr</l><lb/>
          <l>Das/ was die <hi rendition="#fr">Staatsgru&#x0364;nde</hi> &#x017F;agen/</l><lb/>
          <l>Der <hi rendition="#fr">Regierkun&#x017F;t</hi> wol behagen.</l>
        </lg><lb/>
        <p>Was man <hi rendition="#aq">rationes &#x017F;tatus</hi> nennet/ &#x017F;olches hat zwar<lb/>
im Teut&#x017F;chen mancherlei Benennung und Be&#x017F;chrei-<lb/>
bung/ eigentlich aber wird es genant mit einem Wor-<lb/>
te/ <hi rendition="#fr">Staatsgru&#x0364;nde/</hi> wohin nemlich alles/ was zum vor-<lb/>
genommenen/ oder hergebrachten <hi rendition="#fr">Staatswe&#x017F;en</hi> &#x017F;ich<lb/>
an&#x017F;chikken/ und mit bequemlich &#x017F;ein muß/ &#x017F;ich anzielet<lb/>
und mithin gru&#x0364;ndet. Das <hi rendition="#fr">Wolbehagen</hi> auch/ und<lb/>
der <hi rendition="#fr">Schluß</hi> nach der <hi rendition="#fr">Regierkun&#x017F;t/</hi> oder der gedreheten<lb/><hi rendition="#aq">Politicæ,</hi> machet und veruhr&#x017F;achet auch wol einen gu-<lb/>
ten ru&#x0364;hmlichen Nahmen eines weltklugen Mannnes o-<lb/>
der <hi rendition="#aq">Politici,</hi> der weit&#x017F;chweiffende Mißbrauch aber/ und<lb/>
die unbe&#x017F;chrenkte Freiheit des <hi rendition="#fr">weltklug&#x017F;eins</hi> ver&#x017F;taltet<lb/>
gar zu oft das durchgreiffen/ und das durchdringen der<lb/>
Gottlo&#x017F;igkeit/ in den Schein der Gott&#x017F;eeligkeit.</p><lb/>
        <p>Als einmahl ein &#x017F;olcher vornehmer Staats Mann/<lb/>
und im hohen An&#x017F;ehen und Bedienung &#x017F;ich befindender<lb/><hi rendition="#aq">Politicus,</hi> dem es an Ge&#x017F;chiklichkeit/ auch Gut und Gel-<lb/>
de nicht mangelte/ der auch den Nahmen mit haben wol-<lb/>
te/ daß er die Schulen und <hi rendition="#aq">&#x017F;tudia</hi> &#x017F;onderlich beforderte/<lb/>
auch flei&#x017F;&#x017F;ig zur Kirchen kam/ de&#x017F;&#x017F;en Teut&#x017F;che Bibel<lb/>
auch/ die er immer zur Hand hatte/ mit rohter und gru&#x0364;-<lb/>
ner Tinte durch und durch unter&#x017F;trichen war/ bei einer<lb/>
Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft in Anwe&#x017F;enheit gei&#x017F;tlicher und weltlicher<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Leu-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[212/0280] Nachdenkliche Beſchreibung Quid eſt Atheiſta? Einen Atheum recht kennen/ Jhn mit wahren Nahmen nennen: Deſſen ſtets witzdoller Sinn/ GOtt und GOttes Wort zwar hin/ Und zum Schein mit nennet her: Aber ihm iſt GOtt und Lehr Das/ was die Staatsgruͤnde ſagen/ Der Regierkunſt wol behagen. Was man rationes ſtatus nennet/ ſolches hat zwar im Teutſchen mancherlei Benennung und Beſchrei- bung/ eigentlich aber wird es genant mit einem Wor- te/ Staatsgruͤnde/ wohin nemlich alles/ was zum vor- genommenen/ oder hergebrachten Staatsweſen ſich anſchikken/ und mit bequemlich ſein muß/ ſich anzielet und mithin gruͤndet. Das Wolbehagen auch/ und der Schluß nach der Regierkunſt/ oder der gedreheten Politicæ, machet und veruhrſachet auch wol einen gu- ten ruͤhmlichen Nahmen eines weltklugen Mannnes o- der Politici, der weitſchweiffende Mißbrauch aber/ und die unbeſchrenkte Freiheit des weltklugſeins verſtaltet gar zu oft das durchgreiffen/ und das durchdringen der Gottloſigkeit/ in den Schein der Gottſeeligkeit. Als einmahl ein ſolcher vornehmer Staats Mann/ und im hohen Anſehen und Bedienung ſich befindender Politicus, dem es an Geſchiklichkeit/ auch Gut und Gel- de nicht mangelte/ der auch den Nahmen mit haben wol- te/ daß er die Schulen und ſtudia ſonderlich beforderte/ auch fleiſſig zur Kirchen kam/ deſſen Teutſche Bibel auch/ die er immer zur Hand hatte/ mit rohter und gruͤ- ner Tinte durch und durch unterſtrichen war/ bei einer Geſellſchaft in Anweſenheit geiſtlicher und weltlicher Leu-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schottel_hoelle_1676
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schottel_hoelle_1676/280
Zitationshilfe: Schottel, Justus Georg: Grausame Beschreibung und Vorstellung Der Hölle Und der Höllischen Qwal . Wolfenbüttel, 1676, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schottel_hoelle_1676/280>, abgerufen am 21.11.2024.