Das Wort, welches diesem folgen sollte, erstarb ihm auf den Lippen; er hörte etwas über seinem Haupte schwirren, dieses Etwas schlang sich um seinen Nacken und riß ihn mit unwiderstehlicher Gewalt zu Boden; beim Fallen entfiel seiner Hand das Gewehr, der neben ihm haltende Reiter sprang vom Pferde und hob es auf und in der Zeit von einer Minute war der unglückliche junge Mann wie ein Büffel vom Lasso umschlungen, zu Boden gerissen, entwaffnet und in die Hand seines grimmigsten Feindes gegeben.
Hieram warf sich, nachdem er das Gewehr außer seinem Bereiche gebracht hatte, auf ihn und setzte ihm die Spitze seines Dolches auf die Kehle.
-- "Bewege dich nicht," rief er mit drohen- der Stimme, "oder ich stoße zu und du bist eine Leiche!"
Bruno, das treue Thier, begriff die Gefahr sei- nes geliebten Gebieters und stürzte sich auf den Meu- chelmörder, dem er mit furchtbaren Bissen so arg zu- setzte, daß dieser sich gezwungen gesehen haben würde, seine Beute loszulassen, wenn Joram ihm nicht zu Hülfe gekommen wäre. Dieser durchbohrte Bruno mit seinem Degen, so daß das arme Thier tödtlich getroffen zu Boden sank und sich nicht wieder aufzu- raffen vermochte. Dies entschied Arnolds Schicksal. Die beiden Mörder fielen jetzt ungehindert über ihn
Das Wort, welches dieſem folgen ſollte, erſtarb ihm auf den Lippen; er hörte etwas über ſeinem Haupte ſchwirren, dieſes Etwas ſchlang ſich um ſeinen Nacken und riß ihn mit unwiderſtehlicher Gewalt zu Boden; beim Fallen entfiel ſeiner Hand das Gewehr, der neben ihm haltende Reiter ſprang vom Pferde und hob es auf und in der Zeit von einer Minute war der unglückliche junge Mann wie ein Büffel vom Laſſo umſchlungen, zu Boden geriſſen, entwaffnet und in die Hand ſeines grimmigſten Feindes gegeben.
Hieram warf ſich, nachdem er das Gewehr außer ſeinem Bereiche gebracht hatte, auf ihn und ſetzte ihm die Spitze ſeines Dolches auf die Kehle.
— „Bewege dich nicht,“ rief er mit drohen- der Stimme, „oder ich ſtoße zu und du biſt eine Leiche!“
Bruno, das treue Thier, begriff die Gefahr ſei- nes geliebten Gebieters und ſtürzte ſich auf den Meu- chelmörder, dem er mit furchtbaren Biſſen ſo arg zu- ſetzte, daß dieſer ſich gezwungen geſehen haben würde, ſeine Beute loszulaſſen, wenn Joram ihm nicht zu Hülfe gekommen wäre. Dieſer durchbohrte Bruno mit ſeinem Degen, ſo daß das arme Thier tödtlich getroffen zu Boden ſank und ſich nicht wieder aufzu- raffen vermochte. Dies entſchied Arnolds Schickſal. Die beiden Mörder fielen jetzt ungehindert über ihn
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Das Wort, welches dieſem folgen ſollte, erſtarb
ihm auf den Lippen; er hörte etwas über ſeinem
Haupte ſchwirren, dieſes Etwas ſchlang ſich um ſeinen
Nacken und riß ihn mit unwiderſtehlicher Gewalt zu
Boden; beim Fallen entfiel ſeiner Hand das Gewehr,
der neben ihm haltende Reiter ſprang vom Pferde
und hob es auf und in der Zeit von einer Minute
war der unglückliche junge Mann wie ein Büffel vom
Laſſo umſchlungen, zu Boden geriſſen, entwaffnet und
in die Hand ſeines grimmigſten Feindes gegeben.
Hieram warf ſich, nachdem er das Gewehr außer
ſeinem Bereiche gebracht hatte, auf ihn und ſetzte ihm
die Spitze ſeines Dolches auf die Kehle.
— „Bewege dich nicht,“ rief er mit drohen-
der Stimme, „oder ich ſtoße zu und du biſt eine
Leiche!“
Bruno, das treue Thier, begriff die Gefahr ſei-
nes geliebten Gebieters und ſtürzte ſich auf den Meu-
chelmörder, dem er mit furchtbaren Biſſen ſo arg zu-
ſetzte, daß dieſer ſich gezwungen geſehen haben würde,
ſeine Beute loszulaſſen, wenn Joram ihm nicht zu
Hülfe gekommen wäre. Dieſer durchbohrte Bruno
mit ſeinem Degen, ſo daß das arme Thier tödtlich
getroffen zu Boden ſank und ſich nicht wieder aufzu-
raffen vermochte. Dies entſchied Arnolds Schickſal.
Die beiden Mörder fielen jetzt ungehindert über ihn
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Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 3. Jena, 1846, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet03_1846/85>, abgerufen am 16.02.2025.
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