Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 3. Jena, 1846.

Bild:
<< vorherige Seite

ich will! Aber dringen Sie jetzt nicht darauf, jetzt
nicht!"

-- "Gut! So sehen wir indeß die neuen Kupfer-
stiche an, die mein Vater für mich aus Europa hat
kommen lassen," sagte sie, an eine große Tafel tre-
tend, auf der eine Menge Hefte und einzelne Blät-
ter, sehr schöne Stahl- und Kupferstiche enthaltend,
ausgebreitet lagen. "Jch habe ihn gebeten," fuhr
sie fort, nachdem Arnold ihr dahin gefolgt war, "mir
Landschaften von der Gegend kommen zu lassen, aus
der meine gute verstorbene Mutter stammte, die Jhre
Landsmännin, eine Deutsche, war, und in diesem
Hefte sollen sie enthalten seyn, wie man mir sagte."

-- "Wie, Jhre Mutter war eine Deutsche?"
fragte Arnold überrascht.

-- "Ja, mein Vater behauptet es: ich selbst
habe sie nicht gekannt; sie starb, als ich noch zu
jung war, um mich ihrer erinnern zu können. Jch
hätte sie so gern gekannt," fuhr sie mit gerührter
Stimme fort: "sie soll so gut und schön gewesen
sein! Wissen Sie, Mr. Arnold," fügte sie nach ei-
ner Pause hinzu, "daß es mir sehr lieb ist, in Jhnen
einen Landsmann meiner Mutter zu begrüßen? O, wie
würde ich meine Mutter geliebt haben, wenn ich sie
gekannt hätte!"

Sie öffnete mit diesen Worten das betreffende

ich will! Aber dringen Sie jetzt nicht darauf, jetzt
nicht!“

— „Gut! So ſehen wir indeß die neuen Kupfer-
ſtiche an, die mein Vater für mich aus Europa hat
kommen laſſen,“ ſagte ſie, an eine große Tafel tre-
tend, auf der eine Menge Hefte und einzelne Blät-
ter, ſehr ſchöne Stahl- und Kupferſtiche enthaltend,
ausgebreitet lagen. „Jch habe ihn gebeten,“ fuhr
ſie fort, nachdem Arnold ihr dahin gefolgt war, „mir
Landſchaften von der Gegend kommen zu laſſen, aus
der meine gute verſtorbene Mutter ſtammte, die Jhre
Landsmännin, eine Deutſche, war, und in dieſem
Hefte ſollen ſie enthalten ſeyn, wie man mir ſagte.“

— „Wie, Jhre Mutter war eine Deutſche?“
fragte Arnold überraſcht.

— „Ja, mein Vater behauptet es: ich ſelbſt
habe ſie nicht gekannt; ſie ſtarb, als ich noch zu
jung war, um mich ihrer erinnern zu können. Jch
hätte ſie ſo gern gekannt,“ fuhr ſie mit gerührter
Stimme fort: „ſie ſoll ſo gut und ſchön geweſen
ſein! Wiſſen Sie, Mr. Arnold,“ fügte ſie nach ei-
ner Pauſe hinzu, „daß es mir ſehr lieb iſt, in Jhnen
einen Landsmann meiner Mutter zu begrüßen? O, wie
würde ich meine Mutter geliebt haben, wenn ich ſie
gekannt hätte!“

Sie öffnete mit dieſen Worten das betreffende

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0032" n="26"/>
ich will! Aber dringen Sie jetzt nicht darauf, jetzt<lb/>
nicht!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x2014; &#x201E;Gut! So &#x017F;ehen wir indeß die neuen Kupfer-<lb/>
&#x017F;tiche an, die mein Vater für mich aus Europa hat<lb/>
kommen la&#x017F;&#x017F;en,&#x201C; &#x017F;agte &#x017F;ie, an eine große Tafel tre-<lb/>
tend, auf der eine Menge Hefte und einzelne Blät-<lb/>
ter, &#x017F;ehr &#x017F;chöne Stahl- und Kupfer&#x017F;tiche enthaltend,<lb/>
ausgebreitet lagen. &#x201E;Jch habe ihn gebeten,&#x201C; fuhr<lb/>
&#x017F;ie fort, nachdem Arnold ihr dahin gefolgt war, &#x201E;mir<lb/>
Land&#x017F;chaften von der Gegend kommen zu la&#x017F;&#x017F;en, aus<lb/>
der meine gute ver&#x017F;torbene Mutter &#x017F;tammte, die Jhre<lb/>
Landsmännin, eine Deut&#x017F;che, war, und in die&#x017F;em<lb/>
Hefte &#x017F;ollen &#x017F;ie enthalten &#x017F;eyn, wie man mir &#x017F;agte.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x2014; &#x201E;Wie, Jhre Mutter war eine Deut&#x017F;che?&#x201C;<lb/>
fragte Arnold überra&#x017F;cht.</p><lb/>
        <p>&#x2014; &#x201E;Ja, mein Vater behauptet es: ich &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
habe &#x017F;ie nicht gekannt; &#x017F;ie &#x017F;tarb, als ich noch zu<lb/>
jung war, um mich ihrer erinnern zu können. Jch<lb/>
hätte &#x017F;ie &#x017F;o gern gekannt,&#x201C; fuhr &#x017F;ie mit gerührter<lb/>
Stimme fort: &#x201E;&#x017F;ie &#x017F;oll &#x017F;o gut und &#x017F;chön gewe&#x017F;en<lb/>
&#x017F;ein! Wi&#x017F;&#x017F;en Sie, Mr. Arnold,&#x201C; fügte &#x017F;ie nach ei-<lb/>
ner Pau&#x017F;e hinzu, &#x201E;daß es mir &#x017F;ehr lieb i&#x017F;t, in Jhnen<lb/>
einen Landsmann meiner Mutter zu begrüßen? O, wie<lb/>
würde ich meine Mutter geliebt haben, wenn ich &#x017F;ie<lb/>
gekannt hätte!&#x201C;</p><lb/>
        <p>Sie öffnete mit die&#x017F;en Worten das betreffende<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[26/0032] ich will! Aber dringen Sie jetzt nicht darauf, jetzt nicht!“ — „Gut! So ſehen wir indeß die neuen Kupfer- ſtiche an, die mein Vater für mich aus Europa hat kommen laſſen,“ ſagte ſie, an eine große Tafel tre- tend, auf der eine Menge Hefte und einzelne Blät- ter, ſehr ſchöne Stahl- und Kupferſtiche enthaltend, ausgebreitet lagen. „Jch habe ihn gebeten,“ fuhr ſie fort, nachdem Arnold ihr dahin gefolgt war, „mir Landſchaften von der Gegend kommen zu laſſen, aus der meine gute verſtorbene Mutter ſtammte, die Jhre Landsmännin, eine Deutſche, war, und in dieſem Hefte ſollen ſie enthalten ſeyn, wie man mir ſagte.“ — „Wie, Jhre Mutter war eine Deutſche?“ fragte Arnold überraſcht. — „Ja, mein Vater behauptet es: ich ſelbſt habe ſie nicht gekannt; ſie ſtarb, als ich noch zu jung war, um mich ihrer erinnern zu können. Jch hätte ſie ſo gern gekannt,“ fuhr ſie mit gerührter Stimme fort: „ſie ſoll ſo gut und ſchön geweſen ſein! Wiſſen Sie, Mr. Arnold,“ fügte ſie nach ei- ner Pauſe hinzu, „daß es mir ſehr lieb iſt, in Jhnen einen Landsmann meiner Mutter zu begrüßen? O, wie würde ich meine Mutter geliebt haben, wenn ich ſie gekannt hätte!“ Sie öffnete mit dieſen Worten das betreffende

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet03_1846
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet03_1846/32
Zitationshilfe: Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 3. Jena, 1846, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet03_1846/32>, abgerufen am 27.11.2024.