den unser Freund am Morgen desselben gemacht, theils durch die Aufregung, welche die Nachricht von dem Tode der unglücklichen Dina in ihm hervorgerufen, und endlich den Entschluß, seine bisherigen Verhält- nisse aufgeben und gegen neue vertauschen zu wollen, sehr viel Ermüdendes sowohl für Geist als Körper gehabt, so daß er sich innig nach Ruhe, nach Schlaf sehnte. Allein die Nerven des Gehirns waren durch das Alles in solche Spannung gerathen und vibrirten noch so stark, daß an Schlaf nicht für ihn zu denken war, so sehr sein Körper desselben auch bedurfte. Er machte den Versuch, die Aufrührerischen zur Ruhe zu bringen, warf sich auf sein Lager und schloß die Au- gen; allein Alles war vergeblich und er hielt es end- lich für besser, wieder aufzustehen und sich an das offene Fenster zu setzen.
Die draußen in der Natur herrschende Stille, das gänzliche Verstummen jeglichen Geräusches des ge- schäftigen Lebens, wirkten bald auf seinen aufgereg- ten Nervengeist und die ihn quälende Spannung ließ allgemach nach.
Es war eine tiefdunkle Nacht, eine von jenen, wo der durch Regenwolken verschleierte Himmel wie ein schwarzes Bahrtuch über dem Erdkreise liegt; eine jener wunderbaren Nächte, in denen die Natur in er- wartungsvoller Stille des Segens und der Erquickung
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den unſer Freund am Morgen deſſelben gemacht, theils durch die Aufregung, welche die Nachricht von dem Tode der unglücklichen Dina in ihm hervorgerufen, und endlich den Entſchluß, ſeine bisherigen Verhält- niſſe aufgeben und gegen neue vertauſchen zu wollen, ſehr viel Ermüdendes ſowohl für Geiſt als Körper gehabt, ſo daß er ſich innig nach Ruhe, nach Schlaf ſehnte. Allein die Nerven des Gehirns waren durch das Alles in ſolche Spannung gerathen und vibrirten noch ſo ſtark, daß an Schlaf nicht für ihn zu denken war, ſo ſehr ſein Körper deſſelben auch bedurfte. Er machte den Verſuch, die Aufrühreriſchen zur Ruhe zu bringen, warf ſich auf ſein Lager und ſchloß die Au- gen; allein Alles war vergeblich und er hielt es end- lich für beſſer, wieder aufzuſtehen und ſich an das offene Fenſter zu ſetzen.
Die draußen in der Natur herrſchende Stille, das gänzliche Verſtummen jeglichen Geräuſches des ge- ſchäftigen Lebens, wirkten bald auf ſeinen aufgereg- ten Nervengeiſt und die ihn quälende Spannung ließ allgemach nach.
Es war eine tiefdunkle Nacht, eine von jenen, wo der durch Regenwolken verſchleierte Himmel wie ein ſchwarzes Bahrtuch über dem Erdkreiſe liegt; eine jener wunderbaren Nächte, in denen die Natur in er- wartungsvoller Stille des Segens und der Erquickung
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[67/0073]
den unſer Freund am Morgen deſſelben gemacht, theils
durch die Aufregung, welche die Nachricht von dem
Tode der unglücklichen Dina in ihm hervorgerufen,
und endlich den Entſchluß, ſeine bisherigen Verhält-
niſſe aufgeben und gegen neue vertauſchen zu wollen,
ſehr viel Ermüdendes ſowohl für Geiſt als Körper
gehabt, ſo daß er ſich innig nach Ruhe, nach Schlaf
ſehnte. Allein die Nerven des Gehirns waren durch
das Alles in ſolche Spannung gerathen und vibrirten
noch ſo ſtark, daß an Schlaf nicht für ihn zu denken
war, ſo ſehr ſein Körper deſſelben auch bedurfte. Er
machte den Verſuch, die Aufrühreriſchen zur Ruhe zu
bringen, warf ſich auf ſein Lager und ſchloß die Au-
gen; allein Alles war vergeblich und er hielt es end-
lich für beſſer, wieder aufzuſtehen und ſich an das
offene Fenſter zu ſetzen.
Die draußen in der Natur herrſchende Stille,
das gänzliche Verſtummen jeglichen Geräuſches des ge-
ſchäftigen Lebens, wirkten bald auf ſeinen aufgereg-
ten Nervengeiſt und die ihn quälende Spannung ließ
allgemach nach.
Es war eine tiefdunkle Nacht, eine von jenen,
wo der durch Regenwolken verſchleierte Himmel wie
ein ſchwarzes Bahrtuch über dem Erdkreiſe liegt; eine
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Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 2. Jena, 1846, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet02_1846/73>, abgerufen am 16.02.2025.
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