Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 2. Jena, 1846.

Bild:
<< vorherige Seite

und Gegenden wie diese, sind nicht zum Aufenthalte
für junge und zarte Ladys, wie Sie sind, sondern nur
zu dem der wilden und reißenden Thiere bestimmt,
deren es genug in jenen Bergen geben mag."

-- "Wißt ihr, Hieram, daß ich mich hier
fürchte?" sagte sie, ängstliche Blicke umherwerfend;
denn die Traurigkeit und Oede dieser Gegend, durch
die der Weg über lauter Felstrümmer führte, einer
Gegend, in der kein Baum, kein Strauch zu er-
blicken war und wo der wie verbrannte, bald roth,
bald schwarz gefärbte Boden nur noch hie und da
einige dürftige Kryptogamen hervorbrachte, leidet kaum
eine Beschreibung und erfüllte die Seele zugleich mit
Furcht und Niedergeschlagenheit.

-- "Glaub's recht gern, Lady," versetzte der
Jrländer -- denn das war er von Geburt -- "glaub's
recht gern! und wenn Sie wollen, so kehren wir wie-
der um," fügte er, Spott und Hohn seiner Grau-
samkeit und Verrätherei beifügend, hinzu.

-- "So nahe dem Ziele?" rief sie, die seine
Worte für baare Münze nahm. "Nein, guter Hieram,
sind wir so weit gekommen, so kommen wir auch
schon noch weiter, und da hinter den Bergen, sagt
ihr ja, wird es besser?"

-- "Wenn wir die erst hinter uns haben, wird's
besser," versicherte er. "Aber treiben Sie ihr Pferd

und Gegenden wie dieſe, ſind nicht zum Aufenthalte
für junge und zarte Ladys, wie Sie ſind, ſondern nur
zu dem der wilden und reißenden Thiere beſtimmt,
deren es genug in jenen Bergen geben mag.“

— „Wißt ihr, Hieram, daß ich mich hier
fürchte?“ ſagte ſie, ängſtliche Blicke umherwerfend;
denn die Traurigkeit und Oede dieſer Gegend, durch
die der Weg über lauter Felstrümmer führte, einer
Gegend, in der kein Baum, kein Strauch zu er-
blicken war und wo der wie verbrannte, bald roth,
bald ſchwarz gefärbte Boden nur noch hie und da
einige dürftige Kryptogamen hervorbrachte, leidet kaum
eine Beſchreibung und erfüllte die Seele zugleich mit
Furcht und Niedergeſchlagenheit.

— „Glaub’s recht gern, Lady,“ verſetzte der
Jrländer — denn das war er von Geburt — „glaub’s
recht gern! und wenn Sie wollen, ſo kehren wir wie-
der um,“ fügte er, Spott und Hohn ſeiner Grau-
ſamkeit und Verrätherei beifügend, hinzu.

— „So nahe dem Ziele?“ rief ſie, die ſeine
Worte für baare Münze nahm. „Nein, guter Hieram,
ſind wir ſo weit gekommen, ſo kommen wir auch
ſchon noch weiter, und da hinter den Bergen, ſagt
ihr ja, wird es beſſer?“

— „Wenn wir die erſt hinter uns haben, wird’s
beſſer,“ verſicherte er. „Aber treiben Sie ihr Pferd

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0188" n="182"/>
und Gegenden wie die&#x017F;e, &#x017F;ind nicht zum Aufenthalte<lb/>
für junge und zarte Ladys, wie Sie &#x017F;ind, &#x017F;ondern nur<lb/>
zu dem der wilden und reißenden Thiere be&#x017F;timmt,<lb/>
deren es genug in jenen Bergen geben mag.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x2014; &#x201E;Wißt ihr, Hieram, daß ich mich hier<lb/>
fürchte?&#x201C; &#x017F;agte &#x017F;ie, äng&#x017F;tliche Blicke umherwerfend;<lb/>
denn die Traurigkeit und Oede die&#x017F;er Gegend, durch<lb/>
die der Weg über lauter Felstrümmer führte, einer<lb/>
Gegend, in der kein Baum, kein Strauch zu er-<lb/>
blicken war und wo der wie verbrannte, bald roth,<lb/>
bald &#x017F;chwarz gefärbte Boden nur noch hie und da<lb/>
einige dürftige Kryptogamen hervorbrachte, leidet kaum<lb/>
eine Be&#x017F;chreibung und erfüllte die Seele zugleich mit<lb/>
Furcht und Niederge&#x017F;chlagenheit.</p><lb/>
        <p>&#x2014; &#x201E;Glaub&#x2019;s recht gern, Lady,&#x201C; ver&#x017F;etzte der<lb/>
Jrländer &#x2014; denn das war er von Geburt &#x2014; &#x201E;glaub&#x2019;s<lb/>
recht gern! und wenn Sie wollen, &#x017F;o kehren wir wie-<lb/>
der um,&#x201C; fügte er, Spott und Hohn &#x017F;einer Grau-<lb/>
&#x017F;amkeit und Verrätherei beifügend, hinzu.</p><lb/>
        <p>&#x2014; &#x201E;So nahe dem Ziele?&#x201C; rief &#x017F;ie, die &#x017F;eine<lb/>
Worte für baare Münze nahm. &#x201E;Nein, guter Hieram,<lb/>
&#x017F;ind wir &#x017F;o weit gekommen, &#x017F;o kommen wir auch<lb/>
&#x017F;chon noch weiter, und da hinter den Bergen, &#x017F;agt<lb/>
ihr ja, wird es be&#x017F;&#x017F;er?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x2014; &#x201E;Wenn wir die er&#x017F;t hinter uns haben, wird&#x2019;s<lb/>
be&#x017F;&#x017F;er,&#x201C; ver&#x017F;icherte er. &#x201E;Aber treiben Sie ihr Pferd<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[182/0188] und Gegenden wie dieſe, ſind nicht zum Aufenthalte für junge und zarte Ladys, wie Sie ſind, ſondern nur zu dem der wilden und reißenden Thiere beſtimmt, deren es genug in jenen Bergen geben mag.“ — „Wißt ihr, Hieram, daß ich mich hier fürchte?“ ſagte ſie, ängſtliche Blicke umherwerfend; denn die Traurigkeit und Oede dieſer Gegend, durch die der Weg über lauter Felstrümmer führte, einer Gegend, in der kein Baum, kein Strauch zu er- blicken war und wo der wie verbrannte, bald roth, bald ſchwarz gefärbte Boden nur noch hie und da einige dürftige Kryptogamen hervorbrachte, leidet kaum eine Beſchreibung und erfüllte die Seele zugleich mit Furcht und Niedergeſchlagenheit. — „Glaub’s recht gern, Lady,“ verſetzte der Jrländer — denn das war er von Geburt — „glaub’s recht gern! und wenn Sie wollen, ſo kehren wir wie- der um,“ fügte er, Spott und Hohn ſeiner Grau- ſamkeit und Verrätherei beifügend, hinzu. — „So nahe dem Ziele?“ rief ſie, die ſeine Worte für baare Münze nahm. „Nein, guter Hieram, ſind wir ſo weit gekommen, ſo kommen wir auch ſchon noch weiter, und da hinter den Bergen, ſagt ihr ja, wird es beſſer?“ — „Wenn wir die erſt hinter uns haben, wird’s beſſer,“ verſicherte er. „Aber treiben Sie ihr Pferd

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet02_1846
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet02_1846/188
Zitationshilfe: Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 2. Jena, 1846, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet02_1846/188>, abgerufen am 24.11.2024.