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Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 2. Jena, 1846.

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Füßen zu stürzen und, die Hände zu ihm empor-
streckend, um Gnade zu flehen.

-- "Du?!" sagte er, mich mit einem Blick
ansehend, den ich nie vergessen werde. Dann erhob
er seine Hand und versetzte mir einen Schlag, der
mich umstürzte.

-- "Halt, Wahnsinniger!" donnerte ihm jetzt
Braun entgegen, "halt ein! Nicht dir gehört sie
mehr, sondern mir, und ich werde sie, gegen wen
es auch sei, zu beschützen wissen!"

-- "Ja, nimm sie! Nimm sie! und mit ihr
meinen Fluch zugleich!" stammelte mein Vater, und
möge sie dir thun, was ihre Mutter mir that:
Bastarde in dein Haus bringen, von denen du dich
Vater nennen lassen mußt!"

-- "Vater! Vater!" rief ich, nochmals vor ihm
auf die Kniee sinkend; "Vater, Erbarmen oder Tod!"

-- "Jch sollte Erbarmen mit dir haben?"
hohnlachte er; "hattest du es denn mit mir? War
es nicht genug daran, daß deine Mutter durch ihre
Untreue mich um das ganze Glück meines Lebens be-
trog, mußtest du auch noch meine grauen Haare be-
schimpfen, damit ich, der in Gram lebte, auch noch
in Verzweiflung in's Grab sänke? Jch fordre euch
Beide, dich und sie, vor den Richterstuhl des Ewi-
gen! Erbarmen? wer hatte es mit mir .......?"

Füßen zu ſtürzen und, die Hände zu ihm empor-
ſtreckend, um Gnade zu flehen.

— „Du?!“ ſagte er, mich mit einem Blick
anſehend, den ich nie vergeſſen werde. Dann erhob
er ſeine Hand und verſetzte mir einen Schlag, der
mich umſtürzte.

— „Halt, Wahnſinniger!“ donnerte ihm jetzt
Braun entgegen, „halt ein! Nicht dir gehört ſie
mehr, ſondern mir, und ich werde ſie, gegen wen
es auch ſei, zu beſchützen wiſſen!“

— „Ja, nimm ſie! Nimm ſie! und mit ihr
meinen Fluch zugleich!“ ſtammelte mein Vater, und
möge ſie dir thun, was ihre Mutter mir that:
Baſtarde in dein Haus bringen, von denen du dich
Vater nennen laſſen mußt!“

— „Vater! Vater!“ rief ich, nochmals vor ihm
auf die Kniee ſinkend; „Vater, Erbarmen oder Tod!“

— „Jch ſollte Erbarmen mit dir haben?“
hohnlachte er; „hatteſt du es denn mit mir? War
es nicht genug daran, daß deine Mutter durch ihre
Untreue mich um das ganze Glück meines Lebens be-
trog, mußteſt du auch noch meine grauen Haare be-
ſchimpfen, damit ich, der in Gram lebte, auch noch
in Verzweiflung in’s Grab ſänke? Jch fordre euch
Beide, dich und ſie, vor den Richterſtuhl des Ewi-
gen! Erbarmen? wer hatte es mit mir .......?“

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[119/0125] Füßen zu ſtürzen und, die Hände zu ihm empor- ſtreckend, um Gnade zu flehen. — „Du?!“ ſagte er, mich mit einem Blick anſehend, den ich nie vergeſſen werde. Dann erhob er ſeine Hand und verſetzte mir einen Schlag, der mich umſtürzte. — „Halt, Wahnſinniger!“ donnerte ihm jetzt Braun entgegen, „halt ein! Nicht dir gehört ſie mehr, ſondern mir, und ich werde ſie, gegen wen es auch ſei, zu beſchützen wiſſen!“ — „Ja, nimm ſie! Nimm ſie! und mit ihr meinen Fluch zugleich!“ ſtammelte mein Vater, und möge ſie dir thun, was ihre Mutter mir that: Baſtarde in dein Haus bringen, von denen du dich Vater nennen laſſen mußt!“ — „Vater! Vater!“ rief ich, nochmals vor ihm auf die Kniee ſinkend; „Vater, Erbarmen oder Tod!“ — „Jch ſollte Erbarmen mit dir haben?“ hohnlachte er; „hatteſt du es denn mit mir? War es nicht genug daran, daß deine Mutter durch ihre Untreue mich um das ganze Glück meines Lebens be- trog, mußteſt du auch noch meine grauen Haare be- ſchimpfen, damit ich, der in Gram lebte, auch noch in Verzweiflung in’s Grab ſänke? Jch fordre euch Beide, dich und ſie, vor den Richterſtuhl des Ewi- gen! Erbarmen? wer hatte es mit mir .......?“

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Zitationshilfe: Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 2. Jena, 1846, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet02_1846/125>, abgerufen am 16.05.2024.