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Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 2. Jena, 1846.

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griffen; "Unglücklicher, willst du meinen Vater töd-
ten?"

-- "Oeffne jetzt," rief er mir mit gebietendem
Tone zu und die Waffe, die ich ihm zu entreißen
strebte, so hoch emporhaltend, daß ich sie nicht zu
erreichen vermochte. "Oeffne ihm die Thür!" gebot
er nochmals: "der Unsinnige weckt sonst am Ende
Brigitte auf und läßt die Nachbarschaft zusammen-
rufen."

Wirklich rief mein Vater die alte Magd bereits
mit lauter Stimme zu sich her und allein ihre große
Taubheit konnte sie daran verhindern, ihn zu hören.

Zitternd gehorchte ich, mein Leben verloren ge-
bend, dem Befehle Brauns: ich drehte den Schlüssel
um, die Thür flog auf und mit geschwungenem Beile
stand mein Vater, schäumend vor Wuth, vor uns.

Seine Blicke glitten über mich hinweg und such-
ten Braun; er wollte reden, aber der furchtbare Zorn,
dem er hingegeben war, erstickte die Worte in seiner
Kehle; er stieß nur ein dumpfes Gemurmel aus.

Er machte Miene, mit der geschwungenen Axt
auf Braun einzudringen. Dieser hatte jetzt seine Fas-
sung völlig wieder gewonnen und sich vor mich stel-
lend, um mich mit seinem Körper zu decken, fragte
er meinen Vater, ihm die Mündung des Pistols ent-
gegen haltend, mit fester Stimme:

griffen; „Unglücklicher, willſt du meinen Vater töd-
ten?“

— „Oeffne jetzt,“ rief er mir mit gebietendem
Tone zu und die Waffe, die ich ihm zu entreißen
ſtrebte, ſo hoch emporhaltend, daß ich ſie nicht zu
erreichen vermochte. „Oeffne ihm die Thür!“ gebot
er nochmals: „der Unſinnige weckt ſonſt am Ende
Brigitte auf und läßt die Nachbarſchaft zuſammen-
rufen.“

Wirklich rief mein Vater die alte Magd bereits
mit lauter Stimme zu ſich her und allein ihre große
Taubheit konnte ſie daran verhindern, ihn zu hören.

Zitternd gehorchte ich, mein Leben verloren ge-
bend, dem Befehle Brauns: ich drehte den Schlüſſel
um, die Thür flog auf und mit geſchwungenem Beile
ſtand mein Vater, ſchäumend vor Wuth, vor uns.

Seine Blicke glitten über mich hinweg und ſuch-
ten Braun; er wollte reden, aber der furchtbare Zorn,
dem er hingegeben war, erſtickte die Worte in ſeiner
Kehle; er ſtieß nur ein dumpfes Gemurmel aus.

Er machte Miene, mit der geſchwungenen Axt
auf Braun einzudringen. Dieſer hatte jetzt ſeine Faſ-
ſung völlig wieder gewonnen und ſich vor mich ſtel-
lend, um mich mit ſeinem Körper zu decken, fragte
er meinen Vater, ihm die Mündung des Piſtols ent-
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[117/0123] griffen; „Unglücklicher, willſt du meinen Vater töd- ten?“ — „Oeffne jetzt,“ rief er mir mit gebietendem Tone zu und die Waffe, die ich ihm zu entreißen ſtrebte, ſo hoch emporhaltend, daß ich ſie nicht zu erreichen vermochte. „Oeffne ihm die Thür!“ gebot er nochmals: „der Unſinnige weckt ſonſt am Ende Brigitte auf und läßt die Nachbarſchaft zuſammen- rufen.“ Wirklich rief mein Vater die alte Magd bereits mit lauter Stimme zu ſich her und allein ihre große Taubheit konnte ſie daran verhindern, ihn zu hören. Zitternd gehorchte ich, mein Leben verloren ge- bend, dem Befehle Brauns: ich drehte den Schlüſſel um, die Thür flog auf und mit geſchwungenem Beile ſtand mein Vater, ſchäumend vor Wuth, vor uns. Seine Blicke glitten über mich hinweg und ſuch- ten Braun; er wollte reden, aber der furchtbare Zorn, dem er hingegeben war, erſtickte die Worte in ſeiner Kehle; er ſtieß nur ein dumpfes Gemurmel aus. Er machte Miene, mit der geſchwungenen Axt auf Braun einzudringen. Dieſer hatte jetzt ſeine Faſ- ſung völlig wieder gewonnen und ſich vor mich ſtel- lend, um mich mit ſeinem Körper zu decken, fragte er meinen Vater, ihm die Mündung des Piſtols ent- gegen haltend, mit feſter Stimme:

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Zitationshilfe: Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 2. Jena, 1846, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet02_1846/123>, abgerufen am 15.05.2024.