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Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 1. Jena, 1846.

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wollt, daß wir noch Feinde wären," seufzte der Sioux,
"denn dann würde ich weniger den Tod White-hawks
zu befürchten haben, als jetzt; ja, er wäre mir wohl
gar mit Kopfhäuten am Gürtel aus der Schlacht zu-
rückgekehrt, die Lederhose mit Haaren besät, statt daß
er jetzt vielleicht in ein ruhmloses Grab sinken muß,
unbeweint von mir und allen Andern des Stammes."

-- "Jch verstehe dich nicht, Nothhaut," versetzte
der Europäer mit einiger Ungeduld, "und wenn ich
dir und deinem Sohne helfen soll, mußt du dich mir
deutlicher erklären."

-- "Als ob ich das nicht gewollt hätte, mein
bleicher Bruder? Aber verlieren wir keine Zeit, und
wenn du vom Wandern in der Prairie müde bist, so
besteige du mein Mustang, während ich, der ich den
ganzen Tag zu Pferde war, neben dir hergehe und
dir erzähle."

Er stellte mit diesen Worten das Pferd so, daß
Arnold sich bequem in den Sattel schwingen konnte,
was dieser, ermüdet wie er war, auch ohne Umstände
that; Waupee reichte ihm seine Büchse, die Jagdtasche
und Flasche, so wie seinen Strohhut nach, Arnold
legte alles dieses an und die Reise wurde von Beiden,
trotz des nahen Einbruchs der Nacht, angetreten;
denn der Sioux kannte bei Nacht wie bei Tage alle
Pfade in der Prairie und im Walde.

wollt, daß wir noch Feinde wären,“ ſeufzte der Sioux,
„denn dann würde ich weniger den Tod White-hawks
zu befürchten haben, als jetzt; ja, er wäre mir wohl
gar mit Kopfhäuten am Gürtel aus der Schlacht zu-
rückgekehrt, die Lederhoſe mit Haaren beſät, ſtatt daß
er jetzt vielleicht in ein ruhmloſes Grab ſinken muß,
unbeweint von mir und allen Andern des Stammes.“

— „Jch verſtehe dich nicht, Nothhaut,“ verſetzte
der Europäer mit einiger Ungeduld, „und wenn ich
dir und deinem Sohne helfen ſoll, mußt du dich mir
deutlicher erklären.“

— „Als ob ich das nicht gewollt hätte, mein
bleicher Bruder? Aber verlieren wir keine Zeit, und
wenn du vom Wandern in der Prairie müde biſt, ſo
beſteige du mein Muſtang, während ich, der ich den
ganzen Tag zu Pferde war, neben dir hergehe und
dir erzähle.“

Er ſtellte mit dieſen Worten das Pferd ſo, daß
Arnold ſich bequem in den Sattel ſchwingen konnte,
was dieſer, ermüdet wie er war, auch ohne Umſtände
that; Waupee reichte ihm ſeine Büchſe, die Jagdtaſche
und Flaſche, ſo wie ſeinen Strohhut nach, Arnold
legte alles dieſes an und die Reiſe wurde von Beiden,
trotz des nahen Einbruchs der Nacht, angetreten;
denn der Sioux kannte bei Nacht wie bei Tage alle
Pfade in der Prairie und im Walde.

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[13/0021] wollt, daß wir noch Feinde wären,“ ſeufzte der Sioux, „denn dann würde ich weniger den Tod White-hawks zu befürchten haben, als jetzt; ja, er wäre mir wohl gar mit Kopfhäuten am Gürtel aus der Schlacht zu- rückgekehrt, die Lederhoſe mit Haaren beſät, ſtatt daß er jetzt vielleicht in ein ruhmloſes Grab ſinken muß, unbeweint von mir und allen Andern des Stammes.“ — „Jch verſtehe dich nicht, Nothhaut,“ verſetzte der Europäer mit einiger Ungeduld, „und wenn ich dir und deinem Sohne helfen ſoll, mußt du dich mir deutlicher erklären.“ — „Als ob ich das nicht gewollt hätte, mein bleicher Bruder? Aber verlieren wir keine Zeit, und wenn du vom Wandern in der Prairie müde biſt, ſo beſteige du mein Muſtang, während ich, der ich den ganzen Tag zu Pferde war, neben dir hergehe und dir erzähle.“ Er ſtellte mit dieſen Worten das Pferd ſo, daß Arnold ſich bequem in den Sattel ſchwingen konnte, was dieſer, ermüdet wie er war, auch ohne Umſtände that; Waupee reichte ihm ſeine Büchſe, die Jagdtaſche und Flaſche, ſo wie ſeinen Strohhut nach, Arnold legte alles dieſes an und die Reiſe wurde von Beiden, trotz des nahen Einbruchs der Nacht, angetreten; denn der Sioux kannte bei Nacht wie bei Tage alle Pfade in der Prairie und im Walde.

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Zitationshilfe: Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 1. Jena, 1846, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet01_1846/21>, abgerufen am 29.03.2024.