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Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 1. Jena, 1846.

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-- "Sieh," hub der Wilde, nachdem man eine
kurze Strecke zurückgelegt hatte, mit traurigem Tone
an, "wir lebten, wie du weißt, lange Zeit mit den
Chippewas, unsern nächsten Nachbarn, im Kriege und
standen uns gut dabei, denn nicht nur erbeuteten un-
sere Krieger manche Kopfhaut von den Feinden, son-
dern auch viele andere Dinge, die uns Nutzen gewäh-
ren konnten. Da führte Takwantona, der böse Geist
-- denn Manitou konnte es nicht seyn -- eine An-
zahl Bleichgesichter, von den Trappers, die in unsern
Wäldern und Prairien der Jagd nachgehen, erst zu
den Chippewas, und als sie diese mit den Honigwor-
ten ihres Mundes beschwatzt hatten, auch zu uns.
Unter ihnen war einer von den Schwarzröcken, die
bei uns Makota-Konayas genannt werden und vor
denen wir Furcht haben, ihr aber Liebe, und der ver-
stand seine Rede so gut zu führen, der redete so süße
Worte, bis unser Nanawa, eben wie der der Chippe-
was, den Ausspruch that, es sei jetzt des Bluts ge-
nug zwischen den beiden Stämmen geflossen und auch
genug der Scalps genommen, daher solle Frieden
seyn. Wir mußten gehorchen, denn was der Nanawa
befiehlt, muß geschehen. Es wurde also ein Tag fest-
gesetzt -- o des für mich unglückseligen Tages! --
an dem wir mit den Chippewas im Walde zusammen-
kommen wollten, um das Calumet, die grüne Frie-

— „Sieh,“ hub der Wilde, nachdem man eine
kurze Strecke zurückgelegt hatte, mit traurigem Tone
an, „wir lebten, wie du weißt, lange Zeit mit den
Chippewas, unſern nächſten Nachbarn, im Kriege und
ſtanden uns gut dabei, denn nicht nur erbeuteten un-
ſere Krieger manche Kopfhaut von den Feinden, ſon-
dern auch viele andere Dinge, die uns Nutzen gewäh-
ren konnten. Da führte Takwantona, der böſe Geiſt
— denn Manitou konnte es nicht ſeyn — eine An-
zahl Bleichgeſichter, von den Trappers, die in unſern
Wäldern und Prairien der Jagd nachgehen, erſt zu
den Chippewas, und als ſie dieſe mit den Honigwor-
ten ihres Mundes beſchwatzt hatten, auch zu uns.
Unter ihnen war einer von den Schwarzröcken, die
bei uns Makota-Konayas genannt werden und vor
denen wir Furcht haben, ihr aber Liebe, und der ver-
ſtand ſeine Rede ſo gut zu führen, der redete ſo ſüße
Worte, bis unſer Nanawa, eben wie der der Chippe-
was, den Ausſpruch that, es ſei jetzt des Bluts ge-
nug zwiſchen den beiden Stämmen gefloſſen und auch
genug der Scalps genommen, daher ſolle Frieden
ſeyn. Wir mußten gehorchen, denn was der Nanawa
befiehlt, muß geſchehen. Es wurde alſo ein Tag feſt-
geſetzt — o des für mich unglückſeligen Tages! —
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[14/0022] — „Sieh,“ hub der Wilde, nachdem man eine kurze Strecke zurückgelegt hatte, mit traurigem Tone an, „wir lebten, wie du weißt, lange Zeit mit den Chippewas, unſern nächſten Nachbarn, im Kriege und ſtanden uns gut dabei, denn nicht nur erbeuteten un- ſere Krieger manche Kopfhaut von den Feinden, ſon- dern auch viele andere Dinge, die uns Nutzen gewäh- ren konnten. Da führte Takwantona, der böſe Geiſt — denn Manitou konnte es nicht ſeyn — eine An- zahl Bleichgeſichter, von den Trappers, die in unſern Wäldern und Prairien der Jagd nachgehen, erſt zu den Chippewas, und als ſie dieſe mit den Honigwor- ten ihres Mundes beſchwatzt hatten, auch zu uns. Unter ihnen war einer von den Schwarzröcken, die bei uns Makota-Konayas genannt werden und vor denen wir Furcht haben, ihr aber Liebe, und der ver- ſtand ſeine Rede ſo gut zu führen, der redete ſo ſüße Worte, bis unſer Nanawa, eben wie der der Chippe- was, den Ausſpruch that, es ſei jetzt des Bluts ge- nug zwiſchen den beiden Stämmen gefloſſen und auch genug der Scalps genommen, daher ſolle Frieden ſeyn. Wir mußten gehorchen, denn was der Nanawa befiehlt, muß geſchehen. Es wurde alſo ein Tag feſt- geſetzt — o des für mich unglückſeligen Tages! — an dem wir mit den Chippewas im Walde zuſammen- kommen wollten, um das Calumet, die grüne Frie-

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Zitationshilfe: Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 1. Jena, 1846, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet01_1846/22>, abgerufen am 25.04.2024.