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Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 1. Jena, 1846.

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-- "Es ist gut, mein bleicher Bruder, daß du
dessen noch gedenkst", versetzte der Wilde, "denn das
überhebt mich der Mühe, dich wieder daran zu erin-
nern, jetzt, wo ich da bin, um einen Gegendienst von
dir zu verlangen."

-- "Sprich, gute Rothhaut, was verlangst du
von mir?"

-- "Daß du mir den einzig mir noch übrig ge-
bliebenen Sohn, White-hawk, rettest."

-- "White-hawk? Sprich, was ist mit ihm?"
fragte Arnold mit dem Tone des Erschreckens, denn
er liebte den Jüngling wie einen Bruder.

-- "Das ist eine lange Geschichte," versetzte der
Wilde mit traurigem Tone, "und ich erzähle sie dir
auf dem Wege; denn nicht wahr, mein Bruder, du
kommst mit mir, und das gleich? denn Zeit haben
wir nicht zu verlieren."

-- "Gewiß komme ich mit dir, sobald es dir
oder White-hawk nützen kann," antwortete ihm
Arnold.

-- "O, sehr kannst du ihm und mir nützen,
denn du kannst ihm das Leben retten, mein Bruder!"

-- "So ist er vielleicht gar in die Hände der
Chippewas gefallen, mit denen ihr, wie ich weiß, im
Kriege lebt?"

-- "Hätte Manitou, der gute Geist, doch ge-

— „Es iſt gut, mein bleicher Bruder, daß du
deſſen noch gedenkſt“, verſetzte der Wilde, „denn das
überhebt mich der Mühe, dich wieder daran zu erin-
nern, jetzt, wo ich da bin, um einen Gegendienſt von
dir zu verlangen.“

— „Sprich, gute Rothhaut, was verlangſt du
von mir?“

— „Daß du mir den einzig mir noch übrig ge-
bliebenen Sohn, White-hawk, retteſt.“

— „White-hawk? Sprich, was iſt mit ihm?“
fragte Arnold mit dem Tone des Erſchreckens, denn
er liebte den Jüngling wie einen Bruder.

— „Das iſt eine lange Geſchichte,“ verſetzte der
Wilde mit traurigem Tone, „und ich erzähle ſie dir
auf dem Wege; denn nicht wahr, mein Bruder, du
kommſt mit mir, und das gleich? denn Zeit haben
wir nicht zu verlieren.“

— „Gewiß komme ich mit dir, ſobald es dir
oder White-hawk nützen kann,“ antwortete ihm
Arnold.

— „O, ſehr kannſt du ihm und mir nützen,
denn du kannſt ihm das Leben retten, mein Bruder!“

— „So iſt er vielleicht gar in die Hände der
Chippewas gefallen, mit denen ihr, wie ich weiß, im
Kriege lebt?“

— „Hätte Manitou, der gute Geiſt, doch ge-

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[12/0020] — „Es iſt gut, mein bleicher Bruder, daß du deſſen noch gedenkſt“, verſetzte der Wilde, „denn das überhebt mich der Mühe, dich wieder daran zu erin- nern, jetzt, wo ich da bin, um einen Gegendienſt von dir zu verlangen.“ — „Sprich, gute Rothhaut, was verlangſt du von mir?“ — „Daß du mir den einzig mir noch übrig ge- bliebenen Sohn, White-hawk, retteſt.“ — „White-hawk? Sprich, was iſt mit ihm?“ fragte Arnold mit dem Tone des Erſchreckens, denn er liebte den Jüngling wie einen Bruder. — „Das iſt eine lange Geſchichte,“ verſetzte der Wilde mit traurigem Tone, „und ich erzähle ſie dir auf dem Wege; denn nicht wahr, mein Bruder, du kommſt mit mir, und das gleich? denn Zeit haben wir nicht zu verlieren.“ — „Gewiß komme ich mit dir, ſobald es dir oder White-hawk nützen kann,“ antwortete ihm Arnold. — „O, ſehr kannſt du ihm und mir nützen, denn du kannſt ihm das Leben retten, mein Bruder!“ — „So iſt er vielleicht gar in die Hände der Chippewas gefallen, mit denen ihr, wie ich weiß, im Kriege lebt?“ — „Hätte Manitou, der gute Geiſt, doch ge-

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Zitationshilfe: Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 1. Jena, 1846, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet01_1846/20>, abgerufen am 20.04.2024.