Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 1. Jena, 1846.auch kein Diesseits, sondern nur noch ein Jenseits mehr, Ja, Keiner beachtete die Unglückliche; Keiner auch kein Dieſſeits, ſondern nur noch ein Jenſeits mehr, Ja, Keiner beachtete die Unglückliche; Keiner <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0152" n="144"/> auch kein Dieſſeits, ſondern nur noch ein Jenſeits mehr,<lb/> da alle die Bande, welche ſie einſt an die Erde ge-<lb/> feſſelt hatten, längſt zerriſſen waren und alle ihre<lb/> Wünſche und Hoffnungen ſich nur noch auf ein an-<lb/> deres, beſſeres Daſeyn richteten. Trotzdem hatte es<lb/> ihr wohlgethan, daß vor ihrem Scheiden von dieſer<lb/> Welt ihr ein menſchliches Weſen Theilnahme, Mitleid<lb/> ſogar, noch geweiht hatte und ſie konnte nicht um-<lb/> hin, demſelben auch ihre wärmere Theilnahme zu<lb/> ſchenken. Schon auf den erſten Blick hatte ſie in<lb/> Arnolden einen edlen, gefühlvollen Mann erkannt,<lb/> denn ſein Geſicht trug das unverkennbare Gepräge der<lb/> Güte und des Edelmuths; auch waren die mitleids-<lb/> vollen Worte von ihr gehört worden, die er in Be-<lb/> zug auf ihren Zuſtand bei ſeinem erſten Beſuche zu<lb/> ihren Peinigern ſprach und ſie hatte ſie ihm um ſo<lb/> mehr Dank gewußt, da ſich ſeit vielen Jahren ſchon<lb/> kein Menſch mehr um ihr Wohl und Wehe beküm-<lb/> merte und man ſich ihre Dienſte eben ſo gefallen ließ,<lb/> als wären ſie von einem Automaten verrichtet worden.</p><lb/> <p>Ja, Keiner beachtete die Unglückliche; Keiner<lb/> ſchien nur zu bemerken, daß ihre Wangen mit jedem<lb/> Tage bläſſer, ihre Augen tiefliegender, ihre Muskeln<lb/> ſchlaffer wurden, daß der Athem ihrer kranken Lunge<lb/> immer mehr zu fehlen begann und eine tödtliche Er-<lb/> mattung ſie oft zwang, ſich mitten in einer Be-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [144/0152]
auch kein Dieſſeits, ſondern nur noch ein Jenſeits mehr,
da alle die Bande, welche ſie einſt an die Erde ge-
feſſelt hatten, längſt zerriſſen waren und alle ihre
Wünſche und Hoffnungen ſich nur noch auf ein an-
deres, beſſeres Daſeyn richteten. Trotzdem hatte es
ihr wohlgethan, daß vor ihrem Scheiden von dieſer
Welt ihr ein menſchliches Weſen Theilnahme, Mitleid
ſogar, noch geweiht hatte und ſie konnte nicht um-
hin, demſelben auch ihre wärmere Theilnahme zu
ſchenken. Schon auf den erſten Blick hatte ſie in
Arnolden einen edlen, gefühlvollen Mann erkannt,
denn ſein Geſicht trug das unverkennbare Gepräge der
Güte und des Edelmuths; auch waren die mitleids-
vollen Worte von ihr gehört worden, die er in Be-
zug auf ihren Zuſtand bei ſeinem erſten Beſuche zu
ihren Peinigern ſprach und ſie hatte ſie ihm um ſo
mehr Dank gewußt, da ſich ſeit vielen Jahren ſchon
kein Menſch mehr um ihr Wohl und Wehe beküm-
merte und man ſich ihre Dienſte eben ſo gefallen ließ,
als wären ſie von einem Automaten verrichtet worden.
Ja, Keiner beachtete die Unglückliche; Keiner
ſchien nur zu bemerken, daß ihre Wangen mit jedem
Tage bläſſer, ihre Augen tiefliegender, ihre Muskeln
ſchlaffer wurden, daß der Athem ihrer kranken Lunge
immer mehr zu fehlen begann und eine tödtliche Er-
mattung ſie oft zwang, ſich mitten in einer Be-
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