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Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 1. Jena, 1846.

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mit Malen beschäftigt zu seyn, legte aber den Pinsel
nieder, sowie sie seiner ansichtig wurde.

Wie das Erstemal, wo er sie sah, war sie
äußerst geschmackvoll, aber anders, gekleidet. Ein
schneeweißes Mousselinkleid umfloß ihre reizende Ge-
stalt und über den blendendweißen, üppigen Nacken
hatte sie ein Spitzentuch geworfen, dessen Durchsich-
tigkeit seine Reize nur schwach verhüllte. Jm Haar
trug sie, statt alles andern Schmucks, eine einzige
natürliche Rose mit ihren Blättern und Knospen,
deren schönes Roth fast von dem glühenderen ihrer
frischen Wangen verdunkelt wurde. Die niedlichen
Füßchen steckten in einem Atlasschuh; die Arme wa-
ren bloß von der Hälfte des Oberarms an und an
der Handwurzel mit einer überaus schön gearbeiteten
Armspange von Gold und Sapphiren geschmückt.

-- "Verzeihen Sie," sagte sie mit ihrer wohl-
lautenden Stimme, indem sie Arnolden einige Schritte
entgegentrat, "daß Sie mich noch allein treffen,
Sir: einige nothwendige Arbeiten halten meinen Va-
ter noch fern."

-- "Weit davon entfernt, mich über eine Un-
gunst des Geschicks zu beklagen, habe ich vielmehr
Veranlassung, ihm für eine Gunst zu danken, Miß,"
antwortete ihr Arnold mit einer Verbeugung.

-- "O," antwortete sie ihm mit halb lächeln-

mit Malen beſchäftigt zu ſeyn, legte aber den Pinſel
nieder, ſowie ſie ſeiner anſichtig wurde.

Wie das Erſtemal, wo er ſie ſah, war ſie
äußerſt geſchmackvoll, aber anders, gekleidet. Ein
ſchneeweißes Mouſſelinkleid umfloß ihre reizende Ge-
ſtalt und über den blendendweißen, üppigen Nacken
hatte ſie ein Spitzentuch geworfen, deſſen Durchſich-
tigkeit ſeine Reize nur ſchwach verhüllte. Jm Haar
trug ſie, ſtatt alles andern Schmucks, eine einzige
natürliche Roſe mit ihren Blättern und Knospen,
deren ſchönes Roth faſt von dem glühenderen ihrer
friſchen Wangen verdunkelt wurde. Die niedlichen
Füßchen ſteckten in einem Atlasſchuh; die Arme wa-
ren bloß von der Hälfte des Oberarms an und an
der Handwurzel mit einer überaus ſchön gearbeiteten
Armſpange von Gold und Sapphiren geſchmückt.

— „Verzeihen Sie,“ ſagte ſie mit ihrer wohl-
lautenden Stimme, indem ſie Arnolden einige Schritte
entgegentrat, „daß Sie mich noch allein treffen,
Sir: einige nothwendige Arbeiten halten meinen Va-
ter noch fern.“

— „Weit davon entfernt, mich über eine Un-
gunſt des Geſchicks zu beklagen, habe ich vielmehr
Veranlaſſung, ihm für eine Gunſt zu danken, Miß,“
antwortete ihr Arnold mit einer Verbeugung.

— „O,“ antwortete ſie ihm mit halb lächeln-

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[133/0141] mit Malen beſchäftigt zu ſeyn, legte aber den Pinſel nieder, ſowie ſie ſeiner anſichtig wurde. Wie das Erſtemal, wo er ſie ſah, war ſie äußerſt geſchmackvoll, aber anders, gekleidet. Ein ſchneeweißes Mouſſelinkleid umfloß ihre reizende Ge- ſtalt und über den blendendweißen, üppigen Nacken hatte ſie ein Spitzentuch geworfen, deſſen Durchſich- tigkeit ſeine Reize nur ſchwach verhüllte. Jm Haar trug ſie, ſtatt alles andern Schmucks, eine einzige natürliche Roſe mit ihren Blättern und Knospen, deren ſchönes Roth faſt von dem glühenderen ihrer friſchen Wangen verdunkelt wurde. Die niedlichen Füßchen ſteckten in einem Atlasſchuh; die Arme wa- ren bloß von der Hälfte des Oberarms an und an der Handwurzel mit einer überaus ſchön gearbeiteten Armſpange von Gold und Sapphiren geſchmückt. — „Verzeihen Sie,“ ſagte ſie mit ihrer wohl- lautenden Stimme, indem ſie Arnolden einige Schritte entgegentrat, „daß Sie mich noch allein treffen, Sir: einige nothwendige Arbeiten halten meinen Va- ter noch fern.“ — „Weit davon entfernt, mich über eine Un- gunſt des Geſchicks zu beklagen, habe ich vielmehr Veranlaſſung, ihm für eine Gunſt zu danken, Miß,“ antwortete ihr Arnold mit einer Verbeugung. — „O,“ antwortete ſie ihm mit halb lächeln-

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Zitationshilfe: Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 1. Jena, 1846, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet01_1846/141>, abgerufen am 24.11.2024.