Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1822.
Die drei andern Gemälde des Johannes van Jn häuslicher stiller Beschränktheit öffnet sich
Die drei andern Gemälde des Johannes van Jn häuslicher ſtiller Beſchränktheit öffnet ſich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0046" n="34"/><lb/> des Jnnern eines Hauſes mit größerer Wahrheit dar-<lb/> zuſtellen vermocht, und die Ausführung, die Wärme,<lb/> die Kraft dieſes wunderbaren Bildes ſtellen es dem<lb/> Vollendetſten in der Kunſt gleich.</p><lb/> <p>Die drei andern Gemälde des Johannes van<lb/> Eyck in der Boiſſer<hi rendition="#aq">é</hi>eſchen Sammlung ſind aus dem<lb/> Zeitpunkt, in welchem ſeine Kunſt den höchſten<lb/> Gipfel erreicht hatte und ſchmückten wohl urſprünglich<lb/> den der Mutter Gottes geweihten Altar einer Kirche<lb/> oder Kapelle. Sie ſtellen auf einem Mittelbilde<lb/> und zwei Flügelbildern drei der freudigen Mo-<lb/> mente ihres Lebens dar.</p><lb/> <p>Jn häuslicher ſtiller Beſchränktheit öffnet ſich<lb/> uns auf dem erſten Seitenbilde das hochgewölbte<lb/> ſchmale Zimmer, in welchem Maria aus der Knospe<lb/> der Kindheit zur anmuthigſten reinſten Jungfräu-<lb/> lichkeit heranblühte. Sie ſelbſt knieet am Betpult<lb/> im Vorgrunde, in einem in breiten Falten weit auf<lb/> den Boden hinfließenden dunkelbraunen Gewande,<lb/> die Flechten ihres lichthellen Haares wallen aufgelöſt<lb/> in kleinen Wellen über die Schultern hin. Lieblicher<lb/> und dabei mädchenhafter läßt nichts ſich erdenken als<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [34/0046]
des Jnnern eines Hauſes mit größerer Wahrheit dar-
zuſtellen vermocht, und die Ausführung, die Wärme,
die Kraft dieſes wunderbaren Bildes ſtellen es dem
Vollendetſten in der Kunſt gleich.
Die drei andern Gemälde des Johannes van
Eyck in der Boiſſeréeſchen Sammlung ſind aus dem
Zeitpunkt, in welchem ſeine Kunſt den höchſten
Gipfel erreicht hatte und ſchmückten wohl urſprünglich
den der Mutter Gottes geweihten Altar einer Kirche
oder Kapelle. Sie ſtellen auf einem Mittelbilde
und zwei Flügelbildern drei der freudigen Mo-
mente ihres Lebens dar.
Jn häuslicher ſtiller Beſchränktheit öffnet ſich
uns auf dem erſten Seitenbilde das hochgewölbte
ſchmale Zimmer, in welchem Maria aus der Knospe
der Kindheit zur anmuthigſten reinſten Jungfräu-
lichkeit heranblühte. Sie ſelbſt knieet am Betpult
im Vorgrunde, in einem in breiten Falten weit auf
den Boden hinfließenden dunkelbraunen Gewande,
die Flechten ihres lichthellen Haares wallen aufgelöſt
in kleinen Wellen über die Schultern hin. Lieblicher
und dabei mädchenhafter läßt nichts ſich erdenken als
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Zitationshilfe: | Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1822, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck01_1822/46>, abgerufen am 06.07.2024. |