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Schnitzler, Arthur: Anatol. Berlin, 1893.

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wir sind frei! Wir gehen ruhig aus einander, wenn unsere
Zeit um ist -- nur keinen Betrug -- das verabscheue ich! ...
Max. Na, da wird's ja eigentlich sehr leicht gehen --
heute!
Anatol. Leicht! ... Jetzt, wo ich es sagen soll, trau'
ich mich nicht ... Es wird ihr ja doch weh' thun ...
Ich kann das Weinen nicht vertragen. -- Ich verliebe mich
am Ende von Neuem in sie, wenn sie weint -- und da
betrüg' ich dann wieder die Andere!
Max. Nein, nein, -- nur keinen Betrug -- das ver-
abscheue ich!
Anatol. Wenn Du da bist, wird sich das Alles viel
ungezwungener machen! ... Von Dir geht ein Hauch von
kalter, gesunder Heiterkeit aus, in der die Sentimentalität des
Abschieds erstarren muß! ... Vor Dir weint man nicht! ...
Max. Na, ich bin da für jeden Fall -- das ist aber
Alles, was ich für Dich thun kann ... Ihr zureden? --
nein, nein ... das nicht -- es wäre gegen meine Ueber-
zeugung ... Du bist ein zu lieber Mensch ...
Anatol. Schau', lieber Max -- bis zu einem gewissen
Grade könntest Du das doch vielleicht auch ... Du könntest
ihr sagen, daß sie an mir doch nicht so besonders viel ver-
liert --
Max. Na -- das ginge noch --
Anatol. Daß sie hundert Andere findet -- die schöner
-- reicher --
Max. Klüger --
wir ſind frei! Wir gehen ruhig aus einander, wenn unſere
Zeit um iſt — nur keinen Betrug — das verabſcheue ich! …
Max. Na, da wird’s ja eigentlich ſehr leicht gehen —
heute!
Anatol. Leicht! … Jetzt, wo ich es ſagen ſoll, trau’
ich mich nicht … Es wird ihr ja doch weh’ thun …
Ich kann das Weinen nicht vertragen. — Ich verliebe mich
am Ende von Neuem in ſie, wenn ſie weint — und da
betrüg’ ich dann wieder die Andere!
Max. Nein, nein, — nur keinen Betrug — das ver-
abſcheue ich!
Anatol. Wenn Du da biſt, wird ſich das Alles viel
ungezwungener machen! … Von Dir geht ein Hauch von
kalter, geſunder Heiterkeit aus, in der die Sentimentalität des
Abſchieds erſtarren muß! … Vor Dir weint man nicht! …
Max. Na, ich bin da für jeden Fall — das iſt aber
Alles, was ich für Dich thun kann … Ihr zureden? —
nein, nein … das nicht — es wäre gegen meine Ueber-
zeugung … Du biſt ein zu lieber Menſch …
Anatol. Schau’, lieber Max — bis zu einem gewiſſen
Grade könnteſt Du das doch vielleicht auch … Du könnteſt
ihr ſagen, daß ſie an mir doch nicht ſo beſonders viel ver-
liert —
Max. Na — das ginge noch —
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— reicher —
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[82/0092] wir ſind frei! Wir gehen ruhig aus einander, wenn unſere Zeit um iſt — nur keinen Betrug — das verabſcheue ich! … Max. Na, da wird’s ja eigentlich ſehr leicht gehen — heute! Anatol. Leicht! … Jetzt, wo ich es ſagen ſoll, trau’ ich mich nicht … Es wird ihr ja doch weh’ thun … Ich kann das Weinen nicht vertragen. — Ich verliebe mich am Ende von Neuem in ſie, wenn ſie weint — und da betrüg’ ich dann wieder die Andere! Max. Nein, nein, — nur keinen Betrug — das ver- abſcheue ich! Anatol. Wenn Du da biſt, wird ſich das Alles viel ungezwungener machen! … Von Dir geht ein Hauch von kalter, geſunder Heiterkeit aus, in der die Sentimentalität des Abſchieds erſtarren muß! … Vor Dir weint man nicht! … Max. Na, ich bin da für jeden Fall — das iſt aber Alles, was ich für Dich thun kann … Ihr zureden? — nein, nein … das nicht — es wäre gegen meine Ueber- zeugung … Du biſt ein zu lieber Menſch … Anatol. Schau’, lieber Max — bis zu einem gewiſſen Grade könnteſt Du das doch vielleicht auch … Du könnteſt ihr ſagen, daß ſie an mir doch nicht ſo beſonders viel ver- liert — Max. Na — das ginge noch — Anatol. Daß ſie hundert Andere findet — die ſchöner — reicher — Max. Klüger —

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Zitationshilfe: Schnitzler, Arthur: Anatol. Berlin, 1893, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnitzler_anatol_1893/92>, abgerufen am 02.05.2024.