Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite

ihr Schnupff-Tuch heraus, breitete dasselbe über
einen frisch aufgeworffenen Maulwurffs-Hauffen,
und sagte dabey: dieses soll mein Platz seyn, wor-
auf ich sitzen will. Die Fürstin fieng hierüber
gantz hertzlich zu lachen an, und sagte: "Liebe
&q;Fräulein! auf ihrem Platze möchte ich wohl
&q;nicht sitzen, denn ich traue den Maulwürffen
&q;nicht gar allzu viel zu." Hierauf gab das Fräu-
lein zur Antwort: "Wenn Maulwürffe drinnen
&q;sind, und etwas mit mir zu thun haben wollen,
&q;so mögen sie heraus kommen, und sich zeigen."
Nach diesen ausgesprochenen Worten schlich sich
die Fürstin auf wenige Minuten bey Seite, und
da ich ihr nachfolgte, bemerckte ich, daß sie sich ein
etwa Fingers-langes Pflöckgen von einem grünen
Busche abschnitt, und eben dieses Pflöckgen pra-
cticir
te sie, (die Fürstin,) mit guter Art und in mög-
lichster Geschwindigkeit in den unter der Fräulein
Schnupff-Tuche bedeckten Maulwurffs-Hauffen,
da denn, ehe 3. Minuten vergiengen, immer ein
Maulwurff nach dem andern unter dem Schnupff-
Tuche hervor gekrochen kam, und der Fräulein
unter den Kleidungen hinauf lauffen wolte, wor-
über denn das gute Fräulein hefftig zu schreyen und
zu krieschen anfieng. Es wurden aber endlich
der Maulwürffe so viel, die in dem Creyse, den wir
geschlossen hatten, herum lieffen, daß man sie fast
nicht mehr zehlen konte, darbey war lustig anzuse-
hen, daß, wenn mit einer Spitz-Ruthe oder Sta-
be nach ihnen geschlagen wurde, sich diese Art von
Maulwürffen augenblicklich in die Lufft erhoben,
und wie die Fleder-Mäuse davon flogen. Es

war
(e e) 2

ihr Schnupff-Tuch heraus, breitete daſſelbe uͤber
einen friſch aufgeworffenen Maulwurffs-Hauffen,
und ſagte dabey: dieſes ſoll mein Platz ſeyn, wor-
auf ich ſitzen will. Die Fuͤrſtin fieng hieruͤber
gantz hertzlich zu lachen an, und ſagte: „Liebe
&q;Fraͤulein! auf ihrem Platze moͤchte ich wohl
&q;nicht ſitzen, denn ich traue den Maulwuͤrffen
&q;nicht gar allzu viel zu.‟ Hierauf gab das Fraͤu-
lein zur Antwort: „Wenn Maulwuͤrffe drinnen
&q;ſind, und etwas mit mir zu thun haben wollen,
&q;ſo moͤgen ſie heraus kommen, und ſich zeigen.‟
Nach dieſen ausgeſprochenen Worten ſchlich ſich
die Fuͤrſtin auf wenige Minuten bey Seite, und
da ich ihr nachfolgte, bemerckte ich, daß ſie ſich ein
etwa Fingers-langes Pfloͤckgen von einem gruͤnen
Buſche abſchnitt, und eben dieſes Pfloͤckgen pra-
cticir
te ſie, (die Fuͤrſtin,) mit guter Art und in moͤg-
lichſter Geſchwindigkeit in den unter der Fraͤulein
Schnupff-Tuche bedeckten Maulwurffs-Hauffen,
da denn, ehe 3. Minuten vergiengen, immer ein
Maulwurff nach dem andern unter dem Schnupff-
Tuche hervor gekrochen kam, und der Fraͤulein
unter den Kleidungen hinauf lauffen wolte, wor-
uͤber denn das gute Fraͤulein hefftig zu ſchreyen und
zu krieſchen anfieng. Es wurden aber endlich
der Maulwuͤrffe ſo viel, die in dem Creyſe, den wir
geſchloſſen hatten, herum lieffen, daß man ſie faſt
nicht mehr zehlen konte, darbey war luſtig anzuſe-
hen, daß, wenn mit einer Spitz-Ruthe oder Sta-
be nach ihnen geſchlagen wurde, ſich dieſe Art von
Maulwuͤrffen augenblicklich in die Lufft erhoben,
und wie die Fleder-Maͤuſe davon flogen. Es

war
(e e) 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <floatingText>
          <body>
            <div>
              <p><pb facs="#f0445" n="435"/>
ihr Schnupff-Tuch heraus, breitete da&#x017F;&#x017F;elbe u&#x0364;ber<lb/>
einen fri&#x017F;ch aufgeworffenen Maulwurffs-Hauffen,<lb/>
und &#x017F;agte dabey: die&#x017F;es &#x017F;oll mein Platz &#x017F;eyn, wor-<lb/>
auf ich &#x017F;itzen will. Die Fu&#x0364;r&#x017F;tin fieng hieru&#x0364;ber<lb/>
gantz hertzlich zu lachen an, und &#x017F;agte: &#x201E;Liebe<lb/>
&amp;q;Fra&#x0364;ulein! auf ihrem Platze mo&#x0364;chte ich wohl<lb/>
&amp;q;nicht &#x017F;itzen, denn ich traue den Maulwu&#x0364;rffen<lb/>
&amp;q;nicht gar allzu viel zu.&#x201F; Hierauf gab das Fra&#x0364;u-<lb/>
lein zur Antwort: &#x201E;Wenn Maulwu&#x0364;rffe drinnen<lb/>
&amp;q;&#x017F;ind, und etwas mit mir zu thun haben wollen,<lb/>
&amp;q;&#x017F;o mo&#x0364;gen &#x017F;ie heraus kommen, und &#x017F;ich zeigen.&#x201F;<lb/>
Nach die&#x017F;en ausge&#x017F;prochenen Worten &#x017F;chlich &#x017F;ich<lb/>
die Fu&#x0364;r&#x017F;tin auf wenige Minuten bey Seite, und<lb/>
da ich ihr nachfolgte, bemerckte ich, daß &#x017F;ie &#x017F;ich ein<lb/>
etwa Fingers-langes Pflo&#x0364;ckgen von einem gru&#x0364;nen<lb/>
Bu&#x017F;che ab&#x017F;chnitt, und eben die&#x017F;es Pflo&#x0364;ckgen <hi rendition="#aq">pra-<lb/>
cticir</hi>te &#x017F;ie, (die Fu&#x0364;r&#x017F;tin,) mit guter Art und in mo&#x0364;g-<lb/>
lich&#x017F;ter Ge&#x017F;chwindigkeit in den unter der Fra&#x0364;ulein<lb/>
Schnupff-Tuche bedeckten Maulwurffs-Hauffen,<lb/>
da denn, ehe 3. Minuten vergiengen, immer ein<lb/>
Maulwurff nach dem andern unter dem Schnupff-<lb/>
Tuche hervor gekrochen kam, und der Fra&#x0364;ulein<lb/>
unter den Kleidungen hinauf lauffen wolte, wor-<lb/>
u&#x0364;ber denn das gute Fra&#x0364;ulein hefftig zu &#x017F;chreyen und<lb/>
zu krie&#x017F;chen anfieng. Es wurden aber endlich<lb/>
der Maulwu&#x0364;rffe &#x017F;o viel, die in dem Crey&#x017F;e, den wir<lb/>
ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en hatten, herum lieffen, daß man &#x017F;ie fa&#x017F;t<lb/>
nicht mehr zehlen konte, darbey war lu&#x017F;tig anzu&#x017F;e-<lb/>
hen, daß, wenn mit einer Spitz-Ruthe oder Sta-<lb/>
be nach ihnen ge&#x017F;chlagen wurde, &#x017F;ich die&#x017F;e Art von<lb/>
Maulwu&#x0364;rffen augenblicklich in die Lufft erhoben,<lb/>
und wie die Fleder-Ma&#x0364;u&#x017F;e davon flogen. Es<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">(e e) 2</fw><fw place="bottom" type="catch">war</fw><lb/></p>
            </div>
          </body>
        </floatingText>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[435/0445] ihr Schnupff-Tuch heraus, breitete daſſelbe uͤber einen friſch aufgeworffenen Maulwurffs-Hauffen, und ſagte dabey: dieſes ſoll mein Platz ſeyn, wor- auf ich ſitzen will. Die Fuͤrſtin fieng hieruͤber gantz hertzlich zu lachen an, und ſagte: „Liebe &q;Fraͤulein! auf ihrem Platze moͤchte ich wohl &q;nicht ſitzen, denn ich traue den Maulwuͤrffen &q;nicht gar allzu viel zu.‟ Hierauf gab das Fraͤu- lein zur Antwort: „Wenn Maulwuͤrffe drinnen &q;ſind, und etwas mit mir zu thun haben wollen, &q;ſo moͤgen ſie heraus kommen, und ſich zeigen.‟ Nach dieſen ausgeſprochenen Worten ſchlich ſich die Fuͤrſtin auf wenige Minuten bey Seite, und da ich ihr nachfolgte, bemerckte ich, daß ſie ſich ein etwa Fingers-langes Pfloͤckgen von einem gruͤnen Buſche abſchnitt, und eben dieſes Pfloͤckgen pra- cticirte ſie, (die Fuͤrſtin,) mit guter Art und in moͤg- lichſter Geſchwindigkeit in den unter der Fraͤulein Schnupff-Tuche bedeckten Maulwurffs-Hauffen, da denn, ehe 3. Minuten vergiengen, immer ein Maulwurff nach dem andern unter dem Schnupff- Tuche hervor gekrochen kam, und der Fraͤulein unter den Kleidungen hinauf lauffen wolte, wor- uͤber denn das gute Fraͤulein hefftig zu ſchreyen und zu krieſchen anfieng. Es wurden aber endlich der Maulwuͤrffe ſo viel, die in dem Creyſe, den wir geſchloſſen hatten, herum lieffen, daß man ſie faſt nicht mehr zehlen konte, darbey war luſtig anzuſe- hen, daß, wenn mit einer Spitz-Ruthe oder Sta- be nach ihnen geſchlagen wurde, ſich dieſe Art von Maulwuͤrffen augenblicklich in die Lufft erhoben, und wie die Fleder-Maͤuſe davon flogen. Es war (e e) 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/445
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 435. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/445>, abgerufen am 25.11.2024.