Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite

gantz besonders viel hielte, zu sich auf den offenen
Wagen, weßwegen die Fürstin, vielleicht aus Ei-
fersucht, sprach: "Fahret nur hin, aber nicht gar
&q;zu weit, denn ich will euch bald dergestalt baden,
&q;daß ihr bald zurück kommen, und euch trocknen
&q;sollet."

Der Fürst war also kaum eine halbe Stunde
lang Weges fortgefahren, als die Fürstin allen ih-
ren Bedienten, so viel deren nur zugegen waren,
befahl, daß ein jedes ein mit Wasser angefülletes
Geschirr herbey bringen solte, und zwar je grösser,
je besser. Wir gehorsameten demnach alle ihrem
Befehle, und brachten eine gewaltige Anzahl gros-
ser und kleiner mit Wasser angefülleter Geschirre,
setzten dieselben auf den Platz, so wie sie nach ein-
ander folgten, hin, da denn die Fürstin sprach:
"wir solten es alle so machen, so wie sie es machte."
Hierauf trat sie vor das allergröste Wasser-Faß,
sprengete mit beyden Händen das Wasser her-
aus, und gen Himmel zu; Wir thaten alle der-
gleichen, und nachdem die Gefässe 3. mahl wieder
voll gefüllet worden, und alles Wasser heraus ge-
sprenget war, sagte sie: "Nun höret auf, meine
&q;Kinder! denn sonsten möchten wir die beyden
&q;Verliebten wohl gar ersäuffen, ein jeder gehe nun
&q;nur hin, und thue sich in Küche und Keller nach sei-
&q;nem Appetite etwas zu gute, denn auf Heute ist
&q;euch von mir alles vergönnet und erlaubt."

Es befand sich keiner unter allen Hof-Bedien-
ten, so wohl männlichen als weiblichen Geschlechts,
der sich diesen letztern Befehl der Fürstin deutli-
cher erklären zu lassen gesonnen gewesen, sondern es

gieng

gantz beſonders viel hielte, zu ſich auf den offenen
Wagen, weßwegen die Fuͤrſtin, vielleicht aus Ei-
ferſucht, ſprach: „Fahret nur hin, aber nicht gar
&q;zu weit, denn ich will euch bald dergeſtalt baden,
&q;daß ihr bald zuruͤck kommen, und euch trocknen
&q;ſollet.‟

Der Fuͤrſt war alſo kaum eine halbe Stunde
lang Weges fortgefahren, als die Fuͤrſtin allen ih-
ren Bedienten, ſo viel deren nur zugegen waren,
befahl, daß ein jedes ein mit Waſſer angefuͤlletes
Geſchirr herbey bringen ſolte, und zwar je groͤſſer,
je beſſer. Wir gehorſameten demnach alle ihrem
Befehle, und brachten eine gewaltige Anzahl groſ-
ſer und kleiner mit Waſſer angefuͤlleter Geſchirre,
ſetzten dieſelben auf den Platz, ſo wie ſie nach ein-
ander folgten, hin, da denn die Fuͤrſtin ſprach:
„wir ſolten es alle ſo machen, ſo wie ſie es machte.‟
Hierauf trat ſie vor das allergroͤſte Waſſer-Faß,
ſprengete mit beyden Haͤnden das Waſſer her-
aus, und gen Himmel zu; Wir thaten alle der-
gleichen, und nachdem die Gefaͤſſe 3. mahl wieder
voll gefuͤllet worden, und alles Waſſer heraus ge-
ſprenget war, ſagte ſie: „Nun hoͤret auf, meine
&q;Kinder! denn ſonſten moͤchten wir die beyden
&q;Verliebten wohl gar erſaͤuffen, ein jeder gehe nun
&q;nur hin, und thue ſich in Kuͤche und Keller nach ſei-
&q;nem Appetite etwas zu gute, denn auf Heute iſt
&q;euch von mir alles vergoͤnnet und erlaubt.‟

Es befand ſich keiner unter allen Hof-Bedien-
ten, ſo wohl maͤnnlichen als weiblichen Geſchlechts,
der ſich dieſen letztern Befehl der Fuͤrſtin deutli-
cher erklaͤren zu laſſen geſonnen geweſen, ſondern es

gieng
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <floatingText>
          <body>
            <div>
              <p><pb facs="#f0440" n="430"/>
gantz be&#x017F;onders viel hielte, zu &#x017F;ich auf den offenen<lb/>
Wagen, weßwegen die Fu&#x0364;r&#x017F;tin, vielleicht aus Ei-<lb/>
fer&#x017F;ucht, &#x017F;prach: &#x201E;Fahret nur hin, aber nicht gar<lb/>
&amp;q;zu weit, denn ich will euch bald derge&#x017F;talt baden,<lb/>
&amp;q;daß ihr bald zuru&#x0364;ck kommen, und euch trocknen<lb/>
&amp;q;&#x017F;ollet.&#x201F;</p><lb/>
              <p>Der Fu&#x0364;r&#x017F;t war al&#x017F;o kaum eine halbe Stunde<lb/>
lang Weges fortgefahren, als die Fu&#x0364;r&#x017F;tin allen ih-<lb/>
ren Bedienten, &#x017F;o viel deren nur zugegen waren,<lb/>
befahl, daß ein jedes ein mit Wa&#x017F;&#x017F;er angefu&#x0364;lletes<lb/>
Ge&#x017F;chirr herbey bringen &#x017F;olte, und zwar je gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er,<lb/>
je be&#x017F;&#x017F;er. Wir gehor&#x017F;ameten demnach alle ihrem<lb/>
Befehle, und brachten eine gewaltige Anzahl gro&#x017F;-<lb/>
&#x017F;er und kleiner mit Wa&#x017F;&#x017F;er angefu&#x0364;lleter Ge&#x017F;chirre,<lb/>
&#x017F;etzten die&#x017F;elben auf den Platz, &#x017F;o wie &#x017F;ie nach ein-<lb/>
ander folgten, hin, da denn die Fu&#x0364;r&#x017F;tin &#x017F;prach:<lb/>
&#x201E;wir &#x017F;olten es alle &#x017F;o machen, &#x017F;o wie &#x017F;ie es machte.&#x201F;<lb/>
Hierauf trat &#x017F;ie vor das allergro&#x0364;&#x017F;te Wa&#x017F;&#x017F;er-Faß,<lb/>
&#x017F;prengete mit beyden Ha&#x0364;nden das Wa&#x017F;&#x017F;er her-<lb/>
aus, und gen Himmel zu; Wir thaten alle der-<lb/>
gleichen, und nachdem die Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;e 3. mahl wieder<lb/>
voll gefu&#x0364;llet worden, und alles Wa&#x017F;&#x017F;er heraus ge-<lb/>
&#x017F;prenget war, &#x017F;agte &#x017F;ie: &#x201E;Nun ho&#x0364;ret auf, meine<lb/>
&amp;q;Kinder! denn &#x017F;on&#x017F;ten mo&#x0364;chten wir die beyden<lb/>
&amp;q;Verliebten wohl gar er&#x017F;a&#x0364;uffen, ein jeder gehe nun<lb/>
&amp;q;nur hin, und thue &#x017F;ich in Ku&#x0364;che und Keller nach &#x017F;ei-<lb/>
&amp;q;nem <hi rendition="#aq">Appetit</hi>e etwas zu gute, denn auf Heute i&#x017F;t<lb/>
&amp;q;euch von mir alles vergo&#x0364;nnet und erlaubt.&#x201F;</p><lb/>
              <p>Es befand &#x017F;ich keiner unter allen Hof-Bedien-<lb/>
ten, &#x017F;o wohl ma&#x0364;nnlichen als weiblichen Ge&#x017F;chlechts,<lb/>
der &#x017F;ich die&#x017F;en letztern Befehl der Fu&#x0364;r&#x017F;tin deutli-<lb/>
cher erkla&#x0364;ren zu la&#x017F;&#x017F;en ge&#x017F;onnen gewe&#x017F;en, &#x017F;ondern es<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">gieng</fw><lb/></p>
            </div>
          </body>
        </floatingText>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[430/0440] gantz beſonders viel hielte, zu ſich auf den offenen Wagen, weßwegen die Fuͤrſtin, vielleicht aus Ei- ferſucht, ſprach: „Fahret nur hin, aber nicht gar &q;zu weit, denn ich will euch bald dergeſtalt baden, &q;daß ihr bald zuruͤck kommen, und euch trocknen &q;ſollet.‟ Der Fuͤrſt war alſo kaum eine halbe Stunde lang Weges fortgefahren, als die Fuͤrſtin allen ih- ren Bedienten, ſo viel deren nur zugegen waren, befahl, daß ein jedes ein mit Waſſer angefuͤlletes Geſchirr herbey bringen ſolte, und zwar je groͤſſer, je beſſer. Wir gehorſameten demnach alle ihrem Befehle, und brachten eine gewaltige Anzahl groſ- ſer und kleiner mit Waſſer angefuͤlleter Geſchirre, ſetzten dieſelben auf den Platz, ſo wie ſie nach ein- ander folgten, hin, da denn die Fuͤrſtin ſprach: „wir ſolten es alle ſo machen, ſo wie ſie es machte.‟ Hierauf trat ſie vor das allergroͤſte Waſſer-Faß, ſprengete mit beyden Haͤnden das Waſſer her- aus, und gen Himmel zu; Wir thaten alle der- gleichen, und nachdem die Gefaͤſſe 3. mahl wieder voll gefuͤllet worden, und alles Waſſer heraus ge- ſprenget war, ſagte ſie: „Nun hoͤret auf, meine &q;Kinder! denn ſonſten moͤchten wir die beyden &q;Verliebten wohl gar erſaͤuffen, ein jeder gehe nun &q;nur hin, und thue ſich in Kuͤche und Keller nach ſei- &q;nem Appetite etwas zu gute, denn auf Heute iſt &q;euch von mir alles vergoͤnnet und erlaubt.‟ Es befand ſich keiner unter allen Hof-Bedien- ten, ſo wohl maͤnnlichen als weiblichen Geſchlechts, der ſich dieſen letztern Befehl der Fuͤrſtin deutli- cher erklaͤren zu laſſen geſonnen geweſen, ſondern es gieng

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/440
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 430. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/440>, abgerufen am 18.05.2024.