se: Vincent, Allah! Dio. Wie nun ich bemerckte, daß Vincentius munter war, so fragte ich ihn, als ich die Stimme zum dritten mahle ruffen, und noch etliche mehrere Worte aussprechen hörete: was dieses zu bedeuten hätte? Hierauf trat er auf, und rief etliche mahl mit lauter Stimme Allah! Allah! Dio. Wendete sich hernach wieder zu mir, und sag- te: Mein Herr! diese Stimme kömmt aus dem Hey- den-Tempel unter dem grossen hohen Berge, wel- chen ihr, wie ich vernommen, schon vor einigiger Zeit zerstöhret habt, allein dieses soll uns nicht irren, Morgen, so GOtt will, gleich mit anbrechendem Tage uns auf die Füsse zu machen, und unsern christlichen Gottesdienst in diesem ehemahligen Heyden-Tempel zu verrichten, wir werden auch, wie ich euch gantz gewiß versichern kan, keine Gespen- ster oder Geister darinnen antreffen, sondern nur drey menschliche lebendige Personen.
Jch meines Orts brachte vor Grillen wegen dieser neuen Begebenheit den wenigen übrigen Theil der Nacht ohne allen Schlaf zu; so bald aber der Himmel zu grauen anfieng, machte ich nicht allein den Vincentium, sondern auch alle meine Freun- de munter, da wir denn nach gesprochenem Morgen- Gebeth uns abermahls auf die Reise nach dem gros- sen Berge O zu begaben. Die meisten unter uns wusten in selbiger Gegend von vorigen Zeiten her noch guten Bescheid, und eben dieserwegen fiel uns der Weg eben so gar sehr verdrießlich nicht. Kurtz: nach dem wir den grossen Wald glücklich passiret, gelangeten wir in den Mittags-Stunden alle ge- sund und frisch am O Berge an, fanden auch bald die Wege, in den so genannten Heyden-Tempel zu
gelan-
ſe: Vincent, Allah! Dio. Wie nun ich bemerckte, daß Vincentius munter war, ſo fragte ich ihn, als ich die Stimme zum dritten mahle ruffen, und noch etliche mehrere Worte ausſprechen hoͤrete: was dieſes zu bedeuten haͤtte? Hierauf trat er auf, und rief etliche mahl mit lauter Stimme Allah! Allah! Dio. Wendete ſich hernach wieder zu mir, und ſag- te: Mein Herr! dieſe Stimme koͤmmt aus dem Hey- den-Tempel unter dem groſſen hohen Berge, wel- chen ihr, wie ich vernommen, ſchon vor einigiger Zeit zerſtoͤhret habt, allein dieſes ſoll uns nicht irren, Morgen, ſo GOtt will, gleich mit anbrechendem Tage uns auf die Fuͤſſe zu machen, und unſern chriſtlichen Gottesdienſt in dieſem ehemahligen Heyden-Tempel zu verrichten, wir werden auch, wie ich euch gantz gewiß verſichern kan, keine Geſpen- ſter oder Geiſter darinnen antreffen, ſondern nur drey menſchliche lebendige Perſonen.
Jch meines Orts brachte vor Grillen wegen dieſer neuen Begebenheit den wenigen uͤbrigen Theil der Nacht ohne allen Schlaf zu; ſo bald aber der Himmel zu grauen anfieng, machte ich nicht allein den Vincentium, ſondern auch alle meine Freun- de munter, da wir denn nach geſprochenem Morgen- Gebeth uns abermahls auf die Reiſe nach dem groſ- ſen Berge O zu begaben. Die meiſten unter uns wuſten in ſelbiger Gegend von vorigen Zeiten her noch guten Beſcheid, und eben dieſerwegen fiel uns der Weg eben ſo gar ſehr verdrießlich nicht. Kurtz: nach dem wir den groſſen Wald gluͤcklich paſſiret, gelangeten wir in den Mittags-Stunden alle ge- ſund und friſch am O Berge an, fanden auch bald die Wege, in den ſo genannten Heyden-Tempel zu
gelan-
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ſe: Vincent, Allah! Dio. Wie nun ich bemerckte,
daß Vincentius munter war, ſo fragte ich ihn, als
ich die Stimme zum dritten mahle ruffen, und noch
etliche mehrere Worte ausſprechen hoͤrete: was
dieſes zu bedeuten haͤtte? Hierauf trat er auf, und
rief etliche mahl mit lauter Stimme Allah! Allah!
Dio. Wendete ſich hernach wieder zu mir, und ſag-
te: Mein Herr! dieſe Stimme koͤmmt aus dem Hey-
den-Tempel unter dem groſſen hohen Berge, wel-
chen ihr, wie ich vernommen, ſchon vor einigiger
Zeit zerſtoͤhret habt, allein dieſes ſoll uns nicht irren,
Morgen, ſo GOtt will, gleich mit anbrechendem
Tage uns auf die Fuͤſſe zu machen, und unſern
chriſtlichen Gottesdienſt in dieſem ehemahligen
Heyden-Tempel zu verrichten, wir werden auch,
wie ich euch gantz gewiß verſichern kan, keine Geſpen-
ſter oder Geiſter darinnen antreffen, ſondern nur
drey menſchliche lebendige Perſonen.
Jch meines Orts brachte vor Grillen wegen
dieſer neuen Begebenheit den wenigen uͤbrigen Theil
der Nacht ohne allen Schlaf zu; ſo bald aber der
Himmel zu grauen anfieng, machte ich nicht allein
den Vincentium, ſondern auch alle meine Freun-
de munter, da wir denn nach geſprochenem Morgen-
Gebeth uns abermahls auf die Reiſe nach dem groſ-
ſen Berge O zu begaben. Die meiſten unter uns
wuſten in ſelbiger Gegend von vorigen Zeiten her
noch guten Beſcheid, und eben dieſerwegen fiel uns
der Weg eben ſo gar ſehr verdrießlich nicht. Kurtz:
nach dem wir den groſſen Wald gluͤcklich paſſiret,
gelangeten wir in den Mittags-Stunden alle ge-
ſund und friſch am O Berge an, fanden auch bald
die Wege, in den ſo genannten Heyden-Tempel zu
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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 383. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/393>, abgerufen am 25.11.2024.
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