Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite

wir wenigstens noch eine halbe Stunde verhar-
ren, und wohl in Obacht nehmen solten, was etwa
weiter vorgehen möchte. Bloß ihm zu Gefallen
blieben wir also noch da, und sahen, daß ein gräß-
liches Monstrum, so, wie mir etwa die allergrösten
Arten von Wallfischen von andern beschrieben
worden, gerades Weges auf unsere Bucht zuge-
schwommen kam; welches aus seinem Rachen
und Nasenlöchern nicht allein die fürchterlichsten
Wasser-Ströme, sondern auch feurige Funcken
und Flammen aussprützte.

Fürchtet euch nicht, meine Freunde! (sprach
hier Vincentius) denn dieses Ungeheuer will
mit mir allein zu thun haben.
Und indem er
diese Worte aussprach, warff er sich, so wie er da
gegangen und gestanden war, mit völliger Klei-
dung in den Fluß, und schwumme dem Meer-
Wunder entgegen.

Mir wurde bey dieser Verwegenheit zwar
angst und bange, jedoch, da ihm niemand weder zu-
noch abgerathen hatte, diese gefährliche Schwim-
merey anzutreten, als überließ ihn seinem Schick-
sale, da wir denn bey der stock finstern Nacht, indem
sich der Mond unter eine schwartze Wolcke ver-
borgen, so viel gewahr wurden, daß unser Vincen-
tius,
nach einem hefftigen Streite mit dem Meer-
Wunder, von demselben unter Donner, Blitz,
Hagel, ja dem grausamsten Sturm-Wetter aufge-
schnappt und verschlungen wurde, mithin den
Sieg über dasselbe nicht erhalten können, sondern
den Kürtzern ziehen müssen.

Jch glaube nicht, daß einer unter uns allen

gewesen,

wir wenigſtens noch eine halbe Stunde verhar-
ren, und wohl in Obacht nehmen ſolten, was etwa
weiter vorgehen moͤchte. Bloß ihm zu Gefallen
blieben wir alſo noch da, und ſahen, daß ein graͤß-
liches Monſtrum, ſo, wie mir etwa die allergroͤſten
Arten von Wallfiſchen von andern beſchrieben
worden, gerades Weges auf unſere Bucht zuge-
ſchwommen kam; welches aus ſeinem Rachen
und Naſenloͤchern nicht allein die fuͤrchterlichſten
Waſſer-Stroͤme, ſondern auch feurige Funcken
und Flammen ausſpruͤtzte.

Fuͤrchtet euch nicht, meine Freunde! (ſprach
hier Vincentius) denn dieſes Ungeheuer will
mit mir allein zu thun haben.
Und indem er
dieſe Worte ausſprach, warff er ſich, ſo wie er da
gegangen und geſtanden war, mit voͤlliger Klei-
dung in den Fluß, und ſchwumme dem Meer-
Wunder entgegen.

Mir wurde bey dieſer Verwegenheit zwar
angſt und bange, jedoch, da ihm niemand weder zu-
noch abgerathen hatte, dieſe gefaͤhrliche Schwim-
merey anzutreten, als uͤberließ ihn ſeinem Schick-
ſale, da wir denn bey der ſtock finſtern Nacht, indem
ſich der Mond unter eine ſchwartze Wolcke ver-
borgen, ſo viel gewahr wurden, daß unſer Vincen-
tius,
nach einem hefftigen Streite mit dem Meer-
Wunder, von demſelben unter Donner, Blitz,
Hagel, ja dem grauſamſten Sturm-Wetter aufge-
ſchnappt und verſchlungen wurde, mithin den
Sieg uͤber daſſelbe nicht erhalten koͤnnen, ſondern
den Kuͤrtzern ziehen muͤſſen.

Jch glaube nicht, daß einer unter uns allen

geweſen,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0374" n="364"/>
wir wenig&#x017F;tens noch eine halbe Stunde verhar-<lb/>
ren, und wohl in Obacht nehmen &#x017F;olten, was etwa<lb/>
weiter vorgehen mo&#x0364;chte. Bloß ihm zu Gefallen<lb/>
blieben wir al&#x017F;o noch da, und &#x017F;ahen, daß ein gra&#x0364;ß-<lb/>
liches <hi rendition="#aq">Mon&#x017F;trum,</hi> &#x017F;o, wie mir etwa die allergro&#x0364;&#x017F;ten<lb/>
Arten von Wallfi&#x017F;chen von andern be&#x017F;chrieben<lb/>
worden, gerades Weges auf un&#x017F;ere Bucht zuge-<lb/>
&#x017F;chwommen kam; welches aus &#x017F;einem Rachen<lb/>
und Na&#x017F;enlo&#x0364;chern nicht allein die fu&#x0364;rchterlich&#x017F;ten<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er-Stro&#x0364;me, &#x017F;ondern auch feurige Funcken<lb/>
und Flammen aus&#x017F;pru&#x0364;tzte.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">Fu&#x0364;rchtet euch nicht, meine Freunde!</hi> (&#x017F;prach<lb/>
hier <hi rendition="#aq">Vincentius</hi>) <hi rendition="#fr">denn die&#x017F;es Ungeheuer will<lb/>
mit mir allein zu thun haben.</hi> Und indem er<lb/>
die&#x017F;e Worte aus&#x017F;prach, warff er &#x017F;ich, &#x017F;o wie er da<lb/>
gegangen und ge&#x017F;tanden war, mit vo&#x0364;lliger Klei-<lb/>
dung in den Fluß, und &#x017F;chwumme dem Meer-<lb/>
Wunder entgegen.</p><lb/>
        <p>Mir wurde bey die&#x017F;er Verwegenheit zwar<lb/>
ang&#x017F;t und bange, jedoch, da ihm niemand weder zu-<lb/>
noch abgerathen hatte, die&#x017F;e gefa&#x0364;hrliche Schwim-<lb/>
merey anzutreten, als u&#x0364;berließ ihn &#x017F;einem Schick-<lb/>
&#x017F;ale, da wir denn bey der &#x017F;tock fin&#x017F;tern Nacht, indem<lb/>
&#x017F;ich der Mond unter eine &#x017F;chwartze Wolcke ver-<lb/>
borgen, &#x017F;o viel gewahr wurden, daß un&#x017F;er <hi rendition="#aq">Vincen-<lb/>
tius,</hi> nach einem hefftigen Streite mit dem Meer-<lb/>
Wunder, von dem&#x017F;elben unter Donner, Blitz,<lb/>
Hagel, ja dem grau&#x017F;am&#x017F;ten Sturm-Wetter aufge-<lb/>
&#x017F;chnappt und ver&#x017F;chlungen wurde, mithin den<lb/>
Sieg u&#x0364;ber da&#x017F;&#x017F;elbe nicht erhalten ko&#x0364;nnen, &#x017F;ondern<lb/>
den Ku&#x0364;rtzern ziehen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
        <p>Jch glaube nicht, daß einer unter uns allen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">gewe&#x017F;en,</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[364/0374] wir wenigſtens noch eine halbe Stunde verhar- ren, und wohl in Obacht nehmen ſolten, was etwa weiter vorgehen moͤchte. Bloß ihm zu Gefallen blieben wir alſo noch da, und ſahen, daß ein graͤß- liches Monſtrum, ſo, wie mir etwa die allergroͤſten Arten von Wallfiſchen von andern beſchrieben worden, gerades Weges auf unſere Bucht zuge- ſchwommen kam; welches aus ſeinem Rachen und Naſenloͤchern nicht allein die fuͤrchterlichſten Waſſer-Stroͤme, ſondern auch feurige Funcken und Flammen ausſpruͤtzte. Fuͤrchtet euch nicht, meine Freunde! (ſprach hier Vincentius) denn dieſes Ungeheuer will mit mir allein zu thun haben. Und indem er dieſe Worte ausſprach, warff er ſich, ſo wie er da gegangen und geſtanden war, mit voͤlliger Klei- dung in den Fluß, und ſchwumme dem Meer- Wunder entgegen. Mir wurde bey dieſer Verwegenheit zwar angſt und bange, jedoch, da ihm niemand weder zu- noch abgerathen hatte, dieſe gefaͤhrliche Schwim- merey anzutreten, als uͤberließ ihn ſeinem Schick- ſale, da wir denn bey der ſtock finſtern Nacht, indem ſich der Mond unter eine ſchwartze Wolcke ver- borgen, ſo viel gewahr wurden, daß unſer Vincen- tius, nach einem hefftigen Streite mit dem Meer- Wunder, von demſelben unter Donner, Blitz, Hagel, ja dem grauſamſten Sturm-Wetter aufge- ſchnappt und verſchlungen wurde, mithin den Sieg uͤber daſſelbe nicht erhalten koͤnnen, ſondern den Kuͤrtzern ziehen muͤſſen. Jch glaube nicht, daß einer unter uns allen geweſen,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/374
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 364. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/374>, abgerufen am 19.05.2024.