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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743.

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spannen, nochmahls 50. Canonen abfeuren, und
fuhren in GOttes Nahmen von dannen.

Wir bemerckten durch Fern-Gläser, daß
der Gouverneur benebst den Seinigen wieder aus
den Wagens heraus gestiegen waren, und sich an
das Ufer gestellet hatten, allwo alle insgesammt,
so wohl männlichen als weiblichen Geschlechts, noch
allerley freundliche Complimenten machten, da
aber der Wind scharff in unsere Seegel bließ, nah-
men wir durch Sprach-Röhre nochmahls mündli-
chen Abschied von ihnen, und verschwanden hier-
auf in gröster Geschwindigkeit, unter beständigen
Canoniren, (denn der Gouverneur hatte uns
reichlich mit Schieß-Pulver versorgt) aus ihren
Augen, weilen aber der Wind hinter uns hergieng,
so höreten wir das Canoniren von der Citadelle biß
in die späte Nacht.

Mein Bruder hielt sich in seinem Schiffe gantz
stille, und gab vor, daß ihm die letztere kleine Debau-
chen
mehr Unfug, ja fast eine würckliche Unpäß-
lichkeit zugezogen, allein ich konte bald mercken, daß
er am Liebes-Fieber kranck läge, indem ihm die Ab-
schieds-Gedancken vielleicht nicht aus dem Kopffe
heraus wolten; ob ich ihn nun schon zum öfftern be-
suchte, so wolte ihn doch keinesweges kräncken, son-
dern nahm mich unserer Sachen um so viel desto
mehr, und als möglich war, gantz alleine an. Je-
doch nach Verlauf weniger Tage hatten wir eben
nicht Ursach an die Liebe, sondern vielmehr an das Le-
ben zu gedencken, weilen ein hefftiger Sturm über uns
kam, der jedoch nicht länger, als 3. Tage u. 2. Nächte
währete. Jch kan nicht anders sagen, als daß sich un-

sere

ſpannen, nochmahls 50. Canonen abfeuren, und
fuhren in GOttes Nahmen von dannen.

Wir bemerckten durch Fern-Glaͤſer, daß
der Gouverneur benebſt den Seinigen wieder aus
den Wagens heraus geſtiegen waren, und ſich an
das Ufer geſtellet hatten, allwo alle insgeſammt,
ſo wohl maͤnnlichen als weiblichen Geſchlechts, noch
allerley freundliche Complimenten machten, da
aber der Wind ſcharff in unſere Seegel bließ, nah-
men wir durch Sprach-Roͤhre nochmahls muͤndli-
chen Abſchied von ihnen, und verſchwanden hier-
auf in groͤſter Geſchwindigkeit, unter beſtaͤndigen
Canoniren, (denn der Gouverneur hatte uns
reichlich mit Schieß-Pulver verſorgt) aus ihren
Augen, weilen aber der Wind hinter uns hergieng,
ſo hoͤreten wir das Canoniren von der Citadelle biß
in die ſpaͤte Nacht.

Mein Bruder hielt ſich in ſeinem Schiffe gantz
ſtille, und gab vor, daß ihm die letztere kleine Debau-
chen
mehr Unfug, ja faſt eine wuͤrckliche Unpaͤß-
lichkeit zugezogen, allein ich konte bald mercken, daß
er am Liebes-Fieber kranck laͤge, indem ihm die Ab-
ſchieds-Gedancken vielleicht nicht aus dem Kopffe
heraus wolten; ob ich ihn nun ſchon zum oͤfftern be-
ſuchte, ſo wolte ihn doch keinesweges kraͤncken, ſon-
dern nahm mich unſerer Sachen um ſo viel deſto
mehr, und als moͤglich war, gantz alleine an. Je-
doch nach Verlauf weniger Tage hatten wir eben
nicht Urſach an die Liebe, ſondern vielmehr an das Le-
ben zu gedencken, weilen ein hefftigeꝛ Sturm uͤber uns
kam, der jedoch nicht laͤnger, als 3. Tage u. 2. Naͤchte
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[186/0196] ſpannen, nochmahls 50. Canonen abfeuren, und fuhren in GOttes Nahmen von dannen. Wir bemerckten durch Fern-Glaͤſer, daß der Gouverneur benebſt den Seinigen wieder aus den Wagens heraus geſtiegen waren, und ſich an das Ufer geſtellet hatten, allwo alle insgeſammt, ſo wohl maͤnnlichen als weiblichen Geſchlechts, noch allerley freundliche Complimenten machten, da aber der Wind ſcharff in unſere Seegel bließ, nah- men wir durch Sprach-Roͤhre nochmahls muͤndli- chen Abſchied von ihnen, und verſchwanden hier- auf in groͤſter Geſchwindigkeit, unter beſtaͤndigen Canoniren, (denn der Gouverneur hatte uns reichlich mit Schieß-Pulver verſorgt) aus ihren Augen, weilen aber der Wind hinter uns hergieng, ſo hoͤreten wir das Canoniren von der Citadelle biß in die ſpaͤte Nacht. Mein Bruder hielt ſich in ſeinem Schiffe gantz ſtille, und gab vor, daß ihm die letztere kleine Debau- chen mehr Unfug, ja faſt eine wuͤrckliche Unpaͤß- lichkeit zugezogen, allein ich konte bald mercken, daß er am Liebes-Fieber kranck laͤge, indem ihm die Ab- ſchieds-Gedancken vielleicht nicht aus dem Kopffe heraus wolten; ob ich ihn nun ſchon zum oͤfftern be- ſuchte, ſo wolte ihn doch keinesweges kraͤncken, ſon- dern nahm mich unſerer Sachen um ſo viel deſto mehr, und als moͤglich war, gantz alleine an. Je- doch nach Verlauf weniger Tage hatten wir eben nicht Urſach an die Liebe, ſondern vielmehr an das Le- ben zu gedencken, weilen ein hefftigeꝛ Sturm uͤber uns kam, der jedoch nicht laͤnger, als 3. Tage u. 2. Naͤchte waͤhrete. Jch kan nicht anders ſagen, als daß ſich un- ſere

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/196>, abgerufen am 24.11.2024.