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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743.

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de in Körnern, ohne einer entsetzlichen Menge Zwie-
back, ausgenommen der vielen Wein-Fässer, die
wir uns fast nicht einmahl alle mit fort zu bringen ge-
traueten, da wir ohnedem selbst noch eine grosse
Menge von allerhand Weinen, Brandtewein
und andern starcken Geträncken vorräthig hatten.
Jch ließ alle diese Sachen durch unsere Schiffs-
Schreiber aufschreiben, und vor erst nur oben hin
durch die Banck taxiren, da denn eine ziemliche
Summa von etlichen 1000. Thalern heraus kam,
welche ich heraus zu geben mit Freuden schlüßig
wurde; Allein, da der Gouverneur vernahm,
daß wir zwar den Proviant vor baare Bezahlung,
keines weges aber als eine Reuter-Zehrung mitzu-
nehmen gesonnen, als schien er im rechten Ernste
böse zu werden, daß wir seine Willfährigkeit, die
ihm doch keinen Schaden brächte, verschmähen
wolten, und sagte gantz verdrüßlich, wie er alles
auf der Welt von guten Freunden vertragen könte,
ausgenommen den Hochmuth. Derowegen musten
wir uns fast gezwungner Weise gefallen lassen, allen
diesen grossen Vorrath durch seine Leute in unsere
Schiffe zu bringen. Des folgenden Tages kam die
Gouvernantin mit ihren Töchtern und Söhnen,
uns zu guter Letzt nochmahls zu besuchen, weil sie
vorgab, sie könne sonsten ohnmöglich meinen eigen-
sinnigen Kopff mit gelassenem Gemüthe von sich fah-
ren sehen. Nachdem wir aber die Mittags-Mahl-
zeit eingenommen, und in unsern Cajüten ein und an-
deres suchen wolten, wurden wir gewahr, daß die
Gouvernantin binnen der Zeit, da wir bey Tische
gesessen, den Heiligen Christ agiret, und einem je-

den

de in Koͤrnern, ohne einer entſetzlichen Menge Zwie-
back, ausgenommen der vielen Wein-Faͤſſer, die
wir uns faſt nicht einmahl alle mit fort zu bringen ge-
traueten, da wir ohnedem ſelbſt noch eine groſſe
Menge von allerhand Weinen, Brandtewein
und andern ſtarcken Getraͤncken vorraͤthig hatten.
Jch ließ alle dieſe Sachen durch unſere Schiffs-
Schreiber aufſchreiben, und vor erſt nur oben hin
durch die Banck taxiren, da denn eine ziemliche
Summa von etlichen 1000. Thalern heraus kam,
welche ich heraus zu geben mit Freuden ſchluͤßig
wurde; Allein, da der Gouverneur vernahm,
daß wir zwar den Proviant vor baare Bezahlung,
keines weges aber als eine Reuter-Zehrung mitzu-
nehmen geſonnen, als ſchien er im rechten Ernſte
boͤſe zu werden, daß wir ſeine Willfaͤhrigkeit, die
ihm doch keinen Schaden braͤchte, verſchmaͤhen
wolten, und ſagte gantz verdruͤßlich, wie er alles
auf der Welt von guten Freunden vertragen koͤnte,
ausgenommen den Hochmuth. Derowegen muſten
wir uns faſt gezwungner Weiſe gefallen laſſen, allen
dieſen groſſen Vorrath durch ſeine Leute in unſere
Schiffe zu bringen. Des folgenden Tages kam die
Gouvernantin mit ihren Toͤchtern und Soͤhnen,
uns zu guter Letzt nochmahls zu beſuchen, weil ſie
vorgab, ſie koͤnne ſonſten ohnmoͤglich meinen eigen-
ſinnigen Kopff mit gelaſſenem Gemuͤthe von ſich fah-
ren ſehen. Nachdem wir aber die Mittags-Mahl-
zeit eingenommen, und in unſern Cajüten ein und an-
deres ſuchen wolten, wurden wir gewahr, daß die
Gouvernantin binnen der Zeit, da wir bey Tiſche
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den
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[182/0192] de in Koͤrnern, ohne einer entſetzlichen Menge Zwie- back, ausgenommen der vielen Wein-Faͤſſer, die wir uns faſt nicht einmahl alle mit fort zu bringen ge- traueten, da wir ohnedem ſelbſt noch eine groſſe Menge von allerhand Weinen, Brandtewein und andern ſtarcken Getraͤncken vorraͤthig hatten. Jch ließ alle dieſe Sachen durch unſere Schiffs- Schreiber aufſchreiben, und vor erſt nur oben hin durch die Banck taxiren, da denn eine ziemliche Summa von etlichen 1000. Thalern heraus kam, welche ich heraus zu geben mit Freuden ſchluͤßig wurde; Allein, da der Gouverneur vernahm, daß wir zwar den Proviant vor baare Bezahlung, keines weges aber als eine Reuter-Zehrung mitzu- nehmen geſonnen, als ſchien er im rechten Ernſte boͤſe zu werden, daß wir ſeine Willfaͤhrigkeit, die ihm doch keinen Schaden braͤchte, verſchmaͤhen wolten, und ſagte gantz verdruͤßlich, wie er alles auf der Welt von guten Freunden vertragen koͤnte, ausgenommen den Hochmuth. Derowegen muſten wir uns faſt gezwungner Weiſe gefallen laſſen, allen dieſen groſſen Vorrath durch ſeine Leute in unſere Schiffe zu bringen. Des folgenden Tages kam die Gouvernantin mit ihren Toͤchtern und Soͤhnen, uns zu guter Letzt nochmahls zu beſuchen, weil ſie vorgab, ſie koͤnne ſonſten ohnmoͤglich meinen eigen- ſinnigen Kopff mit gelaſſenem Gemuͤthe von ſich fah- ren ſehen. Nachdem wir aber die Mittags-Mahl- zeit eingenommen, und in unſern Cajüten ein und an- deres ſuchen wolten, wurden wir gewahr, daß die Gouvernantin binnen der Zeit, da wir bey Tiſche geſeſſen, den Heiligen Chriſt agiret, und einem je- den

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/192>, abgerufen am 05.05.2024.